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Reihe „Christ heute“

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Theologie der Geschichte. Von Hans Urs von Balthasar. 64 Seiten. — Wie kam es zur Reformation ? Von Josef L o r t z. 72 Seiten. — Gefahren im heutigen Katholizismus. Von Karl R a h n e r SJ. 64 Seiten. Alle: Johannes-Verlag, Einsiedeln. Preis pro Band 4.50 Schweizer Franken

Die Sammlung „Christ heute“, an der hervorragende Gestalten des heutigen Katholizismus, wie Kardinal Suhard, Przywara, Urs von Balthasar mitarbeiten, ist gekennzeichnet durch Mut und Offenheit, die allein einen geistigen Anstoß in ein Neues zu geben vermögen. Hier ist noch Sprache: kühne, theologische Sprache, echte Auseinandersetzung, mag man auch manche Urteile, wie etwa das von Fleckenstein über Leibniz, nicht zum eigenen machen.

Urs von Balthasar geht in seiner „Theologie der Geschichte“ über Augustins Kampf zwischen den beiden Staaten hinaus. Der innerste theologische Sinn sei das Ringen Christi um seine Braut, die Kirche. So wird ihm das Leben Christi Grundlage jedes geschichtlichen Lebens und somit jeder Geschichte überhaupt. Alle christlichen Sendungen beruhen auf diesem Glauben, daß Christus durch seine ganze Existenz Mitte der Geschichte und Schöpfung ist. Daraus ergibt sich von selbst der Aufbau der Schrift: die Zeit Christi, der Einschluß der Geschichte in das Leben Christi, die Person Christi als Norm der Geschichte und die Geschichte unter der Norm Christi. Geschichte ist nicht nur eine Epiphanie Christi, sondern ein ständiges Gericht über die Kirche. Und so wird der Satz „Weltgeschichte ist Weltgericht“ in einem ganz neuen, theologischen Sinn verstanden.

Josef Lortz, der sich durch bedeutsame Werke als Reformationshistoriker ausgewiesen hat, f fragt: „W ie kam es zur Reformation?“ Aber er fragt nicht unverbindlich, sondern nimmt den Auftrag aus der Vergangenheit entgegen und sieht die Reformation als religiöses Anliegen heute. Es ist eine echte Besinnung, die in die Geschichte zurücksteigt, aus der unsere Gegenwart wurde. Das christliche Abendland ist entchristilicht, es ist aber das Abendland überhaupt entstanden, indem es christlich wurde. Es muß also entweder wieder christlich werden oder es geht zugrunde. Unter allen Gründen aber für die Entchristlichung ist keiner so wichtig wie

die Reformation. Denn duich diese Spaltung hat die Ueberzeugungsmacht der christlichen Verkündigung entscheidend gelitten. Die Mitschuld ist klar, die radikale Unzufriedenheit mit dem Klerus verständlich, dazu die thologische Unklarheit und die Unkraft des Glaubens. Leisten wir das Schuldbekenntnis nicht, wie es Papst Hadrian VI. so beispielgebend abgelegt hat, dann wird es weder menschlich noch christlich zu einer Verständigung kommen können. Es müssen die echt christlichen Kräfte frei werden und wirken.

Worin sieht Karl Rahner, „Gefahren im heutigen Katholizismus“? „Die größten Gefahren haben überall darin ihre besondere Gefährlichkeit, daß sie nicht bemerkt werden . . ., die größten sind immer die von innen.“ Nicht das Wasser um das Schiff, sondern das Loch im Schiff ist die eigentliche Gefahr. Solche Gefahren sind nicht durch Disputationen, sondern durch die Heiligen in der Kirche zu bannen. Die Gefahren — es wollen nicht alle aufgezählt sein — liegen erstens darin, daß sich der Mensch in seinen sittlichen Entscheidungen nur als einzelner fühlen will und das allgemeine Gesetz der Kirche mißachten möchte, zweitens, daß er sich in das Allgemeine, in die Situationsethik und in die Sündenmystik flüchtet. „Wir sind einmal Sünder, wir bleiben es. Es genügt, wenn man seine Sünde von der Gnade umfaßt weiß.“ Die Entwicklung des katholischen Romans gerade in den letzten Jahren ist immer neuer Beweis für diese Sündenmystik. Die dritte Gefahr heute ist die schleichende, nicht als solche erkannte Häresie, das Mißtrauen gegenüber dem kirchlichen Lehramt, das bewußte Auslassen mancher Glaubenssätze in der Verkündigung, die ausdrückliche Empfehlung, die Häresie latent zu leben. Die Vielgestalt der schleichenden Irrlehre von heute ist kaum zu fassen ...

Es kann ihr nur die Wahrheit entgegengelebt werden.

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