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Die mögliche künftige Entwicklung

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Bei den Frauen hätte umgekehrt die Veränderung der demographischen Komponente eine Abnahme von zirka 21.000 zur Folge gehabt, während sich aus der Veränderung in der sozialwirtschaftlichen Komponente ein Zuwachs von zirka 81.000 errechnen läßt. Aus der gegensätzlichen Bewegung dieser beiden Einflußgruppen ergibt sich ein Nettozuwachs von 60.000. Der Rückgang der Erwerbsintensität in den Altersgruppen 60 und älter ist in seiner Auswirkung auf die Gesamtzahl weiblicher Berufstätiger durch die Zunahme der Erwerbsquoten in den Altersstufen bis unter 60 überkompensiert worden.

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über die vermutliche künftige Entwicklung der Zahl der Berufstätigen zu kommen. Prognosen über die voraussichtliche Entwicklung der Zahl der Berufstätigen sind viel problematischer als Prognosen der Gesamtbevölkerung, da eine Vielfalt demographischer, sozialer und wirtschaftlicher Einflußfaktoren in Rechnung zu stellen ist. (Die Eingliederung ausländischer Arbeitskräfte bleibt außerhalb des Gesichtskreises der folgenden Betrachtungen.) Je verfeinerter derartige Prognosen werden, desto schwieriger wird eine Beurteilung ihrer Aussagekraft, denn jede neue Variable, für die gewisse Annahmen zutreffen sind, bringt auch ein neues Element der Unsicherheit ins Spiel.

Hiezu kommt, daß auf verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens durch den Gesetzgeber Maßnahmen eingeleitet wurden, deren Auswirkungen auf die Beteiligung der davon betroffenen Bevölkerungsgruppen am Erwerbsleben zur Zeit noch nicht überschaubar sind; dies gilt vor allem für die Verlängerung der Schulpflicht ab Herbst 1966 durch Einführung eines 9. Pflichtschuljahres und für das unter bestimmten Voraussetzungen „vorzeitige“ Ausscheiden aus dem Berufsleben (Senkung des Pensionsalters). Beide Faktoren wirken in Richtung auf eine Verringerung des künftigen Angebotes an Arbeitskräften. Bei den Männarp düpften in den von, diesen MaißrfchmiBli’ nichj, „betroffe-

nen Altersstufen (also etwa vom 25. bis zum 55. Lebensjahr) die Arbeitskräftereserven ziemlich ausgeschöpft sein. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß in diesen Altersstufen eine nennenswerte Erhöhung der Erwerbsquoten wahrscheinlich ist. Außerdem dürfte sich auch im gün stigsten Fall der Zuwachs in bescheidenen Grenzen halten, da zwischen 25 und 55 — wie erwähnt — praktisch alle körperlich und geistig gesunden Männer in das Berufsleben eingegliedert sind. Es wäre daher unrealistisch, auf der Männerseite mit einer ins Gewicht fallenden Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes zu rechnen.

Der Männerüberschuß schwindet

Noch schwieriger sind die Prognosen für die berufstätigen Frauen, wo drei Faktoren auf eine Reduzierung des Arbeitskräfteangebotes hinwirken, nämlich die Verlängerung der Schulpflicht, die bedingte Herabsetzung des Pensionierungsalters sowie die zu erwartende Veränderung in der Zusammensetzung der weiblichen Bevölkerung nach dem Familienstand. Während die beiden ersten Faktoren auch die Zahl berufstätiger Männer beeinflussen, ist die. Bedeutung der Familienstandsgliederung für den Umfang der Erwerbstätigkeit ein Spezifikum der Frauen. Aus der demographischen Entwicklung ist abzulesen, daß heute mehr geheiratet wird als früher dm jüngeren Alter, eine Entwicklung, die wahrscheinlich noch — einige Zeit zumindest — andauern dürfte; hiefür sprechen auch die zu erwartenden Veränderungen im Geschlechtsverhältnis der heiratsfähigen Bevölkerung, denn mit dem Abklingen der kriegsbedingten Störungen wird der „Männerüberschuß“ die Alterspyramide hinauf wandern und somit die Heiratschancen der Mädchen bessern.

Die verheiratete Frau

Die für die künftige Entwicklung wichtigste Einzelposition stellen die verheirateten Frauen dar; ihre Erwerbsquoten sind in allen Altersstufen — mit Ausnahme der Verwitweten — die niedrigsten oder anders ausgedrückt — hier besteht das absolut größte Reservoir an Reserven. Von den verheirateten Frauen im Alter von 14 Jahren und darüber stehen etwa zwei Fünftel im Berufsleben. Die hohe Zahl darf aber nicht zu Fehlschlüssen über die außerhäuslicheErwerbstätigkeit verheirateter. Frauen führen,, eno, von den 640,009 berufstätigen verheirateten, Frauen .sind rund ,200,000 als mithelfende Familienmitglieder in der Land- und Forstwirtschaft tätig.

Die ledigen Frauen haben fast durchweg die höchsten Erwerbsquoten aufzuweisen, die sich in den jüngeren und mittleren Altersstufen nur wenig von jenen der Männer unterscheiden.

Die Last der Berufstätigen

Die Frage, inwieweit die auf der Frauenseite bestehenden Arbeitskraftreserven nutzbar gemacht werden können und sollen (die Einstellung der Gesellschaft zur außerhäus-liehen Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen war in den letzten Jahrzehnten mehrfachem Wandel unterworfen), ist für alle Bemühungen um eine Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes in Österreich von zentraler Bedeutung; nur von dieser Seite kann mit einer nennenswerten Entlastung in der Relation Berufstätige- Nichtberufstätige gerechnet werden.

Diese Relation Berufstätige-Erhal- tene ist sozialpolitisch von großer Bedeutung. Während 1951 auf je 100 Berufstätige 107 Nichtberufstätige entfielen, hatten zehn Jahre später 100 Berufstätige für 110 Nichtberufstätige zu „sorgen“; letzten Endes lastet auf den Berufstätigen die wirtschaftliche Erhaltung der Nichtberufstätigen (die sich aus Pensionisten, Rentnern usw. und Erhaltenen zusammensetzen). Für 1971 aber würde — soweit sich die Entwicklung gegenwärtig beurteilen läßt — ein Anwachsen dieser „Belastungsquote“ auf 133 pro 100 Berufstätige (oder um 25 Prozent gegenüber 1951!) zu erwarten sein, wobei bei dieser Schätzung versucht wurde, den Auswirkungen der im Anlaufen befindlichen sozial- und kulturpolitischen Maßnahmen annähernd Rechnung zu tragen.

Sorgenvoller Ausblick

Wenngleich hier ein gewisses Element der Unsicherheit im Spiel ist, so kann doch gefolgert werden, daß bis 1971 eine Verbesserung im Verhältnis dieser beiden Gruppen zueinander (Berufstätige ; Nichtberufstätige) nicht zu erwarten ist, sondern im Gegenteil alles für eine — quantitativ nicht unerhebliche — Verschlechterung spricht. Man wird hier besonders auf die Dynamik der Entwicklung achten müssen; während von 1951 auf 1961 die Be-

lastungsquote nur unwesentlich (um knapp 3 Prozent) angestiegen ist, muß für den Zeitraum 1961 bis 1971 mit einer Erhöhung um 20 Prozent gerechnet werden!

Man wird freilich die hiemit aufgeworfenen sozialpolitischen Probleme, die manchmal mit Schlagworten wie: „Wer wird unsere Renten bezahlen?“ zur Diskussion gestellt werden, nicht nur von dieser Perspektive aus beurteilen dürfen, sondern auch die Entwicklung der Pro-Kopf-Produktivität der Berufstätigen (damals entfielen auf 100 Berufstätige 92 Nichtberufstätige!), parallel gegangen mit einer Steigerung des Lebensstandards, die letzten Endes dadurch ermöglicht wurde, daß die Produktivitätssteigerung die Verschlechterung in der Relation dieser beiden Gruppen zueinander immerhin schon mehr als wettgemacht hat.

i Die Erwartungszahlen wurden dadurch gewonnen, daß die nach dem Alter differenzierten Anteilsquoten der Berufstätigen an der jeweiligen Gesamtbevölkerungszahl des Jahres 1951 auf den Altersaufbau 1961 übertragen wurden.

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