Einer wie Franziskus

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Enzyklika "Fratelli tutti": In der polarisierten, von nationalen Egoismen und Populismen geprägten großen und kleinen Welt träumt der Papst von der einen Menschheit.

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Enzyklika "Fratelli tutti": In der polarisierten, von nationalen Egoismen und Populismen geprägten großen und kleinen Welt träumt der Papst von der einen Menschheit.

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Zumindest organisationstechnisch und -ethisch läuft es zurzeit im Vatikan alles andere als rund: Dass der Papst erst kürzlich einen einflussreichen Kurienkardinal aufgrund vorgeworfener Verwicklung in Finanzskandale hinauswarf, zeigt, dass der kleine Kirchenstaat nach wie vor ein großer Hort von Unregelmäßigkeiten ist, ein in weiten Teilen vormodernes System, das transparente Strukturen und Entscheidungsfindungsmodelle vermissen lässt. Irgendwie wird das letztlich immer mit dem lieben Gott gerechtfertigt, statt dass seine weltlichen Vertreter bei ihren allzu menschlichen Tagesgeschäften diesen außen vor lassen: Die säkularen Staaten und Rechtssysteme würden, bei der Gewaltenteilung angefangen, genügend Repertoire bereithalten, um auch eine heilige Herrschaft („Hierarchie“), als die sich die katholische Kirche letztlich gerne versteht, effizient, transparent und dadurch auch menschengerecht aufzustellen.

Es ist offensichtlich, dass ein einzelner Mann wie Papst Franziskus das verkrustete System nicht aufbrechen kann. Seine von ihm angekündigte Kurienreform geht nun ins achte Jahr, ohne dass Ergebnisse da sind. Und wenn so etwas wie der Fall des Kardinals Giovanni Angelo Becciu aufplatzt, so darf man gewahr sein, dass noch andere Eiterbeulen da sind. Die Heilung solcher Krankheiten an der Kurie – Papst Franziskus hat derartige ja bereits wiederholt explizit angesprochen – ist nötig und wird chirurgischer Einschnitte bedürfen. Strukturreformen sind hier auch Glaubensfragen, weil der Umgang im eigenen Haus mit den Werten, die das Christentum vermitteln will, im Einklang stehen muss. Das ist eine Hypothek, die auch auf diesem Pontifikat immer schwerer lastet.

Universal und geschwisterlich

Darf einer wie Franziskus dann überhaupt ein Schreiben an die Welt wie seine jüngste Enzyklika Fratelli tutti richten, in der er die Abgründe der Welt, vielleicht mitunter holzschnittartig, aber in der Sache glasklar benennt und das Bild einer universal geschwisterlichen Menschheit entwirft, der er eine Überlebenschance – trotz aller Konflikte und Verwerfungen – zubilligt?

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