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Apostel der Slawen Väter der Mission

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In diesem Monat hat der Papst im Gedenken an das große Rundschreiben seines Vorgängers, „Exsul Familia“, das sich mit der Not der Nachkriegs fluchtlinge befaßte, die Heimatvertriebenen aus allen Teilen der Erde zur Pilgerfahrt ins Vaterhaus nach Rom geladen. Unter den ersten Pilgergruppen war die „Ackermann-Gemeinde“, die, ähnlich wie die „Klemens-Gemeinde“ in Österreich, auf deutschem Boden jene Vertriebenen aus den böhmischen und mährischen Ländern zusammenfaßt, die ihrem katholischen Glauben treu geblieben sind und die gerade in den Jahren der Not und Heimatlosigkeit in diesem Bekenntnis ihre unzerstörbare Geborgenheit gefunden haben. Die Sudetendeutschen besuchten auf ihrer Pilgerfahrt die altchristliche Kirche Sau demente, die das Grab des heiligen Cyrill beherbergt. An dieser Stätte hielten sie zusammen mit tschechischen und slowakischen Glaubensbrüdern eine Gebetsstunde für die Kirche der gemeinsamen Heimat ab.

Cyrillus Und Methodius werden von allen slawischen Völkern, besonders aber von denen des Donauraumes, als die heiligen Glaubensboten verehrt. Wenn sich auch die vertriebenen Deutschen dieser Länder an dem Grab des einen der beiden (auch leiblichen) Brüder zum Gebet versammeln, dann suchen sie in ihnen nicht nur die gemeinsame Glaubensheimat, die älter ist als die nationalistische Zwietracht, sie verehren in ihm auch einen fernen Bruder im leidvollen Schicksal. Vertreibung, Verketzerung, ja Haft und Mißhandlung mußten die Glaubensboten schon damals ertragen. Als schutzsuchender Flüchtling kam Cyrillus 869 mit seinem Bruder zusammen nach Rom, wo er nach wenigen Tagen an Erschöpfung starb. Der mit päpstlichem Geleitbrief nach Böhmen und Mähren heimkehrende Methodius hatte gewaltsame Behinderung seines Missionswerkes zu ertragen. Die deutschen Standesherren, unter ihnen auch der Erzbischof von Salzburg, sorgten für seine Verurteilung und Inhaftierung. Erst der energisch-missionarische Papst Johannes VIII. verlieh ihm neue Sendungsgewalt.

Die beiden Heiligen aber haben heute, unmittelbar vor dem Konzil, eine symbolische Bedeutung gewonnen, die weit über ihre Zeit hinausreicht. Sie kämpften mit dem Einsatz ihres Lebens für die Verkündigung in der Muttersprache, kämpften für die Liturgie in der Sprache des Volkes. Den beiden byzantinischen Griechensöhnen war slawischer Nationalismus dabei völlig fremd. Sie waren treue Söhne des Petrus-Nachfolgers in Rom, dessen allein für gültig erkanntes Bestätigungswort sie immer wieder aufs neue suchten. So schwächlich und von Adelscliquen abhängig die Päpste jener Zeit auch gewesen sein mochten, so primitiv das theologische und geistliche Leben im „barbarischen Rom“ — verglichen mit der vollendeten Geisteskultur am byzantinischen Kaiserhof: Für sie war am Bischofssitz des Petrus und nirgends anders die väterliche Autorität der Christenheit beheimatet. Sie wollten weder eine byzantinische noch eine slawische Sonderkirche. Sie wollten die Kirche in den Herzen des Volkes, wollten die Botschaft für das Ohr der Menschen, wollten die Mission in der fleischgewordenen Wirklichkeit der „menschenfreundlichen“ Gottheit. Über mehr als ein Jahrtausend hinweg ist ihr unermüdliches Werk für die Kirche ein Auftrag geblieben. Oft nur sehr unzulänglich verwirklicht, oft sogar vernachlässigt, heute aber drängender denn je.

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