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Zwei alte Sündenregister
Die erste Tagung der Friedenskonferenz in Madrid war wirklich ein historisches Ereignis. Es war zum ersten Mal seit Entstehen des Judenstaates (1948), daß sich die drei arabischen Nachbarstaaten und die Palästinenser, die sich durch die Intifada (dem palästinensischen Volksaufstand) immer noch mit Israel im Kriegszustand befinden, mit den Israelis zusammen saßen, um Frieden, einen vollständigen Frieden, mit dem verhaßten Feind zu schließen.
Auf der Tagung hielt ein jeder seine Rede. Die Araber versuchten das „Sündenregister" der Israelis aufzuzählen und diese antworteten dementsprechend. Trotzdem, man saß ich gegenüber. In jeder Rede der Araber wurde betont: „Wir wollen Frieden mit Israel." Die Israelis erwiderten: „Wir wollen mit allen arabischen Staaten Frieden schließen."
Allerdings ist der Weg zum Frieden sehr lang, denn die Araber wollen alle besetzten Gebiete, inklusive Ostjerusalem zurückerhalten. Israel hingegen macht vorläufig keinerlei Anstalten, auch nur auf einen Quadratzentimeter zu verzichten. Jedenfalls, dieser Tage beginnt die zweite Phase des Friedensprozesses, die bilateralen Direktgespräche, ohne daß irgend eine Drittpartei vermittelt oder schlichtet.
Die ersten Gespräche fanden bereits in Madrid, am Tagungsort der Konferenz, statt, doch als ständiger Treffpunkt kommt diese Stadt nicht in Frage, weil die Israelis nicht den Eindruck erwecken wollen, daß es sich um die Fortsetzung der Internationalen Friedenskonferenz handelt. Direktverhandlungen sind in den Augen der Israelis ein ganz besonderes Kapitel. Zur Zeit diskutiert man über den Tagungsort.
Die größten Aussichten hat Washington, obwohl diese Stadt weit entfernt vom Nahen Osten ist. Inzwischen geben die Parteien Pressekonferenzen und Erklärungen ab. Bekanntlich war die Internationale Friedenskonferenz an erster Stelle eine Show für die Presse und jeder Redner dachte auch an Presse und öffentliche Meinung zu Hause und sprach dementsprechend.
Friedenslokomotive
US-Außenminister James Baker, die Lokomotive der Friedenskonferenz, der mit guten und schlechten Worten alle zum Verhandlungstisch bringen konnte, versprach bereits, daß, wenn man sich innerhalb von zwei Wochen nicht geeinigt hat, er, Baker, seinen Vorschlag machen wird, dem sich niemand zu widersetzen traut, sind doch alle Parteien von Amerika abhängig.
Jedenfalls wird noch viel Wasser den Jordan hinabfließen, bis der erhoffte Frieden erreicht ist. Bis dahin wird es noch viele Krisen geben. Doch der Friedensprozeß hat in Madrid begonnen.
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