Rehbock - © Foto: iStock/Andyworks

EU-Renaturierung: Naturschutz ist Selbstschutz

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Der innenpolitische Streit über das EU-Renaturierungsgesetz ist voll im Gange. Warum dieses Gesetz überlebenswichtig ist und es mehr Engagement vonseiten der Land- und Forstwirtschaft braucht – samt einer ökologischen Jagdreform. Ein Gastkommentar.

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Der innenpolitische Streit über das EU-Renaturierungsgesetz ist voll im Gange. Warum dieses Gesetz überlebenswichtig ist und es mehr Engagement vonseiten der Land- und Forstwirtschaft braucht – samt einer ökologischen Jagdreform. Ein Gastkommentar.

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Natur- und Artenschutz wird zu Zeiten der globalen ökologischen Krisen vom Steckenpferd der Naturfreaks zur Überlebensfrage für die Vielfalt des Lebens. Auch weil Naturzerstörung 20 Prozent der Treibhausgase verursacht. Moore oder naturnahe Wälder speichern langfristig mehr CO2 und emittieren weniger als intensiv genutzte Flächen. Daher kann es mit Dekarbonisierung alleine nicht gelingen, das Klima zu stabilisieren. Für die langfristige Bindung von Kohlenstoff und ein Verlangsamen jener Prozesse, welche etwa Methan freisetzen, benötigt es vielmehr intakte Ökosysteme. Daher fordern Experten, UN- und EU-Gremien unisono, 30 Prozent der Land– und Meeresflächen unter Schutz zu stellen bzw. nur extensiv zu nutzen. Indem man so wieder Raum für ökologisch-evolutionäre Prozesse schafft, sichert man auch die Lebensgrundlagen für uns Menschen.

Tatsächlich sollen nach dem im Februar vom Europäischen Parlament beschlossenen Renaturierungsgesetz bis zum Jahr 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU wiederhergestellt werden und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme – ganz im Sinne der EU-Ziele Klima, biologische Vielfalt und Ernährungssicherheit. Priorität haben bis 2030 die Natura-2000 Gebiete. Bis 2050 sollen auch 90 Prozent der landwirtschaftlichen Ökosysteme in einen guten Zustand gebracht und gehalten werden. Die Umsetzung wird angesichts der komplexen Interessenslagen jedoch große Anstrengungen erfordern.

Denn so grün Österreich auch erscheinen mag – es gibt gravierende Natur- und Artenschutzprobleme, etwa in Form zu weniger und vernachlässigter Schutzgebiete. Über die Jahrzehnte verschlechterten sich die Erhaltungszustände der meisten, im Rahmen der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie regelmäßig untersuchten Lebensräume und Arten. Besonders schlecht geht es den Fließgewässern. Großteils kanalisiert, für die Stromgewinnung genutzt und in Konkurrenz mit einer intensiven Landwirtschaft, verloren sie ihre Mäander und Schotterbänke, ihre Auen und Überschwemmungsgebiete, die ja nicht „bloß“ Lebensraum sind, sondern auch Pufferzonen gegen Überschwemmungen. Etwa 80 Prozent der heimischen Fischarten sind gefährdet oder bereits ausgestorben. Aber noch immer vergreift man sich selbst an den Kernzonen, plant etwa den großen Ausbau des Kraftwerks Kaunertal auf Kosten alpiner Natur. Und trotz des internationalen Spitzenwerts von elf Hektar Flächenverbrauch pro Tag (!) wollen die Bundesländer noch immer keine verbindlichen Einschränkungen beschließen.

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