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Zwei Brüder - ein Ziel

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Im Jahre 1980 hat Papst Johannes Paul II. die Heiligen Kyrill und Method zu Patronen Europas erhoben. Am 6. April 1985 wird nun der 1100. Todestag Methods gefeiert.

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Im Jahre 1980 hat Papst Johannes Paul II. die Heiligen Kyrill und Method zu Patronen Europas erhoben. Am 6. April 1985 wird nun der 1100. Todestag Methods gefeiert.

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Im Sommer 1967 fand in Salzburg ein großer wissenschaftlicher Kongreß zu Ehren der „Slawen-Apostel” Kyrill und Method statt. Damals war es 1100 Jahre her, seit sie ihre Tätigkeit im Großmährischen Reich begonnen hatten. Von der Kanzel des Salzburger Domes entschuldigte sich der Regensburger Bischof dafür, daß der heilige Method seinerzeit, vor 1100 Jahren, von bayerisehen Missionaren unter Führung des Passauer Bischofs Hermannen gefangen, mißhandelt und fast drei Jahre eingesperrt worden war.

Im Jahre 1980 hat Papst Johannes Paul II. die Heiligen Kyrill und Method neben Benedikt zu Patronen Europas erhoben. Und in diesem Jahr gibt es in ganz Europa Feiern und wissenschaftliche Kongresse anläßlich des 1100. Todestages des heiligen Method am 6. April (nach anderer Rechnung am 19. April).

Was steckt hinter diesen Fakten? Die Brüder Konstantin (der sich später den Klosternamen Kyrill gab) und Method waren in Thessaloniki aufgewachsen, einer griechischen Stadt im vorwiegend slawisch besiedelten Mazedonien. Der jüngere Bruder Konstantin war sicher der genialere, Method wurde sein getreuer Helfer und — nach Konstantins Tod — der Vollender seines Lebenswerks.

Konstantin fühlte sich aufgerufen, allen Menschen ohne Unterschied das Evangelium zu bringen. Er lernte die slawische Sprache und entwickelte sie mit Hilfe eines eigens erfundenen Alphabets zur Schriftsprache, in die sich Bibel, Liturgie und andere heilige Bücher übersetzen ließen. Nach verschiedenen Erprobungen seiner großen Fähigkeiten in anderen Gebieten schickte ihn der Kaiser von Byzanz mit seinem Bruder ins Großmährische Reich, dessen Fürst Rastislav um bibel-und gesetzeskundige Lehrer gebeten hatte. Hier, in der Nachbarschaft des Frankenreiches, hatten sich schon einige Zeit Missionare aus Passau betätigt, die aber die lateinische Liturgie lehrten. Doch das Volk nahm lieber den Glauben in der eigenen Sprache an.

Kirchliche und weltliche Motive sind hier eng verzahnt: Rastislav wollte lieber die Glaubenslehrer aus dem fernen Konstantinopel als von den mächtigen fränkischen Nachbarn, die gleich Machtansprüche geltend machen könnten. Der Kaiser von Byzanz schickte die Brüder auch lieber in die Ferne, als sie unter den Slawen im eigenen Reich wirken zu lassen. Eine eigene slawische Hierarchie hätte zur Abspaltung großer Gebiete führen können.

Konstantin und Method wußten, daß sie im Bereich des römischen Patriarchats, vor allem aber in der Salzburger Kirchenprovinz missionierten. Die Grenzen waren damals noch nicht so streng gezogen. Obwohl der Papst die Mission in der slawischen Sprache billigte, kam es bald zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Geistlichen aus der bayerischen Nachbarschaft.

Das Großmährische Reich, das ungefähr im Gebiet der heutigen Tschechoslowakei lag, zeitweise aber bis zur Elbe und zum Plattensee reichte, war in einer gewissen, nicht immer gleich starken Abhängigkeit vom Frankenreich. Es hatte also Interesse an einer eigenen kirchlichen Hierarchie und eigener Liturgiesprache, um nicht ganz aufgesogen zu werden. So dachte jedenfalls Rastislav, während sein Nachfolger Svatopluk religiös eher indifferent und leicht von der „deutschen” Gruppe der Geistlichkeit zu beeinflussen war.

Die Slawenmission war abhängig von der jeweiligen politischen Konstellation. Sie erreichte einen Tiefpunkt nach dem Tode Konstantins. Bei einem gemeinsamen Aufenthalt der beiden Brüder in Rom, wo sie mit Ehren überhäuft wurden, war er gestorben. Method mußte nun allein das Werk fortsetzen, und weder Svatopluk noch der Papst konnten ihn davor bewahren, von den bayerischen Bischöfen eingesperrt und mißhandelt zu werden.

Vorwand der Differenzen war immer die Sprachenfrage. Dabei war es nie ein Dogma, daß der Glaube nur in den „heiligen” Sprachen Hebräisch, Griechisch, Lateinisch verkündet werden dürfe. Method konnte nach seiner Freilassung noch einige Jahre wirken. Seine Schüler wurden aber gleich nach seinem Tode vertrieben, die Gläubigen „umerzogen” und zum lateinischen Ritus „bekehrt”. Schon vor der Jahrtausendwende war das Großmährische Reich verschwunden, aufgeteilt zwischen Ungarn und dem

Heiligen Römischen Reich. Das Volk blieb im Einflußbereich der lateinischen Kirche, die aber hier nie so tiefe Wurzeln schlagen konnte wie etwa in Polen.

Die zahlreichen Schüler Kyrills und Methods fanden einen neuen Wirkungskreis in Bulgarien. Die Fürsten hatten zuerst auch lateinische Missionare gehabt, dann griechisch-byzantinische. Die Bulgaren waren damals noch kein homogenes Volk. Slawen und Protobulgaren, dazu die thraki-sche Bevölkerung, die vorher hier gesiedelt hatte, sollten durch die gemeinsame Kultur und die Schriftsprache verschmelzen. Das konnte nun mit Hilfe der Leistungen Kyrills und Methods geschehen. Allerdings hatte sich erwiesen, daß Kyrills Alphabet, die „Glagoliza”, recht schwierig im Gebrauch war. So entwickelten seine Schüler eine neue Schrift, angelehnt ans Griechische, aber mit eigenen Zeichen für spezifisch slawische Laute. Die nannten sie „Kyrilliza” - zu Ehren Kyrüls, nicht, weü sie von ihm stammten.

Ein Mißverständnis

In Bulgarien gelang tatsächlich eine Verschmelzung von Glauben, Kultur, Schriftsprache zu einer nationalen Identität, die 500 Jahre Türkenherrschaft ebenso standhielt wie dem kommunistischen Atheismus. Von Bulgarien breitete sich das slawische Christentum nach Rußland, Serbien und in die Walachei aus. Nun war es aber ein Mittel der Spaltung der Christenheit, die sich bis heute auswirkt: Gegensätze zwischen Russen und Polen, Serben und Kroaten sind noch heute spürbar.

Kyrill und Method hatten mit ihrer „neutralen” Liturgie eine Brücke schlagen wollen zwischen Rom und Konstantinopel, die damals noch nicht endgültig getrennt zu sein schienen. Die „Sla-wenapostel” wurden im allgemein nen Bewußtsein zu Urhebern der Trennung. Dieses Mißverständnis aufzuklären, den großen Lehrern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ihren Glaubenseifer, der allen Entbehrungen gewachsen war, und ihre überragenden wissenschaftlichen Leistungen zu würdigen, ist der Sinn des Gedenkjahres.

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