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ONORM A 20.050

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Alles bisher Gesagte ist grundsätzliche Voraussetzung für Richtlinien für die Ausschreibung und Vergebung von Bauaufträgen. Die Regeln der öffentlichen Ausschreibung sind in der ÖNORM A 20.050 verankert. Sie bedürfen keiner wesentlichen Änderung oder gar einer gesetzlichen Untermauerung, sie bedürfen lediglich einer einwandfreien und sauberen Handhabung. Wenn ein Versagen dieser ÖNORM festgestellt wurde, waren meistens die abgeschlossenen Vergabeverträge schuld daran. Das kann nicht wundernehmen, wenn man weiß, daß bis heute für die verschiedenen Gebiete der Bauvorhaben keine einheitlichen Ausschreibungsunterlagen bestehen. Hier wäre der Hebel anzusetzen, für jedes Fachgebiet von zentraler Stelle Ausschreibungsunterlagen zu erarbeiten, die die Auslegungsschwierigkeiten auf ein Minimum einschränken sollten. Es fehlt an einheitlichen Leistungsverzeichnissen, die für jede Bausparte in ganz Österreich gültig sein sollten. Es sei nur auf das sogenannte „W 6“ hingewiesen, das seinerzeit der Wohnhauswiederaufbaufonds herausgegeben hat, das sich so bewährte, daß es eine Anzahl von öffentlichen Stellen, wie Länder und Gemeinden, sogar Private und das Ausland als Unterlage für ihre Ausschreibungen im Hochbau benützt haben. Es spricht für die Qualität dieses Verzeichnisses, daß sogar Anerkennungsschreiben aus dem Ausland dafür vorliegen. Ein solches Sammelleistungsver-zeichnis muß textlich alle nur denkbar möglichen Varianten enthalten.damit der Anbieter ein einwandfreies Anbot nach Art und Umfang des Bauvorhabens ersteilen kann. Solange aber Leistungsverzeichnisse von Fall zu Fall und für jeden Fall anders erstellt werden, wird es immer zu Auslegungsschwierigkeiten und zu Streitigkeiten kommen.

Für die Vergabe von Bauten der öffentlichen Hand wäre ein Vergleich der Anbote bei Vorliegen von exakten Ausschreibungsunterlagen nicht schwer. Daß der Billigstbieter nicht immer der Bestbieter ist, ist schembar in Österreich noch nicht überall ausreichend bekannt. Daß die Gesamtanbotsummen allein noch keine Richtschnur für die Vergabe sind, sollte auch bedacht werden. Mit einheitlichen Leistungsverzeichnissen und den vielen Ausschreibungen, die jährlich in Gesamtösterreich gemacht werden, müßte es einer zentralen Stelle möglich sein, die angebotenen Preise jeder einzelnen Position zu analysieren. Das Ergebnis dieser Analyse müßte von geschulten Fachleuten mit eigenen Kalkulationen verglichen werden, um so tatsächlich zum richtigen und gerechten Preis zu gelangen. An diesen Kalkulationen sollten auch Vertreter der Bauinnung mitarbeiten. Das Ergebnis dieser Analysen sollte allen ausschreibenden Stellen laufend zur Verfügung stehen, damit* sie in der Folge Richtlinien für ihre Entscheidungen haben.

Klare Ausschreibungsunterlagen, klare Leistungsbeschreibungen würden zu klaren Anboten mit echten Preisen führen. Klare Anbote würden eine einwandfreie Überprüfung und eine einwandfreie Bauvergebung ermöglichen. Die Verwendung von allgemein anerkannten Formblättern würde Arbeit ersparen. Ein wesentlicher Bestandteil dös Vergabevertrages müßte aber auch der Zeitplan sein. Es ist bekannt, daß die Termine, die derzeit in den Verträgen festgehalten werden, unrealistisch sind. Die wenigsten Verträge beinhalten Zeitpläne, die zu einer konzentrierten Bautätigkeit zwingen und die den Ersteher verpflichten, einen ausreichenden Mensohen-und Maschineneinsatz zu gewährleisten. Solange aber in Österreich die Verpflichtung für ein konzentriertes Bauen nicht schon in der Ausschreibung und bei der Vergabe fixiert wird, wird es zu keiner preisgünstigen Bauausführung kommen. Natürlich setzt diese Verpflichtung baureife Projekte voraus. Pönale für Nichteinhaltung von Bauzeiten haben sich nicht bewährt. Es wäre manchmal zweckmäßiger und billiger, Prämien für vorzeitige Fertigstellung zu gewähren. Vielleicht würden dann manche Schlafstellen zu betriebsamen Baustellen.

Wenn Dr. Seipels Worte nochmals in Erinnerung gebracht werden, so hat dies im Zusammenhang mit der Bauaufsicht eine besondere Bedeutung. Die Bauaufsichtsorgane der öffentlichen Hand gehören nicht fallweise, sondern nach Möglichkeit ständig auf eine Baustelle, sie dürfen nicht angemeldete oder erwartete Besucher der Baustelle, sondern müssen harte und verantwortungsbewußte Prüfer sein. Aber auch sie selbst müssen überprüft werden. So war es einmal. Da es bei der Vielfalt der Bauten sicher schwierig ist, für jede Baustelle ein eigenes, beamtetes Bauaufsichtsorgan zur Verfügung zu haben, wäre doch die Heranziehung von befugten Zivilingenieuren, die beeidigt sind, und damit Behördenfunktion ausüben, aber auch in ihrer Tätigkeit ihre Existenz im Falle eines Versagens aufs Spiel setzen, billiger und zweckmäßiger. Die Abrechnung der Bauten beschränkt sich in der Regel auf die massenmäßige und preisliche Überprüfung des Bauwerkes. Nie aber wird eine Nachkalkulation durchgeführt und werden die Endkosten mit den bei der Projektierung errechneten Kosten verglichen. Sollten bei nicht gerechtfertigten Bauüber-schreitungen die Verantwortlichen nicht doch zur Rechenschaft gezogen werden?

Es mag sein, daß die Durchführung mancher hier vorgeschlagenen Anregungen einer gesetzlichen Regelung bedarf. Soweit es sich um Bauten des Bundes handelt, kann der Bund aber im eigenen Wirkungsbereich tätig werden. Für Bauten der Länder und Gemeinden müßte ein Kollegialübereinkommen die allgemeine Anwendung ermöglichen. Oberster Grundsatz sollte aber bleiben: Gesetze allein verbürgen noch lange nicht eine sparsame Verwendung der Steuergelder, auf die Praxis kommt es an!

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