6767270-1968_40_10.jpg
Digital In Arbeit

Neue Räuber in den Banken

Werbung
Werbung
Werbung

Innerhalb der letzten vier Julitage und der ersten fünf Augusttage sind in Buenos Aires und Umgebung 26 Überfälle, eine große Zahl davon auf Banken, durchgeführt worden. Vor einigen Monaten ist mitten in der Stadt eine Filiale der Nationalbank ausgeplündert worden.

Die erbeutete Summe bewegt sich in der Höhe von 100 Millionen Pesos.

Für die Argentinier besteht eine enge Parallele zu einer anderen Form von Aktionen, für die allerdings keine Strafe im Gesetzbuch vorgesehen ist: es handelt sich dabei um die Tatsache, daß die privaten argentinischen Banken langsam von ausländischen Finanzorganisationen aufgesaugt werden, ein Phänomen, das auch in gewissen Produktions?. zweigen überhand nimmt So befindet sich z. B. die Tabakindustrie, nach dem Verkauf der Fabrik „Pairticulares“ an eine deutsche Gruppe vollkommen in den Händen von Ausländern.

Entgegen der möglichen Annahme sind nicht nur die traditionellen Kreise der argentinischen Nationalisten besorgt. Die verschiedenen Unternehmen haben sich schon besorgt geäußert und eine Zeitung vom Weltformait der „La Naciön“ hat dem Thema der Banken einen Leitartikel gewidmet. Die Zentralbank hat gewisse Regeln angeordnet, die sich auf die Bankaktivitäten beziehen und die in der Hauptsache anordnen, daß die Eigentümer von Aktienpaketen sich zu erkennen zu geben haben, was auch bei Transaktionen dieser Aktienpakete zu geschehen hat.

Vordermänner, Hintermänner

Die ganze Entwicklung hat mit dem Ankauf einer alten Institution begonnen. Spanisches Kapital, hinter dem die Macht der Chase Manhattan Bank zu vermuten ist, hat die Argentinische Volksbank angekauft (Banco Popular Argentino). Chase Manhattan seinerseits erwarb eine kleine Bank, die Argentinische Handelsbank. Das Bankhaus Morgan inkorporierte die Französische Bank von Rio de la Plata, City Bank die Banco de Bahia Bianca und Aitlanltico die von Mar de la Plata. Eine spanische Gruppe steht in Verhandlung mit der Tomquist Bank, während auf der Börse täglich wichtige Ankäufe der Wertpapiere der Italienischen Bank von Rio de la Plata zu verzeichnen sind. Dies läßt den Schluß zu, daß Irgend jemand versucht, die beiden zu fusionieren. Dazu kommt noch die große Zahl von neu eröffneten Filialen ausländischer Bankhäuser.

Die Regierung, die ihre wirtschaftlichen Anstrengungen darauf konzentriert hat, ausländisches Kapital ins Land zu bringen, kann in dieser Angelegenheit nicht hart durchgreifen, ohne dem Image der Gegenseitigkeit und der Vertrauenswürdigkeit, das sie im Ausland geschaffen hat, zu schaden. Anderseits ist es auf die hohe Rentabilität des Bankgeschäftes zurückzuführen, daß sich die ausländischen Kräfte vorzugsweise diesem Sektor zuwenden.

Außerdem ermöglicht der Besitz an Depositen den Eingriff in andere Operationen, ohne unbedingt eigenes Kapital zu besitzen, wobei solche Gundlagen eine gewisse Kreditmöglichkeit sicherstellen.

Das Eigenartige ist, daß trotz der Attraktivität des Bankgeschäftes

manche ihren Besitz abstoßen und in anderen Wirtschaftszweigen neu anlegen. Vielleicht liegt der Grund darin, daß das Kabinett ein neues Bankgesetz ausarbeitet. Irgendwann während der Ausarbeitung des Gesetzes war eine Norm aufgenommen worden, die die Garantie der Nation, alle Depositen in einer eigens dafür autorisierten Bankorganisation zu indossieren, aufhob. Die mehr ode® weniger kleinen Bankhäuser und die verletzbaren Finanzgruppen waren daher der Ansicht, (faß die Depositeure es vorziehen würden, die Garantien der großen Staatsbanken oder der enormen ausländischen Banken wie Chase Manhattan,

City, Boston oder Bank of America zu genießen.

15 Prozent Zinsen!

Es steht fest, daß die Übermacht des Finanzlebens auf die ausländischen Wirtschaftsgruppen übergegangen ist. Und das in dem Moment, da die Finanzen als Machitfaktor wichtiger sind als die Gruppe der Landwirtschaft und der Viehzucht. Weiters darf nicht vergessen werden, daß Argentinien unter einem Regime absoluter Freiheit und bei dieser Bewegung der Kapitalien seit eineinhalb Jahnen seinen Kurs unverändert gehalten hat, während die behördlich festgesetzten Geldzinsen 15 Prozent per annum ausmachen. Unter diesen Umständen bedeutet es für die ausländischen Banken ein ansehnliches Geschäft, Depositen nach Buenos Aires zu verlegen, sie kurzfristig zu verleihen und mit nirgends sonst auf der Welt möglichen Gewinn wieder in das Herkunftsland zurückfließen zu lassen.

Was ist Verbrechen?

Die Vorherrschaft des Finanzsektors manifestiert sich außerdem in einem ganzen Grundgesetz. Im kürzlich angenommenen Gesetz für Börsen und Geldmärkte werden die Börsenmakler davon befreit, vordem Fiskus die Personen oder Körperschaften bekanntzugeben, für die sie Transaktionen durchgeführt haben. Durch die Anhäufung schwarzer Fonds und dadurch ermöglichte Käufe von Aktien wird es für den Fiskus so gut wie unmöglich, die Aktienbesitzer ausfindig zu machen. Das vorgesehene Bankgesetz scheint einen ähnlichen Passus aufzuweisen, demzufolge die Banken keinerlei Verpflichtung gegenüber den Finanzautoritäten haben, Informationen über laufende Bankguthaben zu geben. Solcherart wächst das Image der Exterritorialität und Immunität der Finanzmacht, das?,|üt 4ignif(enV-, liehe Meinung anderseits ein wenig den. Anschein 'dgrh Ujjg et £ ejtT hat Man sagt gemeinhin: „Es ist kein Verbrechen, eine Bank auszurauben, ein Verbrechen ist es. eine zu eröffnen.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung