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VON NEUEN BÜCHERN

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„Ewiger Humanismus.“ Schriften der österreichischen hüm an i s t i s c h e n Gesellschaft in Innsbruck. 1. Heft: Dr. Karl Jax, Österreichs humanistische Sendung. 23 Seiten. 2. Heft: P. Dr. Heinrich Suso Braun O. F. M. Cap., Humanismus als religiöses Anliegen. 19 Seiten. 3. Heft: Albin Lesky, Humanismus als Erbe und Aufgabe. 28 Seiten. ,4. Heft: Robert Muth, Humanismus und Wissenschaft. 24 Seiten.

In klarer Erkenntnis, daß die Zerstörung des Menschenbildes viel katastrophaler als die Verwüstung* der Wohnstätten des Menschen ist, haben sich in Innsbruck bereits im Frühsommer 1945 Männer und Frauen aus allen Kreisen zusammengefunden, um an der Selbstbesinnung des Mensdien auf seine Würde mitzuwirken und die Verkrampfung, die aus Fanatismus und Haß entstand, zu lösen. Den äußeren Rahmen für diese Bestrebungen bildet die „österreichische humanistische Gesellschaft“. Sie bekennt sidi zu einem zeitgemäßen Humanismus, der sidi nicht auf irgendeine der historischen Erscheinungsformen des Humanismus beschränken will, sei es der Humanismus der Renaissance, der Humanismus der Goethe-Zeit oder der erneuerte (dritte) Humanismus der letzten drei Jahrzehnte. Sie sieht es jedodi darüber hinaus als besonders fruchtbar an, die humanistischen Bestrebungen der letzten Epoche klar herauszustellen und zu prüfen. Im Jänner 1946 hat auch in Graz eine Arbeitsgruppe der Gesellschaft ihre Tätigkeit aufgenommen. Hier seien nur einige Worte zu den eingangs erwähnten Schriften vorgebracht, die als erste von insgesamt bis jetzt 16 vorbereiteten Heften erschienen sind.

Erst nach Abschluß der ganzen Reihe ist ein abgrundetes Bild von der Bedeutung des humanistischen Gedankens in Vergangenheit und Gegenwart, vor allem atipr für die Zukunft zu erwarten. Wenn wir schon vor Abschluß der Reihe auf diese Schriften hinweisen, so deshalb, weil wir aus diesen ersten vier Heften den Eindruck gewonnen haben, daß sie einen wertvollen Beitrag zu der geistigen Formung der Gegenwart darstellen.

Jax, der in ganz großen Zügen eine Geschichte des Humanimus oder besser hier des Lateinunterrichtes in österreidi gibt, wird in der Darstellung der letzten Jahrzehnte durch Muth ergänzt. Auch die starke positive Anerkennung der Eloquenz des ersten Humanismus' durch Jax findet durch L e s k y eine Vertiefung in ethischer, durch Muth in ontolo-gischer Hinsicht, wie überhaupt alle vier Schriften historische Aspekte bieten, so daß manches, was man bei Jax vermißt, bei den änderen Verfassern zum Ausdruck kommt. Aber gerade hier bleibt eine gewisse Unklarheit über die Allgemeingültigkeit des ,.historisdien Humanismus“, unter dem nicht jeder Weg zu einem sittlich erhöhten Menschentum gemeint ist, sondern nur „der sich in der Auseinandersetzung mit der Antike entwickelt hat“ (Lesky). Auch Jax scheidet den Humanismus im Sinne echten Menschentums aus dem Kreis seiner Betrachtung: „Es genügt, festzustellen, daß dieser Begriff unzertrennlich verbunden ist mit dem österreichischen Wesen ureigenster Prägung.“ Was aber Braun zur Begründung der Würde des Menschen vorbringt, gilt für den Menschen aller Zeiten und Zonen: überall ist der Mensch Mitte der Schöpfung, in jedem die. Gottähnlichkeit, für jeden Gott Mensch geworden. Das Christentum lehrt den Mensdien die Gefahren erkennen, die aus seinem Inneren kommen: die Brüchigkeit der Gesdiöpflichkeit, die Sünde als Verstoß gegen die Menschenwürde und als Revolte gegen Gott, der Hang zur Welt und der Fanatismus, und jene, die ihn von außen bedrohen: der Staat, die Masse, die Technik und die Dämonen Demgegenüber ist das, was Lesky zum Schutz des Menschen aus der Antike vorzubringen sucht: das Maßhalten in allen Dingen, der Ernst des Forschens nach Wahrheit und Gerechtigkeit, das Suchen nach dem Göttlidien und den unverrückbaren Gesetzen, die Anerkennung des Schönen, Guten und Wahren doch allzu stark überschattet von der Unsicherheit, welche aus der Angst vor der Hybrfs spricht, der nicht wegzuleugnenden Exklusivität, die nur den Hellenen, aber nicht den Barbaren anerkennt. Die Schwierigkeiten häufen sich, wenn Braun im Anschluß an Rüssel schreibt: „Das Christentum ist die Erfüllung der Antike und ihre Überbietung: ,es ist nicht etwas völlig Neues, vielmehr ist die ganze Antike unterwegs zu Christus hin. Daher kommt es auch, daß jeder lebendige Zugang zur Antike, nur durch das Christentum, nur durch den Fleisch gewordenen Logos möglidi ist'. Und andererseits ist aber auch das Christentum ohne Antike nicht recht verständlich.“ Es scheint uns mit dieser weitverbreiteten Anschauung eine gewisse Gefahr für den Universalismus der christlichen Lehre verbunden zu sein. Für das Abendland verständlich, wird sie als Weg für Indien, China oder den Islam sehr problematisch und der Erfolg, trotz aller Akkommodationsbestrebungen, gerade in diesen Gebieten wird gerade dadurch vielleidit hintangehalten, daß es an der praktischen Anerkennung anderer Geiste;wege zu Christus in der christlichen Unterweisung fehlt. Damit kommen wir auf jene Frage zurück, deren Beantwortung zwar ausdrücklich in diesen Schriften nicht gegeben werden soll, die aber, wie es aus den Titeln der weitern zwölf Hefte zu entnehmen ist, audi nicht angeschnitten ist: hat der historische Humanismus universale Bedeutung für die ganze Mensdiheit oder ist er nur der Weg des Abendlandes zu dem gleichen Menschenbild, das andere Kulturen ihrerseits auf anderem Wege erreicht haben?

„Dubrowsky.“ Von Alexander Puschkin, übertragen von Reinhold von Walter, 110 Seiten, Verlag Wilh. Frick, Wien.

Die berühmte abenteuerliche Erzählung Puschkins hat hier eine gute, leider mit einzelnen Kürzungen versehene Übertragung erhalten. Auch in dieser romantisch-sentimentalen Räubergesdiichte spiegelt ein Stück russische Sozialgeschidite und der tiefe Seelengrund russischen Wesens wider und macht die Erzählung auch heute nodi, mehr als hundert Jahre nach ihrer Entstehung, lebensvoll.

„Das Orakel von Elfi.“ Von Robert Maria D o m e r, Amandus-Edition, Wien.

Ein Dichter unserer Tage erzählt von seiner Kindheit in der österreichischen Bergheimat; Besinnlichkeit, herzerfrischender Humor, Wohllaut der Sprache madien diese kleinen Geschichten einer unbeschwerten Jugend zu einer liebenswürdigen Lektüre, die mit jeder Seite mehr von den drückenden Sorgen des Alltags befreit.

„Wege des Lebens.“ Ein Quersdmitt durch österreichisdie Traditionen. Von Paul Grat Thun-Hohenstein. Amandus - Edition, Wien. 148 Seiten.

Fernab von den allzu lauten Straßen unseres Alltags führt uns der Verfasser in anspruchsloser Bescheidenheit auf stillen Wegen des Le-

bens zu den kleinen Ereignissen hin, die aber doch die eigentlidien tiefen Geheimnisse des Lebens bleiben. Neben der Begegnung mit Stifter, Waldmüller, Girardi und anderen birgt der Band viel echtes österreichertum und die nach Stoff und Entstehungszeit verschiedenen Aufsätze bieten nicht nur interessante biographische und kulturhistorische Einblicke, sondern es wird in ihnen ein Hauch jener heimatlichen Atmosphäre spürbar, die „außer und über den Worten ist, wie beim Reden der Blick“.

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