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Wer wird Unternehmer und warum?
Stolz verkündet die Bundeswirtschaftskammer in einer Presseaus- sendung: Erstmals seit 1951 hat die Zahl der Selbständigen in Österreich wieder zugenommen, und zwar um 2000 Unternehmer auf nun insgesamt 248.600 Kammermitglieder. Den weitaus größten Teil der unternehmerischen Newcomer zieht es zum Fremdenverkehr, zum Verkehr und in den Handel, unter den Bundesländern dominieren Salzburg, Tirol und Vorarlberg, abgeschlagen sind dagegen das Burgenland und Niederösterreich.
Wer wird Unternehmer und warum? Angesichts der in den letzten und sicherlich auch in den nächsten Jahren sehr problematischen wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich verdient diese Frage Interesse. So mag es auch überraschen, daß Konjunkturklippen derlei Absichten selten im Weg stehen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland mit mehr als einer Million Arbeitslosen wurde bei Firmengründungen ein Boom wahrgenommen.
Das Tor von der Absicht, selbständig zu werden, zur Verwirklichung öffnet meist berufliche Unzufriedenheit, die Lust, relativ weisungsfrei - also selbständig - operieren zu dürfen und das Interesse, mehr Geld zu verdienen. Das Durchschnittsalter der Jung-Un- ternehmer liegt im allgemeinen zwischen dreißig und vierzig Jahren, handelt es sich dabei um Familienväter, so hat der riskante Wechsel von der abhängigen Erwerbstätigkeit zur unternehmerischen Selbständigkeit auch meist Erfolg, sofern die Jung- Untemehmer in den ersten drei bis fünf Jahren ihrer selbständigen Laufbahn zum Verzicht auf Freizeit und Teilnahme an den schönen Dingen des Lebens bereit sind.
Die Bereitschaft zur Gründung eines eigenen Betriebes findet man bei Handwerkern in Klein- und Mittelbetrieben am häufigsten, bei Angestellten in stark bürokratisierten, großen Arbeitsorganisationen dagegen am seltensten. Arbeitsplatzunsicherheit fördert bei Arbeitern oft sogar die Bereitschaft zum Wechsel in die unter nehmerische Laufbahn. Facharbeiter nehmen selbst in Zeiten stabiler wirtschaftlicher Entwicklung das Arbeitsplatzrisiko viel deutlicher währ als etwa Angestellte. Ihr grundlegendes Sicherheitsbedürfnis ist demnach weit weniger befriedigt als das von Angestellten. Die deshalb weit stärker ausgeprägte Neigung von Arbeitern zur Selbständigkeit entspricht daher auch der Auffassung, daß ein Mann, der sein eigener Chef ist, nicht gefeuert werden kann.
Der Wunsch nach unternehmerischer Selbständigkeit ist im übrigen in Regionen mit dynamischer wirtschaftlicher Entwicklung häufiger anzutreffen als in wirtschaftlich-stagnierenden Gebieten. Daraus erklärt sich die starke Zunahme von Untemehmens- gründungen in Salzburg und die Abnahme von selbständigen Existenzen im Burgenland.
Der Wechsel in die unternehmerische Selbständigkeit ist von vielen und oft divergiererenden Motiven bestimmt: von der Qualifikation, der Unzufriedenheit in der abhängigen Erwerbstätigkeit, von der Sicherheitsorientierung bzw. der Risikobereitschaft, vom Alter, vom Einkommen und selbst von religiösen Werthaltungen. Galt es seit jeher, daß eher Anhänger eines „asketischen Protestantismus” zur selbständigen Existenz drängen, so zeigen vergleichende Untersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland, daß in den hochindustrialisierten marktwirtschaftlich ausgerichteten Gegenwartsgesell schaften wiederum eher Katholiken in die unternehmerische Selbständigkeit wechseln.
In jedem Fall aber ist dieser. Wechsel ein Sprung ins Risiko, der in zahlreichen Fällen ohne stabiles Eigenkapitalnetz getan wird. 70 Prozent der an einer Unternehmens-Übernahme interessierten Niederösterreicher verfügen über nicht mehr als 100.000 Schilling in barem, Geld, doch die durchschnittliche Ablösesumme liegt bei rund 200.000 Schilling.
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