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Tel Aviv gegen Einmischung der EG in den ahostkonflikt

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„Wir gestehen nicht auf einer Teilnahme an der Genfer Friedenskonferenz, wir wollen jedoch ganz genau wissen, was im Nahen Osteri vorgeht. Schließlich hängt die Sicherheit Europas davon ab“, erklärte dieser Tage der bisherige französische Außenminister Louis de Guiringeault vor israelischen Korrespondenten.

Der deutsche Außenminister, Hans Dietrich Genscher, drückte sich präziser aus und erklärte vor Journalisten: „Meine Gespräche, die ich bei meiner Reise durch die Nahostregion geführt habe, dienten nicht nur dem gegenseitigen Verstehen. Wir wollen auch die Anstrengungen unserer amerikanischen Freunde für einen Frieden im Nahen Osten flankierend unterstützen.“

Im Juli dieses Jahres soll auch der britische Außenminister, Dr. Owen, den Nahen Osten bereisen. Auch er will bei allen Teilnehmern der Genfer Friedenskonferenz (Ägypten, Jordanien, Syrien und Israel) vorsprechen, um sich ein Bild über den Nahostkonflikt machen zu können.

Die Europäische Gemeinschaft versucht in der letzten Zeit, eine gemeinsame politische Rolle zu spielen. Der Nahe Osten scheint dafür wie geschaffen zu sein. Nicht nur die Ölinteressen der EG-Staaten liegen in dieser Region, es existieren auch traditionelle Bindungen. Auf Grund der gemeinsamen wirtschaftlichen Macht glauben die wichtigsten EG-Staaten, daß sie außenpolitisch ebenfalls mit einer Stimme auftreten können, was dann auch von den USA berücksichtigt werden müßte. Dafür spricht, daß vor zwei Monaten die Vertreter der EG- Staaten auf einer Sitzung in London den Versuch unternommen haben, eine gemeinsame Arbeitsunterlage über den Nahostkonflikt auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Bevor die Formulierungen jedoch druckreif wurden, intervenierten die USA bei Bundesminister Genscher und ersuchten, die Veröffentlichung zu verschieben. Die französischen Vertreter waren wütend und ließen den mehr oder weniger französischen Vorschlag als angeblich endgültige Formulierung der ägyptischen Tageszeitung „Al Ahram“ zukommen. Dort wurde es als offizielles EG-Geheimdokument veröffentlicht und in der Folge auch von der Weltpresse publiziert.

Bei seinem letzten Besuch in Israel versprach Bundesminister Genscher seinen Gastgebern, daß man in Zukunft nur einen revidierten Entwurf veröffentlichen werde, in dem die israelische Position berücksichtigt werden würde. Den Israelis hingegen wäre es lieber, wenn ein solcher Entwurf überhaupt nicht existierte.

Auf Grund dieser Einstellung der EG-Staaten, besonders der Bundesrepublik und Frankreich, bestehen ernste Meinungsverschiedenheiten zwi schen der EG und Israel. Der Judenstaat ist weiterhin bemüht, die BRD bei ihren Wirtschaftsforderungen an die EG zu unterstützen. Bisher hat die Bundesrepublik im Rahmen der Nahostpolitik diese Anregungen, soweit sie berechtigt waren, auch für gut befunden. Frankreich versuchte hingegen, für seine befreundeten arabischen Staaten Sonderrechte zu erhalten und zeigte den Israelis des öfteren die kalte Schulter. Außenpolitisch will Frankreich jedoch seine Vormachtstellung wiedererlangen, um zusammen mit der BRD einen Gegenpol zu den USA zu bilden.

Israel duldet im Nahostkonflikt jedoch gemeinsam mit den USA keinen neuen Kräftepol. Die Israelis nehmen nämlich an, daß jede neue Partei den Versuch unternehmen würde, die Ölinteressen auf Rechnung der Israelis zu festigen. Der Judenstaat glaubt am besten agieren zu können, wenn nur ein Machtfaktor - die USA - die Vermittlerrolle spielt. In Tel Aviv wird sogar befürchtet, daß die „flankierende Hilfe“ der EG bei der Lösung des Nahostkonfliktes ein störender Faktor sein könnte. Dies vor allem darum, weil Europa um jeden Preis Frieden in dieser Region will, wobei die Israelis den Preis zahlen sollen. Europa fordert Maximalverzichte der

Israelis, um Ruhe zu schaffen. Der J u- denstaat ist jedoch zu solchen Verzichten nur bereit, wenn damit ein endgültiger Friede gesichert ist. Die amerikanisch-israelische Forderung nach politischer Abstinenz der EG-Staaten wurde nicht gehört, sonst würde Europa nicht auf sein Mitspracherecht pochen und dabei von den arabischen Staaten unterstützt werden.

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