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Digital In Arbeit

Medien - die soziale Frage der Zukunft!

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Das ist die Medienzukunft, die schon begonnen hat:

Wir werden zwischen zwei oder drei österreichischen, drei deutschen, des weiteren italienischen und schweizerischen und anderen Nachbar-Fernsehprogrammen und eines Tages auch solchen aus aller Welt, dazu einigen lokal produzierten Kabelprogrammen wählen können und außerdem noch die elektronische Post, die Zeitung aus dem TV-Gerät und via Bildschirmtext Zugang zu einer unendlichen Vielfalt von Informationen haben.

Frage: Wollen wir das?

Darum kreisten Vorträge und Diskussionsbeiträge bei den „Linzer Mediengesprächen 1980”, die in nun schon bewährter Tradition das ORF-Landesstudio Oberösterreich unter seinem rührigen Intendanten Hannes Leo-poldseder und der Verband oberösterreichischer Volkshochschulen unter Präsident Gustav Hofinger am 22. Mai im ORF-Studio Linz veranstalteten.

Prof. Eberhard Witte, Vorstand des Instituts für Organisation der Universität München, präsentierte in klarer Diktion die neuen elektronischen Medien und lieferte für die Beurteilung der Wünschbarkeit ihrer Einführung „Bewertungskriterien”, nach denen jeder einzelne sein Urteil zu bilden habe.

Bisherige Erfahrungen zeigen: Ob drei oder 30 Kanäle, der einzelne sieht nicht mehr als bisher fern! (Wozu freilich Univ.-Prof. Michael Schmolke, Salzburg, ergänzte: Aber der Apparat läuft insgesamt um vieles länger, weil irgendeiner immer schaut!)

Einerseits kann man nun viel mehr sehen - andererseits weniger darüber reden, denn kaum zwei haben am Vorabend dasselbe Programm gesehen. Es geht also „Grundkonsens” verloren. Aber Individualität könnte gewonnen werden!

Bücher werden in fernsehübersättigten Gegenden nicht weniger, sondern mehr gelesen. Spezial-interessen können besser befriedigt werden.

Kabel-TV ermöglicht durch den „Rückkanal” ein Aktivwerden der Zu-seher. Erst wenn deren Aktivierung gelingt, wäre für Witte ein „Innovationssprung” erreicht.

Aber ORF-Generalintendant Gerd Bacher konterte: Uberall hat „Bürgerfernsehen” bisher Schiffbruch erlitten -die Leute wollen in der Freizeit Unterhaltung, nicht neue Anstrengung bei Ei-gen-TV-Produktion. Gegenfrage: Muß das angesichts wachsender Freizeit so bleiben?

Eine notwendige Klarstellung: Alles, was an Neuem technisch möglich ist, kann theoretisch von öffentlich-rechtli-

ßildschirmtext: „Kreuzung” von Telefon und Fernsehapparat chem oder privatrechtlichem oder von beiderlei Fernsehen geboten werden. Man darf also die Debatte nicht auf diesen Streit einengen, der zeitweise auch in Linz dominierte.

SPÖ-Mediensprecher Karl Blecha forderte: „Der Maßstab kann nicht das technisch Machbare, sondern muß das sittlich Vertretbare sein.” Wer aber bestimmt, was sittlich vertretbar ist?

Gleiche Spielregeln für alle Medien verlangte neben dem Herausgeberverbandspräsidenten Julius Kainz auch der FPÖ-Mediensprecher Holger Bauer.

Als Bacher die Gesellschaft und nicht das Fernsehen zur Urheberin ihrer eigenen Mängel erklärte, konterte ÖVP-Mediensprecher Heribert Steinbauer mit Hinweisen auf die Prägekraft der elektronischen Medien und forderte einen Prioritätenkatalog der österreichischen Medienpolitik:

Zuerst ein gutes Mediengesetz, dann mehr ORF-Regionalisierung, schließlich Verbesserung des Kabelgesetzes, Versuchsprojekte mit den neuen Medien und schließlich Entscheidung über Teilnahme am Satelliten-TV.

Hunderte offener Probleme, die hier nur beispielhaft angerissen werden konnten. Die „soziale Frage” der Zukunft!

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