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Sorgen der Amerikaner

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Welche ökonomische Zukunft steht den USA in den neun­ziger Jahren bevor? Eine „bedenk­liche, lustlose", meinen die einen, die anderen sprechen von „großar­tig und wachstumsorientiert". Zu ersteren gehört der Analytiker Ro­bert Lawrence von der Brookings Institution: „Die Dekade wird Bla-bla", sagt er; ihm sekundiert David Haie, Chefökonom von Kemper Financial Services in Chikago: „Halbseiden" nennt er das, was er in den neunziger Jahren erwartet. Dem widerspricht jedoch Jerry Jordan von der First Interstate Bancorp in Los Angeles energisch: „Die neunziger Jahre können durchaus zu einer der prosperie-rendsten Dekaden des Jahrhunderts werden."

Auch den achtziger Jahren ging eine wenig rosige Prophezeiung voran, gekennzeichnet waren sie aber durch stetiges Wirtschafts­wachstum. Selbst der Crash vom Oktober 1987 war schnell überwun­den. „Business Week" meint des­halb: „Stabilität wird die Stärke der Neunziger sein, die scharfen Gegensätze von Auf und Ab frühe­rer Zyklen werden fehlen." Und McGraw-Hill sieht ein konstantes Wirtschaftswachstum von jährlich 2,3 Prozent - etwas weniger als das Durchschnittswachstum der acht­ziger Jahre, das jährlich bei 2,6 Pro­zent lag.

Wie viele andere Staaten auch, sieht sich Amerika vor das Problem einer schnellen Überalterung der Bevölkerung gestellt. Außerdem wird die Kluft zwischen Arm und Reich noch größer. Eine neue Welle von Einwanderern aus Asien und Lateinamerika steht bevor. Der Anteil der Lateinamerikaner, der­zeit acht Prozent der US-Bevölke­rung, könnte während der neunzi­ger Jahre auf 18 Prozent ansteigen und damit den Anteil der Schwar­zen übertreffen. Die meisten Lati-nos tendieren zu den Demokraten, lediglich Kubaner sind konservativ und republikanisch.

Die Verarmung der Bevölkerung in ländlichen Regionen dürfte vor­anschreiten: Allein Kansas zählt heute bereits 2.000 Geisterstädte, und in vielen Regionen des Great Plains sind 60 Prozent des Einkom­mens der Bevölkerung staatliche Zuwendungen. Das Wachstum der arbeitenden Bevölkerung wird erst­mals seit den fünfziger Jahren auf ein Prozent pro Jahr fallen und damit besonders niedrig sein.

Der Bildungs- und Ausbildungs­stand wird zu wünschen übrig las­sen .weshalb „Business Week" orakelt: „Unser Land, das der Welt das Management beschert hat, wird neues Management lernen müssen - Toyota und Nissan wie auch Honda haben der US-Autoindustrie ge­zeigt, daß nicht der amerikanische Arbeiter für Detroits Mangel an Produktivität verantwortlich ge­macht werden kann.. .und vor allem muß der US-Manager seine Unter­nehmensstrategie überdenken und dabei wahrscheinlich japanische und europäische Methoden und Modelle kopieren."

Werte, Ängste, Erwartungen ver­schieben sich in den neunziger Jahren: 64 Prozent der US-Ameri­kanerglauben einer Harris-Umfra­ge zufolge, daß ihre Ökonomie nicht von amerikanischen, sondern von ausländischen Firmen maßgeblich bestimmt und geprägt werden wird. Vor den Sowjets und einem Atom­krieg fürchten sich nur noch 42 Prozent der befragten. Erste große Sorge (von 86 Prozent genannt) bildet das Rauschgiftproblem, ge­folgt von der wachsenden Krimi­nalität (82 Prozent), der Ausbrei­tung von AIDS (75 Prozent) und der Sorge um die Umwelt (65 Prozent).

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