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Sehen und seinen Mantel berühren

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Dem kurzen Aufenthalt des Papstes in Marokko und der auf Einladung von König Hassan II. stattfindenden Begegnung mit muslimischen Jugendlichen kommt besondere Bedeutung zu.

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Dem kurzen Aufenthalt des Papstes in Marokko und der auf Einladung von König Hassan II. stattfindenden Begegnung mit muslimischen Jugendlichen kommt besondere Bedeutung zu.

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Am achten August tritt Papst Johannes Paul II. seine dritte Pastoralreise nach Afrika an. Sie führt ihn durch sieben Länder: Togo, Elfenbeinküste, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Zaire, Kenia und Marokko.

Er wird in zwölf Tagen über 25.000 Kilometer zurücklegen, fünfzehn Städte besuchen, genau vierzig Ansprachen halten, und es ist damit zu rechnen, daß ihn 20 Millionen Menschen sehen, von denen einige tausend auch „seinen Mantel berühren” können.

Für Afrika ist ein Papstbesuch noch etwas ganz anderes als für jedes europäische Land!

Der Anlaß, gerade jetzt nach Afrika zu fliegen, ist der 43. Internationale Eucharistische Kongreß, den der Papst am 18. August in Nairobi (Kenia) beschließen wird. Der Kongreß steht unter dem Thema „Eucharistie und christliche Familie”. Kenia ist das drittgrößte der besuchten Länder, nach Zaire und der Zentralafrikanischen Republik. Es leben dort unter der Leitung von achtzehn Bischöfen — elf davon sind Kenianer — fast 4 Millionen Katholiken, das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung. Die systematische Mission begann hier erst im Jahr 1863, dennoch ist heute der Beitrag der katholischen Kirche im Schul-, Gesundheits- und Sozialwesen sehr bedeutsam. Religionsunterricht je nach Religion ist Pflichtfach. Die Bischöfe Kenias fördern das Wachstum von Basisgemeinden oder kleiner christlicher Gemeinschaften, und sie haben die Massenmedien als Missionsmittel entdeckt. Ein Drittel der rund 900 Priester im Land sind Einheimische.

Papst Johannes Paul II. wird in Nairobi auch die Theologische Fakultät für Ostafrika einweihen, die von der Ostafrikanischen Bischofskonferenz getragen wird. Schließlich wird er die drei UNO-Einrichtungen besuchen, die in Nairobi ihren Sitz haben.

Das weitaus größte Land im Besuchsprogramm des Papstes ist Zaire mit seinen 31 Millionen Einwohnern, von denen fast die Hälfte (43 Prozent) katholisch ist. Hier wird der Heilige Vater am 15. August die Ordensfrau Anuarite seligsprechen, die im Jahr 1964 bei einem Aufstand verschleppt worden war und umgebracht wurde, weil sie sich gegen die Vergewaltigung wehrte. Hier, vor der Kathedrale von Kinshasa, hat Johannes Paul II. vor fünf Jahren acht afrikanische Priester zu Bischöfen geweiht. Der Papst kommt an mehrere Orte, die ihm schon vertraut sind.

Die ersten Missionare kamen schon im Jahr 1482 nach Zaire, doch erst 1880 begann die systematische Evangelisierung, deren vor kurzem in einer Jahrhundertfeier gedacht wurde. So sind heute die meisten der 65 Bischöfe Zaires Einheimische und mehr als ein Drittel der 2500 Priester. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat war lange Zeit gespannt. Die Revolution forderte viele Todesopfer unter den Katholiken, unter ihnen 21 Heilig-Geist-Vä-ter.

Die Früchte gehen heute auf, denn in neunzehn Seminaren bereiten sich mehr als 2000 junge Männer auf das Priestertum vor.

Und die Pastoralarbeiter - genannt Mokambi - sind möglicherweise Vorboten neuer kirchlicher Ämter.

Vor diesen beiden wohl wichtigsten Ländern des Pastoralbesuches betritt der Papst afrikanischen Boden in Togo, einem Land mit weniger als 3 Millionen Einwohnern, von denen rund 20 Prozent katholisch sind. Hier weiht er elf Diakone zu Priestern und besucht in Togoville das Heiligtum Unserer lieben Frau von Togo-See. Bei der kleinen Feier werden auch Animistenpriester aus dem sogenannten „Heiligen Wald” teilnehmen.

Tags darauf ist er an der Elfenbeinküste. Hier in Abidjan hat der Papst vor fünf Jahren den Grundstein für eine Mammutkirche gelegt, die er jetzt weihen wird. Sie faßt nahezu 10.000 Leute.

Noch am gleichen Tag geht die Reise weiter nach Kamerun, wo er in der Hauptstadt Yaounde fünfzehn Diakonen die Priesterweihe spenden wird. Kamerun hat mit 27 Prozent den zweitgrößten Prozentsatz an Christen unter den bereisten Ländern; 1946 waren hier erst 5 Prozent, und heute gibt es in den meisten Pfarreien mehr Taufbewerber als Getaufte.

Der Papst wird am Sonntag, dem 11. August, in Garoua hundert Katechumenen die Sakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie spenden und am Montag mit Protestanten und Muslimen zusammentreffen.

Zentralafrikanische Republik heißt die nächste Station, wo der Papst jedoch nur einen Zwischen-stop macht und in der Hauptstadt Bangui eine Eucharistiefeier hält.

Nachdem der „eilige Vater” dann Zaire und Kenia besucht hat, fliegt er über Marokko nach Rom zurück. Doch dieser kurze Aufenthalt in Marokko hat außergewöhnliche Bedeutung, denn König Hassan hat das Oberhaupt der Katholischen Kirche eingeladen, vor den muslimischen Jugendlichen aus 23 Ländern, die sich zu den Panarabischen Spielen hier aufhalten, zu sprechen. König Hassan II. als religiöses Oberhaupt möchte den jungen Leuten das Papsttum als Erzieher und Verteidiger der Werte vorstellen, die Christen und Muslimen gemeinsam sind.

In Marokko mit 22 Millionen Einwohnern leben nur 64.000 Katholiken, das sind noch nicht einmal 0,3 Prozent der Bevölkerung. Vor genau einem halben Jahr wurde ein von König Hassan gezeichnetes Gesetz veröffentlicht, das der Kirche weitgehend freie Hand läßt, doch missionarische Tätigkeit im Lande untersagt. So muß sich die Arbeit der Kirche auf die in Marokko lebenden Ausländer beschränken. Mit den Katholiken des Landes feiert der Papst im „Institut Charles de Foucauld” eine heilige Messe.

Wenn der Papst am Abend des 19. August wieder italienischen Boden betritt, hat er seine 27. Auslandsreise hinter sich und kann nochmals ein paar Wochen in Ca-stelgandolfo ausspannen.

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