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Abfangjäger - auch das noch?

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Was eigentlich bildet man sich in der österreichischen Run-desregierung ein, der Revöl-kerung noch alles zumuten zu dürfen? Wird man, ohne einen Psychiater aufzusuchen, zehn oder 20 Milliarden Schilling für neues Luftkampf-Gerät ausgeben, während man mit dem Sparpaket schon beinahe Jörg Haider zum Rundeskanzler gemacht und einen allgemeinen Zu-kunfts- und Europafrust ausgelöst hat?

Während reihum alle Staaten Kriegsgerät ausrangieren, reduzieren, verschrotten, konstruiert ein österreichischer Verteidigungsminister neue Sachzwänge: welche Luftschlachten wird seine geistige Rana-nenrepublik zu bestehen haben? Surft ihre Regierung wie das Raumschiff Enterprise gegen feindliche Mächte durchs Weltall, oder meint sie, mit Restjugoslawien in ein kriegerisches Ringen zu treten?

Apropos Restjugoslawien: die riesige serbische Luftwaffe wurde durch die Luftraumsperre der UNO binnen Minuten völlig lahmgelegt und jahrelang im Schach gehalten. Glaubt irgend jemand im österreichischen Verteidigungsministerium, daß unsere Gri-pen, Draken oder sonstigen Spielsachen auch nur eine Sekunde lang irgendein militärisches Gewicht haben könnten, wenn eine der Großmächte auch nur den Zeigefinger hebt?

1986 hat man uns den Nutzen der ersten Generation von Abfangjägern so erklärt: nicht, um einen Luftkampf zu bestehen, sondern um ein sowjetisches Flugzeug zum Abdrehen zu nötigen, das in den österreichischen Luftraum geraten ist. Ich frage in aller Rescheidenheit: welche Flugzeuge wollen wir diesmal zum Abdrehen nötigen? Vielleicht Charterflüge aus Griechenland, wenn wieder ein Touristik-Unternehmen pleite gemacht hat?

Nein, mit solchen Märchen kann in den neunziger Jahren niemand mehr überzeugt werden. Denn daß uns die Slowenen, Schweizer oder Deutschen irrtümlich überfliegen - das kann man wohl telefonisch oder per Internet diplomatisch ausräumen. Luftkämpfe scheiden ebenfalls aus — für so vernünftig halte jedenfalls ich die Herren des Verteidigungsministeriums. Rleibt nur noch technische Faszination. Aber müssen wir alle diesen Spieltrieb finanzieren?

Hier kommen wir dem Problem schon näher. Es wäre ungerecht, das gesamte Rundesheer zu beschuldigen, wenn eine so absurde Idee wie der Abfangjägerkauf geboren wird. Denn im Rundesheer leiden viele Menschen unter Fehlplanung und Fehlinvestition. Remerkenswert war schon 1987, wie es einer kleinen Abteilung gelang, durch Lobbying ihr acht Milliarden schweres Programm „Draken” durchzusetzen, während die Wehrmänner noch heute wie im Zweiten Weltkrieg auf offenen Piachenwagen transportiert werden - weil es an Russen fehlt. Rei Unfällen kommt es regelmäßig zu Schwerverletzten und loten in diesen Transporten.

Die Leidtragenden eines Kaufes von Flugzeugen sind die Steuerzahler - aber ebenso viele Abteilungen des Verteidigungsressörts und die Masse der Wehrpflichtigen. Eine so enorme Konzentration der Geldmittel auf das

Prestigeobjekt „Kampfflugzeuge”, macht alles ändere unmöglich, was dringend verbessert, reformiert werden könnte: Bodenausrüstungen, technische Ausrüstung zur Grenzbeobachtung, Information, Unterbringung und Infrastruktur (zum Beispiel endlich ein Transportangebot für abseits wohnende Grundwehrdiener).

Jörg Haider kann wieder lachen: über eine Begierung, die dringend soziale Sorgen hintanstellt, und ein Vermögen fjir Spielerei opfert. Ist es leichter, die breite Masse der Sparpa-ketsopfer zu enttäuschen als eine technisch begeisterte winzige Elite im Heer?

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