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Neue Extremsportarten gefährden Umwelt

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Mehr Freizeit, höheres Einkommen und eine einfallsreiche Sportartikelindustrie haben neue Sportarten kreiert: Wachsender Beliebtheit erfreuen sich „Moun-tain-biking” und Paragleiten. Je populärer sie werden, umso deutlicher werden auch ihre negativen Umweltfolgen.

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Mehr Freizeit, höheres Einkommen und eine einfallsreiche Sportartikelindustrie haben neue Sportarten kreiert: Wachsender Beliebtheit erfreuen sich „Moun-tain-biking” und Paragleiten. Je populärer sie werden, umso deutlicher werden auch ihre negativen Umweltfolgen.

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Immer mehr Menschen haben immer mehr Freizeit und nutzen diese zur Flucht aus den Ballungszentren. Die beliebteste Tätigkeit ist der Sport - in allen Variationen.

Gerhard Popp, Pressesprecher von Land wirtschaftsminister Franz Fischler weist auf die sich abzeichnenden Probleme hin: „Natürlich soll man in der Natur sinnvoll seine Freizeit verbringen dürfen. Probleme entstehen -gerade beim Sport - aber dann, wenn das eine Massenbewegung wird.” Dazu ein Beispiel von vielen: Auf einer Wanderstrecke im Karwendelgebiet wurden innerhalb von vier Stunden 446 Personen gezählt. Davon waren 294 mit dem Fahrrad oder Mountainbike unterwegs. (Aus einer Studie des Alpenvereins).

Inbegriff von Freiheit

Mountainbikefahren ist Inbegriff für grenzenlose Freiheit, ein Sport bei dem es keinerlei Grenzen gibt. Denn über diese hilft ja das sehr stabile Fahrrad hinweg. Zum schwerwiegenden Problem für den ohnehin schon durch Luftverunreinigungen, vergiftetes Wasser und Böden stark in Mitleidenschaft gezogenen Wald wurde das Mountainbikefahren durch die „gigantischen Zuwachsraten” (Popp) der Verkaufszahlen. Die Fahrräder ohne Licht und Klingel hinterlassen immer deutlichere Spuren im Wald und die rechtlichen Auseinandersetzungen wurden immer härter.

Derzeit ist es verboten den Wald mit dem Rad zu „benutzen”. Auch Mountainbiker müssen mit hohen Geldstrafen rechnen, werden sie im Wald von Förstern oder Jägern angehalten. 65 Prozent des österreichischen Waldes ist in Privatbesitz - wer Teilstrecken in „seinem” Wald für

Radfahrer freigibt, haftet auch bei Unfällen, die zum Beispiel auf Grund des schlechten Zustandes eines Weges geschehen können, aber auch dann, wenn ein Ast herunterfällt.

Um die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Mountainbikes in den Wäldern ein für alle Mal zu beenden, arbeitet das Landwirtschaftsministerium an einem Naturradweggesetz. „Grundgedanke ist, daß es keine generelle Freigabe, wie es von manchen verlangt wird, für Fahrräder im Wald geben kann.” So ist geplant ein Netz an deutlich markierten „Naturradwegen” zu schaffen. Dort darf dann - auf eigene Gefahr - mit dem Rad gefahren werden.

Wanderer haben auch weiterhin Vorrang, „sie müssen aber auf den markierten Wegen damit rechnen, daß ihnen dort Räder begegnen.”

Paragleiten wird als das Erlebnis, die einmalige Sicht der Natur von oben angepriesen. Größtes Problem ist dabei die Beunruhigung von Tieren. Bei Hängegleitern können sie nämlich deren Silhouette nicht von der eines, für sie bedrohlichen, Greifvogels unterscheiden. Auch schrek-ken sie die knallbunten, sich völlig lautlos annähernden Paragleiter auf und lösen bei ihnen Streß aus. Die Tiere weichen dann in steileres Gelände aus, wo im Gefolge die Wildschäden an den Bäumen stark zunehmen. Besonders gefährdet ist dabei die Schutzfunktion des Waldes vor Lawinen, Muren und Hochwasser.

Das Fluggebiet müßte daher genau ausgesucht sein - Paragleiter müßten sich über Brut-, Rast- und Nahrungsbiotope und deren Lage informieren. Außerdem brauchen diese Fluggeräte meist gebaute Landebahnen, die zur Bodenversiegelung und Erosion beitragen. Daher sollten bestehende Infrastrukturen genutzt werden.

Bedrohliche Schatten

In die Schlagzeilen gekommen ist auch das „Rafting” (Wildwasserpaddeln) - vor allem nach einem Unfall auf der Traun, bei dem fünf Menschen ums Leben gekommen sind. Auch Rafting kann zum ökologischen Problem werden: Manche Sportler bringen nämlich ihr Boot mit dem Auto direkt bis zu jener Stelle, an der sie das Boot aussetzen - selbst wenn es dorthin keine Straße oder keinen Weg gibt. Gelandet wird dort, wo es „günstig” erscheint - oft ohne Rücksicht auf empfindliche Uferbereiche und die dort lebenden Tiere. Störend wirken weiters Massenfahrten von mehreren Booten hintereinander. Auch für Paddler sollten sich über die Biotope im Flußverlauf informieren. Denn es kann schon eine Störung das empfindliche Gleichgewicht nachhaltig verändern.

Erwähnt seien noch die Surfer. Sie geraten (meist unabsichtlich) immer wieder in die Uferbereiche von Teichen und Seen und stören dort nistende Vögel. Da die Wärmeschutzkleidung Surfen, Kanu- und Wasserskifahren fast ganzjährig ermöglicht, bleibt den Tieren an unseren Seen und Flüssen oft gar keine Ruheperiode mehr.

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