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Digital In Arbeit

Weg aus der Lohnsteuerfalle

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So plausibel der Ansatz, so heftig wird er von Industriellen Vereinigung und Wirtschaftskammer bekämpft. In der Regel, ohne sich mit der Materie eingehender auseinanderzusetzen. Der pawlowsche Reflex: „Das geht nicht - Das bringt nur Kosten” garniert mit den Killerphrasen „Wettbewerbs- und standortgefährdend” steht einer seriösen Diskussion entgegen. Das Verhalten der Wirtschaft ist zudem inkonsequent. Einerseits fordert sie Entlastungen, andererseits sträubt sie sich neue Wege zu gehen und beharrt auf dem tradierten System. Die Befürchtungen der Wirtschaft, hier könnten einseitig neue Belastungspakete geschnürt werden, sind unbegründet. Die von der GPA entwickelten Modelle sind für die Unternehmen weitgehend aufkommensneutral.

Bei jedem Betriebsbesuch das gleiche Bild: Man erfährt sofort, daß mit einer wesentlich geringeren Zahl von Beschäftigten ein Vielfaches an Gütern erzeugt werden kann. Die Produktivität und der Technologie-Einsatz ist schier überschießend. Die Lohn- und Gehaltssumme als Steueranknüpfungspunkt gibt kein Abbild der Wirtschaftskraft eines Unternehmens (mehr). Darin ballt sich eine Sprengkraft, die die Finanzierung der Staatsaufgaben akut in Gefahr bringt. Betriebe erzielen eine immer höhere Wertschöpfung, der Beitrag zur sozialen Sicherheit wird jedoch, ganz entgegen dem Belastungsgejammer, immer geringer. Dem Faktor Arbeit wird die ganze Steuerlast aufgebürdet, was den Unternehmen die Möglichkeit gibt, die Lohnnebenkosten (als einen Bestandteil der Arbeitskosten) plakativ anzuprangern. Doch es ist schon etwas dran. Arbeit, vor allem die Lohnsumme, ist in Osterreich überproportional hoch besteuert; nur daß wir von der GPA andere Schlußfolgerungen ziehen, als die Wirtschaftsseite. Für die Kommunalabgabe (drei Prozent), den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenaus-gleichsfonds (4,5 Prozent) sowie den Wohnbauförderungsbeitrag (0,5 Prozent) ist die Lohnsumme exklusiv Bemessungsgrundlage. Bei der letzten Etappe der Steuerreform wurden weitere acht Milliarden Schilling dem Faktor Arbeit aufgebürdet. Die Lohn-summensteuer wurde von zwei auf drei Prozent erhöht und heißt nun Kommunalabgabe. Die Gewerbesteuer, eine bislang vom Gewinn abhängige Steuer, wurde abgeschafft. Dazu kommen die Sozialversicherungsbeiträge, deren Anknüpfungspunkt ebenfalls die Lohnsumme ist.

Unbestritten, der Faktor Arbeit muß entlastet werden: Die GPA plädiert dafür, schrittweise eine „Abgabe auf alle Betriebsausgaben” einzuführen. Bei dem Modell der GPA werden alle Betriebsausgaben besteuert, also nicht nur der Personalaufwand, sondern auch Abschreibungen (Wertminderung von Sachanlagevermögen und immateriellem Anlagevermögen), sonstiger Betriebsaufwand (Verwaltungsaufwand, zum Beispiel Beratung, Büroaufwendungen, Beiseko-sten; Betriebsaufwand, das sind Instandhaltung, Versicherungen, Mie-

ten, Leasing; und Vertriebsaufwand, zum Beispiel Werbeaufwand, Frachten, Verpackungen sowie Rückstellungszuführungen) und die Aufwandzinsen. Auf Grundlage dieser Bemessungsfaktoren ist die Besteuerung wesentlich transparenter und effektiver, als bei einer Besteuerung auf Grundlage der betrieblichen „Wertschöpfung”. Anders als bei Dallingers Plänen soll die Umstellung auch schrittweise erfolgen.

Wir empfehlen mit der Umstellung beim Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds zu beginnen: Anstelle von 4,5 Prozent Besteuerung der Lohnsumme kann die Abgabe in zwei Etappen umgestellt werden. Nach und nach wird die Besteuerung der Lohnsumme verringert und werden Abschreibungen, sonstiger Betriebsauf wand und Aufwand-zinsen mehr und mehr besteuert. Wenn sich das Aufkommen nach den ersten beiden Jahren als beständig und aufkommensneutral erweist, kann mit der Umstellung einer anderen Abgabe, etwa der Kommunalabgabe fortgesetzt werden. In einer späteren Phase ist es durchaus überle-genswert, die Lohnsumme nicht mehr in die Steuerbemessungsgrundlage vom Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds und der Kommunalabgabe ein-zubeziehen. Als Bemessungsgrundlage wird dann der ”betriebliche Cash-flow herangezogen werden. Die Umstellung der Sozialversicherungsbeiträge kann auf gleichem Weg erfolgen. Begonnen werden könnte mit dem Arbeitslosenversicherungsbeitrag, in der Folge mit dem Krankenversicherungsbeitrag und zuletzt mit dem Beitrag der Dienstgeber zur Pensionsversicherung. Berechnungen zeigen, daß gerade jene Bereiche und Branchen, die einem starken internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, wie etwa die Sachgüterproduktion oder der Fremdenverkehr, von einer Wertschöpfungsabgabe entlastet werden. Quer über die Branchen macht die Mehr- oder Minderbelastung gerade zwei bis drei Prozent aus.

Häufig wird gegen die betriebliche Abgabe auch eingewandt, daß es nirgends in Europa eine Wertschöpfungsabgabe gebe und eine Umstellung einer von der Europäischen Union angestrebten Steuerharmonisierung zuwiderlaufe. Auch dieses Argument ist nicht stichhaltig. In Dänemark beispielsweise gibt es seit 1988 eine Wertschöpfungsabgabe in Form einer Arbeitsmarktabgabe.

Die Arbeits- und Betriebswelt ist im Umbruch begriffen, das können wir aus eigener Erfahrung jeden Tag selbst erleben. Wir können nicht mit zusehends obsoleten Steuerinstrumentarien den Sozialstaat von morgen gestalten. Es ist an der Zeit, das bisherige System behutsam zu verändern. Das Modell der GPA liefert dazu kompetente Vorschläge. Auch Sozialministerin Ilostasch hat sich grundsätzlich positiv zur Abgabe geäußert. Dies gibt Anlaß zu Optimismus. Die Abgabe auf betriebliche Aufwendungen ist ein zukunftsweisendes Konzept. Es ist Zeit sie auch umzusetzen.

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