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Quellen der Autorität

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Zwei aktuelle Fragen : Habe n Me i n u n g s umfrage n über Bischöfe Bedeutung? Leiten kirchliche Amtsträger nicht i h re Autorität „von . oben" statt aus der Zustimmung ihrer Schäfchen ab?

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Zwei aktuelle Fragen : Habe n Me i n u n g s umfrage n über Bischöfe Bedeutung? Leiten kirchliche Amtsträger nicht i h re Autorität „von . oben" statt aus der Zustimmung ihrer Schäfchen ab?

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Führen wir uns noch einmal vor Augen, was kürzlich einer unserer Bischöfe meinte, dem eine Meinungsumfrage über seine Amtsführung mißfiel: In der Politik gelte der als Chef, der die meisten Stimmen aufsieh vereinige, der die Partei am besten integriere und verkaufe. In der Kirche dagegen sei Autorität allein durch Jesus Christus begründet, weshalb sie mit weltlichen Vereinigungen nicht vergleichbar sei. Eine solche angebliche totale Unterscheidung von.Wesenshaftigkeiten vorgehalten zu bekommen,

ist zunächst ärgerlich und fordert umsomehr zu Widerspruch heraus, je länger man darüber nachdenkt. Schließlich erfaßt einen Betrübnis, wenn man die dahinterstehende Beschränkung der Sichtweise erkennt.

Wollte man es sich einfach machen, könnte man spöttisch bloß anmerken, man wünschte sich sehr wohl auch kirchliche Amtsträger, die viel Zustimmung sammeln, die zu integrieren und zu verkaufen verstehen; wobei es umgekehrt keineswegs frivol wäre, sich auch Politiker zu wünschen, die um das Herrühren ihrer Autorität „von oben" wissen (was Jesus bekanntlich sogar dem Pilatus vorhiel????). NeiJ1, der Versuth, cAutorität ·irt dieser Welt derart zu spalten, daß sie in einem Fall nur mit den Menschen und im anderen nur mit Gott zu tun habe, ist viel grundsätzlicher zu kritisieren.

Zunächst haben wir uns ganz einfach vor Augen zu führen, daß die „Heilssendung der Kirche in der Welt nicht nur von den Amtsträgern„ . realisiert wird, · sondern

auch von allen Laien" (Christifideles laici, 23). Die ganze Kirche ist von Gott eingesetzt, nicht nur sind es - wie uns vorgehalten wird - die Bischöfe. Schon allein aus diesem Grund kann nicht hingenommen werden, daß es zwei grundsätzlich andersartige Quellen und Legitimationen für Autorität gäbe.

In Wahrheit geht es - wieder einmal- um jene schrecklichen Berührungsängste, die sich zwischen Kirche und dem demokratischen Prinzip zu entwickeln drohen. Zunehmend wird uns von gewissen Kreisen vorgehalten, daß die Verwaltung des kostbaren Glaubensgutes gleichsam zur willkürlichen Disposition entarte, ja zu geradezu zwangsläufiger Verfälschung führen müsse, wenn das Kirchenvolk zuviel mitreden wolle.

Solchen Auffassungen muß einmal sehr ernsthaft und energisch entgegengehalten werden, daß gewissenhaft angewandte Demokratie ein von allen ernstzunehmender Weg der Wahrheitssuche ist. Es ist nicht zulässig, dem menschlichen Streben nach dem Guten und Rechten zu unterstellen, es entwickle sich in die falsche Richtung, wenn nicht immer und überall jene das letzte Entscheidungsrecht hätten, die kraft Amtes über den Dingen stehen. Es gibt nämlich nur eine Wahrheit.

Damit soll nicht im geringsten das Hirtenamt, das auf die Senduri ???? Christ????urückg????ht, geschmäl �rt????????qer angezweüelt weräen. In einer Welt, von der wir hoffen, daß sie immer demokratischer wird, darf aber kein ängstlicher Widerspruch zwischen einer allein menschenwürdigen Form des Zusammenlebens und dem Leben der Kirche entstehen. Gott fordert von uns, daß wir nach seinem geoffenbarten Willen leben, er will aber

sicher auch, daß wir Demokraten sind. Warum soll beides nicht gerade dort zusammenfließen können, wo Kirche ist? Nein, es muß sich gerade dort treffen!

Unterdrücken wir die beklemmende Überlegung, es könnte letztlich eine Rolle spielen, daß ein Papst wirkt, dem es nicht vergönnt war, in einer demokratischen Umgebung seine persönliche Entwicklung zu nehmen. Die Nachfolge Christi gibt eine unendliche Fülle im Gestalten des menschlichen Zusammenlebens. Unser Glauben hat seinem Wesen nach zahlreiche soziale Bezüge. „Seid eines Sinnes miteinander" ermahnt uns der Völkerapostel, und er hatte ja auch seine liebe Not mit denen, die weniger dem Geist und der Liebe Christi vertrauen wollten als der peniblen

Wahrung der Niedergeschriebenen. Glaube ist immer auch ein Wagnis. Ein Risiko auch des Irrtums, wie die Kirche selbst auf ihrem Weg durch die Zeit oft erfahren mußte.

Es ist heute nicht mehr möglich, Autorität nur mehr aus dem Amt abzuleiten. Ein solches Unterfangen wirkt umso peinlicher, je mehr . versucht wird, sich auf angebliche Unfehlbarkeitsbestimmungen zu berufen, die auch theologisch unhaltbar sind. Gerade die österreichische Kirche ist (oder war?) viel weiter vorangeschritten. Nur mehr traurige Geschichte ·ist etwa jene „feierliche Erklärung" der Bischöfe vom 18. März 1938, wo die Gläubigen im Sinne der Segenswünsche für das Wirken des Nationalsozialismus „ermahnt" wurden.

Mag es auch als ungerecht oder hart angesehen werden - solches fällt einem aber ein, wenn kritischen Geistern heute einfach entgegengehalten wird, daß der, der die Nachfolger der Apostel höre, Christus höre.

Ein Laie guten Willens hat das Wissen, daß ein geistliches Amt ein gar kostbares Gefäß ist. Seine ganze Bedeutung erlangt es aber erst dann, wenn es gefüllt ist mit den Gaben des Geistes. Und gerade mit denen hat Demokratie sehr wohl und sehr viel zu tun.

Der Autor ist Volksanwalt.

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