Wo Gott uns erscheint

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Was schlichte Volksfrömmigkeit zur Anbetung der Heiligen Drei Könige gemacht hat, heißt in liturgisch korrekter Aussageweise Fest der Erscheinung des Herrn: "Erschienen ist uns die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes." Das ist der Kerngedanke jüdisch-christlichen Glaubens: dass Gott sich in Schöpfung und Geschichte als deren Urheber, Meister und Vollender zeigt.

Heilsgewissheit für jeden Menschen, der sich von Gott beschenken lässt, ist die Zusicherung, die wir der Religion verdanken. Durch Seher und Propheten, Weise und Boten aller Art hat Gott sich der Menschheit mitgeteilt. In Jesus Christus ist nach kirchlicher Lehre diese Art der Offenbarung zu Höhepunkt und Vollendung gelangt. Die Offenbarung Gottes in der Natur aber dauert an. Dazu hat uns Gernot Eder, österreichischer Atomphysiker und Leitfigur des Katholischen Akademikerverbandes durch Jahrzehnte, noch knapp vor seinem Tod Gedanken von rarer Klarheit und Schönheit hinterlassen.

Moderne Naturwissenschaft, argumentiert er, verträgt sich nur mit einem Monotheismus, der eine einzige Wirkkraft im gesamten Universum zulässt. Gott wirkt durch die Gesetze, die er in seine Schöpfung hineingelegt hat, und nur durch sie (also nicht, indem er sie bricht): Aus ihnen geht die Fülle des Seins hervor. Gottesliebe, Nächstenliebe und Gottvertrauen machen für Eder die zentrale Wirklichkeit des Glaubens aus. Der Aufweis der Menschenfreundlichkeit Gottes, "Erscheinung des Herrn" also, geschieht immer noch und immer wieder. Daher "kann kein Zeitpunkt angegeben werden, zu dem die Offenbarung Gottes abgeschlossen wäre."

Das heißt im konkreten Fall: Die Kirche muss wie alle Menschen in Demut nicht nur auf die religiöse Offenbarung ihres Stifters, sondern auch auf die Offenbarung Gottes in seiner Schöpfung hinhorchen, die uns die Wissenschaften erschließen. Und die Kirche muss Welt und Geschichte bejahen. Die größte Sünde an Lieblosigkeit könnte leicht jene larmoyante Weltablehnung sein, in der sich heute auch manche Kirchenvertreter gefallen.

Hubert Feichtlbauer ist freier Publizist und Vorsitzender der Plattform "Wir sind Kirche".

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