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Werbung, nicht Reklame!

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Wer sich heute durchsetzen will, muß werben, muß wirksam werben. Die genaue Kenntnis des Publikums, das für einen Wert gewonnen werden soll, und seine Umweltverhältnisse sind Voraussetzung für eine richtige Werbung.

Wie nimmt sich die bisherige sogenannte „Missionspropaganda“, die Werbung für das Werk der' Weltmissionierung, gegenüber den „300prozentigen Reklameanstrengungen“ unserer Zeit aus?

Der Chefredakteur einer deutschen Tageszeitung erklärte: „Man wundert sich, daß die katholische Weltmission es so wenig versteht, von ihrem Wirken in moderner Form zu berichten.“ Das Urteil von • Werbefachleuten über die bisherige Form der Missionspropaganda ist härter: Die Missions Werbung sei niveaulos, stillos, urteilslos und naiv.

Sie sagen: die Missionsblättchen erscheinen im „Käseblattformat“, ihr Druck ist schlecht, die Qualität der Photos und ihre Beschriftung primitiv („Zwei Neger vor Hütte“), ihr Inhalt harmlose Belletristik oder plumpe Bettelei; mit einem Wort des Journalistenjargons „die übliche katholische Sauce“.

Ferner sagt man: Missionsstatistiken sind vielfach unwahr, da ihre Zahlen absoluten Wert beanspruchen, während ihnen nur relativer Wert zukommt. So freut man sich beispielsweise, zu hören, daß es in Afrika unter einer Bevölkerung von 224 Millionen schon 24 Millionen Katholiken gibt, jedoch nur so lange man nicht weiß, daß sich die Zahl der Mohammedaner bereits auf 8 5 bis 90 Millionen beläuft, was unerwähnt bleibt. Es ist irreführend, zu erwähnen, daß in Japan jährlich 15.000 Bekehrungen zu verzeichnen sind, wenn man nicht erwähnt, daß die Gesamtbevölkerung Japans ' jährlich um l,2bo.ooo-ivcHst htm rth

! Weiter: Missionsvorträge Sind oft peirriieh'-' nichtssagend und langweilig, da sie offensicht-. lieh unvorbereitet gehalten werden. Dabei stehen meistens partikuläre Aspekte kleiner und kleinster Dimensionen im Vordergrund; statt etwas geboten zu erhalten, steht man in der Regel unter dem unangenehmen Eindruck, angebettelt zu werden. Das bei solchen Vorträgen gezeigte Bildmaterial muß häufig als geradezu schlecht bezeichnet werden.

Endlich: Insgesamt spiegelt die bisherige Form der Missionswerbung herzlich wenig von der Größe und den Problemen der Missionsarbeit. Im Gegenteil: ihr ,.Nicknegerleinsr.il“ führt eher zu einer bedauernswerten Verharmlosung des gigantischen Kampfes um die Seele Asiens und Afrikas. Man begnügt sich allzusehr mit billigen Augenblickserfolgen, meist pekuniärer Art, statt aus der Sicht des Corpus Christi Mysticum und dem universalen Charakter der Weltkirche und ihrer Aufgaben Tiefenwirkung und Missionsverantwortung von Dauer beim Publikum anzustreben. Man darf sich daher nicht darüber wundern, daß alles, was Mission betrifft, von vielen Gebildeten, ja selbst von Geistlichen als primitiv angesehen wird und Missionsvorträge bei ihnen unerwünscht sind.

Ist der moderne Durchschnittsmensch unter diesen Umständen überhaupt noch geistig erreichbar, für geistige Werte anzusprechen? Doch, denn hinter seinen negativen Charakterzügen verbirgt sich ein guter Kern:

Der moderne Mensch zeigt einen ausgesprochenen Drang zur Wahrhaftigkeit. Er ist ehrlich, will die ganze Wahrheit, Licht und Schatten, wissen. Er steht mit beiden Füßen in der Wirklichkeit (down to facts), hat Humor und ist aktuellen Fragen gegenüber aufgeschlossen. Er ist der Mensch des Heute, nicht des Gestern.

Um das verschüttete, überfütterte und betrommelte Ich des modernen Durchschnittsmenschen noch anzusprechen, ist echte Werbung originell, spritzig und zündend. Sie hat den Mut, es anders zu machen als die andern, andere Wege einzuschlagen als die alten, ausgetretenen. Darum langweilt die „erbauliche“ Durchschnittspredigt herkömmlichen konventionellen Stils. Der Fernsehprediger aber, der seine Ansprache mit der Frage begann: „Haben Sie Ihre Hundesteuer schon bezahlt?“ gewann sofort die Aufmerksamkeit der Leute vor dem Schirm: sie horchten auf; hier hatte einer den Mut, „anders zu sein“. Das imponierte. Sie schalteten nicht ab; der Mann auf dem Schirm wußte wohl etwas zu sagen.

Der gleiche Priester, der seine Fernsehpredigt mit der Hundesteuer begann, schrieb nach einer Inr!enreise einen Artikel, um einer kleinen indischen Schwesternkongregation, die sich selbstlos der Sterbenden annimmt, durch finanzielle Unterstützung aus bitterer Not zu helfen. Der in einer Kirchenzeitung veröffentlichte Artikel trug den Titel: „Hunde leben besser.“ Er begann: „Das Menü im Speisewagen kostet 5.60 DM. Dazu 40 Pfennig Trinkgeld, macht 6 Mark. Sechs Mark, das ist viel Geld. Ein Inder lebt davon...“ In diesem sachlichnüchternen Stil des heutigen Profitmenschen schildert der Verfasser die Selbstlosigkeit und Not der Schwestern. Unter dem Artikel war in kleinen Lettern die Kontonummer für Geldeinsendungen angegeben. Innerhalb von vierzehn Tagen liefen auf diesem Konto fast 60.000 DM ein.

Es ist nicht ratsam, dem heutigen empfindlichen Menschen auf die Zehen zu treten. Er kennt seine Schwächen, möchte aber nicht, daß man mit Fingern auf ihn zeigt. Dagegen ist er durchaus bereit, sich „den Schuh anzuziehen“, wenn man es humorvoll macht. Statt des üblichen langweiligen Schildes „Bitte, das Licht löschen!“, das kaum Beachtung gefunden hätte, ließ jemand humorvoll folgenden Satz in der Toilette anbringen: „Den Mann, der nach Ihnen das Licht löscht, mußten wir leider entlassen. Sollten Sie es aber gewohnt sein, daheim das Licht brennen zu lassen, so tun Sie es ruhig auch hier!“ — Als die Damen in einem Kino trotz wiederholter Bitten und Vorstellungen nicht ihre Hüte abzunehmen pflegten, erschien eines Tages folgendes Schild am Eingang: „Aelteren Damen ist das Tragen von Hüten während der Vorführung gestattet!“ Der Erfolg war durchschlagend.

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