Facharbeiter bitte kommen

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Österreichs Arbeitsmarkt steht vor Herausforderungen wie dem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und einer sinkenden Anzahl an potenziellen Arbeitskräften auf Grund aktueller demografischer Entwicklungen.

Der Facharbeiter-Mangel in Österreich bzw. in der EU war ein großes Thema bei den diesjährigen Alpbacher Wirtschaftsgesprächen, die sich heuer die Frage stellten, ob es denn jemals wieder Vollbeschäftigung geben kann. Bereits bei der Definition, was unter Vollbeschäftigung zu verstehen ist, scheiden sich die Geister, denn oft wird eine Arbeitslosenrate von unter vier Prozent als Messlatte verwendet, doch auch der Umstand, dass alle Leute, die arbeiten können und wollen, eine bezahlte Beschäftigung haben, ist eine mögliche Auslegung. Österreich hat derzeit eine Arbeitslosenquote von 4,3 Prozent, und ist daher der magischen Vollbeschäftigungsmarke von vier Prozent schon sehr nahe. In einigen Bundesländern gibt es bereits Vollbeschäftigung wie Tirol, Vorarlberg, Niederösterreich und Oberösterreich. Demnach könnte man verleitet sein zu sagen, dass alles in Ordnung ist. Zu dieser Aussage ließ man sich in Alpbach aber nicht hinreißen. Eines der vordringlichsten Probleme dieser Tage ist der eingangs erwähnte Facharbeiter-Mangel. Laut der Zeit im Bild vom 31. August dieses Jahres fehlen derzeit 24.000 Facharbeiter auf dem Bau und im Tourismus. Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Markus Beyrer stellte klar, dass jeder Auftrag, den eine heimische Firma auf Grund des Mangels an qualifizierten Mitarbeitern nicht annehmen kann, der heimischen Wirtschaft erheblich schadet. Darum erhob die Industrie in Person von IV-Präsident Veit Sorger einmal mehr die Forderung, den Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern sofort zu öffnen. Politisch ist dies auch in der aktuell regierenden Großen Koalition nicht wahrscheinlich, wenngleich langsam Bewegung in die Sache zu kommen scheint. Vizekanzler Wilhelm Molterer legte in Alpbach die neue Marschrichtung fest: Ab 2008 soll es zu einer schrittweisen und sektoralen Öffnung des Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern kommen. Und er ist optimistisch, nun auch den letzten Sozialpartner für dieses Ziel ins Boot holen zu können. Für den Finanzminister ist klar, dass eine wachsende Wirtschaft die Voraussetzung für Vollbeschäftigung ist, und diese braucht ausreichend Facharbeiter.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sprach in Alpbach davon, dass er sich vorstellen kann, dass es bis 2011 noch Schutzmaßnahmen für Hilfskräfte gibt, plädierte aber für eine komplette Öffnung des Arbeitsmarktes für Facharbeiter und Akademiker ab dem Jahr 2009. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zog im Rahmen der ORF-Sommergespräche nach und sagte, dass der Arbeitsmarkt ab 2009 schrittweise und selektiv geöffnet werden soll, und dass diesbezüglich gemeinsam mit dem Arbeitsmarkservice eine Liste erstellt wird, in welchen Branchen Mangel an qualifiziertem Personal besteht, und wo der Arbeitsmarkt noch geschützt werden muss.

Für den ÖVP-Chef muss Österreich die Chancen, die sich durch die Internationalisierung und die Öffnung der Märkte bieten, nützen. Heute verdienen die österreichischen Firmen bereits 58 Prozent im Export. Österreichische Waren und Dienstleistungen müssen vor einem internationalen Hintergrund bestehen, das heißt, dass auch das hiesige Arbeitsrecht am Prüfstand des Wettbewerbes steht. Um den Facharbeiter-Mangel zu beheben, will der Finanzminister aber nicht nur den Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte öffnen, sondern auch verstärkt auf die Ausbildung der Menschen im Land setzen. "Die Facharbeiterausbildung muss weiterentwickelt werden", so der Vizekanzler. Er weist darauf hin, dass ihm von Seiten der Wirtschaft immer wieder zugetragen wird, dass der Wunsch, Lehrlinge auszubilden, zwar da ist, aber die Lehranwärter teils erhebliche Schwächen aufweisen. Sinnerfassendes Lesen oder auch grundlegende mathematische Kenntnisse sind oft nicht vorhanden. Auch Brigitte Ederer, Vorstandsvorsitzende von Siemens, weiß um dieses Problem, und sieht in Österreich vor allem das Problem, dass die Dinge zu eng diskutiert werden, denn schließlich sei es einerlei, wie die Schule heißt, sie müsse den aktuellen Gegebenheiten in der Gesellschaft entsprechen. Ederer sieht hier auch die Diskussion innerhalb der EU bezüglich einer Elitehochschule problematisch, denn die EU hat nichts von Verzettelungen auf Grund einer Standortdiskussion, denn "die EU braucht nicht nur einen "Forschungs-Leuchtturm, sondern sieben oder acht."

Neben der Facharbeiter-Diskussion beherrschte vor allem das Arbeitsmarkt-Modell Flexicurity die Wirtschaftsgespräche in Alpbach, und auch die Möglichkeiten von Mitarbeiter-Beteiligungen.

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