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Uber Osterreich in den Osten

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"Österreich ist aus der Sicht fin-nischer Unternehmen ein relativ un-interessantes Land, weil es kein EG-Staat ist", meint lipo Relander, Handelssekretär der finnischen Botschaft. Er fügt aber gleich dar-auf hinzu, daß sich das ändern könnte, wenn Österreich ein Sprungbrett für den Osten wird.

In Finnland ist die Internationa-lisierung ein vergleichsweise junger Gedanke. Seit den siebziger Jahren wurden allerdings bereits über zweitausend Unternehmen im Ausland gegründet oder erworben. Etwa eintausend der meist reinen Vertriebsgesellschaften befinden sich im EG-Raum.

Zur Frage eines EG-Beitritts herrsche große Einigkeit, stellt Relander fest. Die wichtigsten Unternehmen seien bereits in den entsprechenden Märkten vertreten, deshalb werde dieser Frage insge-samt auch keine so große Bedeu-tung beigemessen, wie dies in Öster-reich der Fall sei.

Während finnische Firmen 1988 immerhin 1,9 Milliarden Dollar für Beteiligungen und Niederlassungen außerhalb der eigenen Grenzen übrig hatten, weist ein internatio-naler Vergleich der Auslandsinve-stitionen Osterreich als Schlußlicht aller EFTA-Staaten aus (290 Mil-lionen Dollar). Die Interessen fin-nischer Mutterhäuser vertraten weltweit 99.000 Beschäftigte, nur etwas über 20.000 österreichische Mitarbeiter nahmen dieselbe Auf-gabe im Ausland wahr. Damit ist auch unsere internationale Veran-kerung schwächer und die Abhän-gigkeit von supranationaler Wirt-schaftspolitik stärker.

Daß unser Land Finnland als Basis für Ostaktivitäten dient, klingt verwunderlich, hat doch der nordische Staat traditionell starke Wirtschaftsbeziehungen zur So-wjetunion. Bisher hätte diesem Handelspartner sicher ein Haupt-interesse gegolten, bestätigt Relan-der, doch nun würden vor allem die kleinen Oststaaten in den Vorder-grund rücken. Hier sei Österreich ein guter Ausgangspunkt und von Bedeutung für eine Bearbeitung des Donauraumes. Über die Sowjetuni-on sei dies nicht möglich, auch wollten die Finnen diesen Weg nicht einschlagen.

Seit zehn Jahren geht die Ausfuhr finnischer Waren in den großen östlichen Nachbarstaat gleichmäßig zurück, von über 20 Prozent auf unter zehn. Durch die kürzlich erfolgte Abwertung des Rubel herr-sche eine besonders unklare Situa-tion, betont Relander; der Export sei völlig zusammengebrochen. Darunter leide besonders die Tex-tilindustrie, da sie Schwierigkeiten habe, Ersatzmärkte zu finden.

Österreich könnte also ein Aus-gangspunkt finnischer Ostaktivi-täten werden. Hier vorhandene Kenntnisse stehen hoch im Kurs, fehlt es den Nordländern doch an Erfahrung mit osteuropäischen Ländern (1989 ging nur ein Zehntel der finnischen Comecon-Exporte nicht in die Sowjetunion). Außer-dem sei es natürlich ökonomisch günstiger, von Wien aus zu arbeiten, stellt Relander fest.

In den nächsten Jahren sei jedoch kein finnischer Investitionsboom zu erwarten, glaubt der Handelssekre-tär. Für die Bearbeitung der Ost-märkte würden kleine Vertriebs-niederlassungen genügen. Österreich selbst hätte zuviele Ähnlichkeiten in der Industriestruktur, um größere Investitionen zu rechtfertigen. Die Konkurrenz werde vermieden, der Markt von Deutschland aus bearbeitet.

Zur Zeit bestehen 34 Niederlas-sungen und 300 Einzelvertretungen finnischer Unternehmen in Osterreich. Nur drei haben eine Produktionsstätte wie der Kone-Konzern in Scheibbs, die der drittgrößte Aufzughersteller der Welt gerade um eine rechnergesteuerte Liftkabinen-Fertigungslinie für 140.. Millionen Schilling erweitert. NOKIA, um eine weitere große Unternehmensgruppe zu nennen, ist als drittgrößter europäischer Unterhaltungselektronikproduzent seit kurzem mit einer Vertriebsge-sellschaft vertreten. Beide sind Unternehmen, die sich selbst den internationalen Markt geschaffen haben.

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