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Der Diakonat als eigener Stand

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Die Wiederentdeckung des eigenständigen Diakonats war im Konzil nicht ohne heftigen Widerspruch vor sich gegangen. Ein Teil der Konzilsväter sträubte sich gegen die Vorstellung, verheiratete Männer in einem kirchlichen Amt zu sehen, das Teilnahme an der Hierarchie bedeutet. Die seelsorgliche Situation und der Priestermangel als Antrieb sowie das neue Kirchenverständnis als Grundlage veranlaßten das Konzil aber dennoch, nicht länger auf eine jahrhundertelang erfolgreich eingesetzte Institution zu verzichten. Den regionalen Bischofskonferenzen wurde es überlassen, über Notwendigkeit und Form des Diakonats in ihrem Gebiet zu entscheiden.

Vor wenigen Wochen fand in Rom eine internationale Studienkonfe- renz mit 400 Teilnehmern aus 27 Ländern über den Diakonat in der Kirche statt, die die gegenwärtige Diskussion über das erneuerte Amt in der Kirche zusammenfaßte. In den Berichten der einzelnen Länder wurde fast durchweg die Einführung des selbständigen Diakonats verlangt. So unterschiedlich auch im einzelnen die Vorstellungen von der Tätigkeit des Diakons waren, so konnte doch bezüglich seiner Teilnahme an dem einen kirchlichen Amt und seiner wichtigsten Funktionen Übereinstimmung erzielt werden.

In den theologischen Grundlagereferaten wurde darauf hingewiesen (Pater Yves Congar, Karl Rahner), daß die echte Klärung der Frage des Diakonats nun ohne konkrete Experimente nicht möglich sei. Es werde in der nächsten Zeit darum gehen, in den Kirchen die psychologische Grundlage zu schaffen. Deshalb müßten zunächst wenige Kandidaten ins Auge gefaßt werden. Dabei gilt es, verschiedene Gefahren zu vermeiden, so etwa den Entzug von in der Katholischen Aktion und im Laienapostolat notwendigen Kräften oder eine Klerikalisierung von bereits jetzt von Laien wahrgenommenen kirchlichen Bereichen. Hier handelt es sich aber größtenteils nur um scheinbare Probleme, die durch die Neuabgrenzung der primären Aufgabe von Laien und Amtsträgern in der Kirche einerseits und durch die intensivierte Beseitigung der negativen Erscheinungen der „Klerikalisierung” anderseits von selbst gelöst werden.

In zwei Jahren die ersten verheirateten Diakone?

Der kirchliche Standort des selbständigen Diakonats ist durch die Diakonatsweihe bestimmt. Diese Weihe vermittelt eine Reihe sakramentaler, das Priestertum charakterisierender Vollmachten nicht, sie konstituiert aber doch eine eigene sakramentale und hierarchische Stufe, deren Kennzeichen die Dauer, der direkte Dienst an der Kirche und die besondere Bindung an den Bischof sind. Im Diakonat — und deshalb ist nicht die heutige Notsituation in der Seelsorge der eigentliche Grund der Wiedereinführung — wird ein besondere Funktion der Kirche und letztlich Christi sichtbar, nämlich die des Dienstes (diakonia).

Die treibende Kraft zur Erneuerung des Diakonats ist, neben verschiedenen Diakonatskreisen in europäischen Ländern, vor allem Lateinamerika. Manche Bischofskonferenzen, wie Argentinien, haben bereits jetzt der Reaktivierung dieses Amtes zugestimmt, die ersten Kandidaten werden bereits vorbereitet, so daß in spätestens zwei Jahren die Weihe der ersten Diakone, unter denen selbstverständlich auch verheiratete sein werden, zu erwarten ist.

Lateinamerika rechnet mit 100.000 Diakonen

„In den verheirateten Diakonen”, stellte der Bischof von Arecibo (Puerto Rico) als Sprecher der Lateinamerikaner auf der Diakonatstagung in Rom fest, „sehen Wir die Lösung unserer Schwierigkeiten durch die Vorsehung. Jedes Jahr können in den einzelnen Diözesen 20 bis 30 Diakone ausgebildet werden. In den über 500 Diözesen La- teinamerifcas könnten wir also mit 10.000 Diakonen rechnen, die in zehn Jahren auf 100.000 angewachsen, eine wertvolle Hilfe für die Priester darstellen werden.”

Auch in den Missionsländern wurde die Einführung des selbständigen Diakonats sehr befürwortet. Hier wird es vor allem um die sogenannten Katechistendiakone gehen. Diese Diakone könnten in den Landge-bieten die Gemeinden leiten, zu denen nur mehrmals im Jahr ein Priester kommen kann; außerdem sollten sie an der Seite der Bischöfe für Aufgaben der Verwaltung, der Caritas und der Wortverkündigung eingesetzt werden.

Wie verschieden die Situation ist, zeigte ein Bericht eines norwegischen Priesters, der feststellte: „Wir brauchen die Diakone, nicht weil wir nicht genügend Priester haben — sondern um den Priestern in ihrer Einsamkeit zu helfen und um sie vor einer möglichen persönlichen Verflachung zu bewahren.”

Ganz anders wiederum ist die Lage in den kommunistischen Ländern. Nach einem Referat von Kardinal Seper ist hier die Kirche derzeit noch nicht für eine Wiedereinführung des selbständigen Diakonats vorbereitet. Es fehlen die psychologischen und finanziellen Voraussetzungen. Es sei aber zu hoffen, daß doch in nächster Zeit vor allem nebenberufliche Diakone eingesetzt werden könnten, die neben dem Gottesdienst vor allem einen Neuaufbau und die Leitung von carita- tiven Einrichtungen durchführen könnten.

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