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Wider die Resignation

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Bei einer Dankwallfahrt katholischer Laienbewegungen nach Mariazell wurde deutlich: Trotz des Rückzuges aus der Parteipolitik trägt die Kirche politische Verantwortung.

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Bei einer Dankwallfahrt katholischer Laienbewegungen nach Mariazell wurde deutlich: Trotz des Rückzuges aus der Parteipolitik trägt die Kirche politische Verantwortung.

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Die Predigt des Wiener Weihbischofs Helmut Krätzl bei der großen Dankwallfahrt der Laienbewegungen der Erzdiözese Wien vergangenen Sonntag nach Mariazell aus Anlaß der Österreich-Jubiläen „40 Jahre Zweite Republik” und „30 Jahre Staatsvertrag” verband Erinnerung und Ausblick: In der Aufbauzeit- sagte Krätzl — konnten die Katholiken durch ihren Einsatz den damals proklamierten Grundsatz „In der Liebe zu Osterreich soll uns niemand übertreffen” glaubhaft machen. Heute stelle sich die Kirche nicht selten „müde, freudlos und ohne Begeisterung” dar. Katholiken müßten Resignation und Mutlosigkeit in Kirche und Gesellschaft überwinden. Sie sollten sich auch die Frage stellen, ob sie die Chancen einer „freien Kirche in einer freien Gesellschaft” (Mariazeller Manifest 1952) tatsächlich nützen.

In diesem Zusammenhang kam eine Absage an die politische Abstinenz der Kirche. Krätzl hielt zwar fest, daß der Rückzug der Kirche aus der Parteipolitik richtig gewesen sei, dies aber keine Freiheit der Kirche von Verantwortung für Österreich bedeuten dürfe. Die engagierten Katholiken sollten daher „noch mehr als bisher Verantwortung in diesem Land, auch in der Politik” übernehmen.

Zu den innerkirchlichen Vorgängen — Weiterentwicklung des II. Vatikanums, Verhältnis von Laien und Priestern—hielt Krätzl fest, daß hier noch viel zu wenig geschehen sei. Diskussionen über Randprobleme und Strukturen beherrschten die Szene anstelle einer Auseinandersetzung mit den weltweiten tiefen Veränderungen aller Lebensbereiche. Die Zuwendung der Kirche zur Welt sei also vordringlich - auf der Grundlage eines Kirchenbildes, das Kirche als Gottesvolk versteht.

Freiheit, Verantwortung, Pflicht des einzelnen zum Einsatz in der Gesellschaft für Recht und Gerechtigkeit waren die „Stichworte” einer „Politischen Vesper” am Sonntag nachmittag in Mariazell. Auf dem Hintergrund eines historischen Rückblicks auf die Erringung der Freiheit Österreichs, an der Katholiken maßgeblichen Anteil hatten, wurde die Katholische Soziallehre als Entscheidungshilfe bezeichnet, um Probleme der Gegenwart im Rückgriff auf die Werte der Tradition zu lösen.

Bei einem Festakt im Mariazeller Rathaus am Sonntag abend wurde die von der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) aus Anlaß ihres 30-Jahr-Jubiläums (1984) gestiftete „Kardinal-Opilio-Rossi-Medail-le” erstmals verliehen: an den Eisenstädter Diözesanbischof Stefan Laszlo, an die Chefredakteur-Stellvertreterin der „Presse”, Pia Maria Plechl, und an den Generalsekretär des Europarates a. D. Franz Karasek.

In einem Festvortrag sprach der stellvertretende Vorsitzende des Bundesrates, Herbert Schambeck, von der Mannigfaltigkeit der Aufgaben der Laien in der heutigen Welt: er nannte besonders die Aufgaben in der Partnerschaft, in den regionalen Ge-. meinschaf ten, im Staat und in der Völkergemeinschaft. „Die Wege gibt die Katholische Soziallehre an”, betonte Schambeck.

Die Katholische Soziallehre stehe — wie Schambeck betonte — allen Parteien und Interessenvertretungen offen; die Unterschiede ergäben sich aber aus der Beachtung und Befolgung dieser Lehre. Klerus und Laien leisteten spezifische Dienste. Der Amtsträger habe - wie Schambeck meinte -zeitgerecht, wirklichkeitsnah und verständlich das Evangelium zu verkünden, der Laie habe die Aufgabe, dies in der Welt zu verwirklichen.

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