Katholische Hybris
Als monokratisches System tut sich die katholische Kirche mit der Krankheit eines Papstes ebenso schwer wie mit der gebotenen Transparenz in lokalen Kirchenkonflikten.
Als monokratisches System tut sich die katholische Kirche mit der Krankheit eines Papstes ebenso schwer wie mit der gebotenen Transparenz in lokalen Kirchenkonflikten.
Papst Franziskus befindet sich nach einem operativen Eingriff im Spital, die ärztlichen Bulletins lassen auf seine baldige Genesung hoffen. Dass ein Mann in hohem Alter immer öfter medizinische Hilfe benötigt, gehört zum menschlichen Lebenslauf. Das Kranksein eines Papstes ist in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts dennoch eine öffentliche Sache.
Natürlich hat auch ein Papst das Recht auf Würde seiner Person. Und wer krank ist, bedarf des geschützten Raums zur Genesung. Das gilt für den römischen Pontifex nicht minder wie für jeden Menschen.
Eine monokratische Institution wie die katholische Kirche steht aber vor dem Problem, dass dem Mann an der Spitze dieser Raum eigentlich nicht zugestanden wird. Man konnte das dieser Tage etwa daran sehen, dass die Organisatoren des Weltjugendtages, zu dem Anfang August Millionen junger Menschen in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon erwartet werden, erklärten, sie würden den Mega-Event absagen, wenn Papst Franziskus nicht – wie geplant – daran teilnehmen könne.
Unsereiner glaubte ja, auch auf einem Weltjugendtag ginge es um Gott und das gemeinschaftliche Beten, Loben und Preisen. Dass dies aber, folgt man der Argumentation der Veranstalter, nur in Anwesenheit des alten Pontifex möglich sein soll, weist in Richtung einer katholischen Hybris, die das Papstamt – so wichtig es als Symbol der Einheit der katholischen Christenheit sein mag – einmal mehr überhöht.
Papst Franziskus hat in seinem Pontifikat bislang versucht, das Monokratische in der katholischen Kirche zumindest etwas aufzubrechen und zu „entklerikalisieren“ – ein Unterfangen, das mit großen systemischen Schwierigkeiten und dem eisernen Widerstand der Beharrenden verbunden ist.
Das bisherige System schlägt zurück
Zuletzt war es das Ansinnen, der Kirche mehr „Synodalität“ zu verordnen, das in diese Richtung weist und nicht zuletzt den Frauen oder den Laien mehr Mitsprachemöglichkeiten in der Kirche eröffnen soll. Allerdings sieht man, dass dort, wo das strukturiert angegangen wurde wie in Deutschland, das bisherige System gleich wieder zurückschlägt und mit „geistlichen“ Argumenten ganz weltliche Interessen befördert. Es geht da – trotz aller Verbrämung – auch um Macht und mitnichten um eine „heilige Herrschaft“ (wie das Wort „Hierarchie“ wörtlich zu übersetzen ist).
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