Überlebensmittel der Menschheit, Furche Nr. 26, 27. Juni 1984.
Der Text stammt von Hanns Sassmann ( 1997; Bild), Styria-Generaldirektor von 1968 bis 1994, der am 30. Juni 80 Jahre alt geworden wäre. Es fügt sich gut, dass an diesem Tag zum 25. Mal der Furche-Heurige stattfinden wird: Sassmann, der mit der Übernahme durch die Styria 1976 die Furche vor dem drohenden Aus gerettet hatte, blieb dieser Zeitung - auch in seiner Funktion als Mitherausgeber bis 1994 - stets verbunden, was sich nicht zuletzt in seiner regelmäßigen Anwesenheit bei deren frühsommerlichem Fest manifestierte.
Die Begegnung von Glaube und Kultur fordert uns als Medienfachleute heraus, Leben herzustellen, Leben neu werden zu lassen, ja die Durchdringung von Glauben und Kultur wiederherzustellen. [...] Wie steht es also um die Kultur in den notwendigen innerkirchlichen Auseinandersetzungen, den gesellschaftlichen und politischen Kontroversen? Wie steht es um die innere Kultur derer, die mit Noblesse diese Auseinandersetzungen zu führen bestimmt sind? [...] Erkennen wir die Leiden, die Verluste und die Defizite einer menschlich-kulturellen Gesamtbefindlichkeit in unserer Zeit? Wir können und dürfen uns dieser Frage nur angstfrei stellen. Das Phänomen aber, dass in einer allzu deutlich gewordenen permanenten Tristesse, in Agitation, Provokation und Zynismus sich zugleich ein Verlust des Musischen, des befreienden Humors und der wahren und den Menschen erhebenden Sinnenfreude längst ergeben haben, darf nicht übersehen werden. [...] Oder lassen Sie mich verweisen auf den Maler Günter Brus. In einem Interview meinte er, es ginge heute um "die vergrabenen Paradiese und ihre Wiederentdeckung". [...] Gerade wir Christen wissen, dass Kunst nicht nur Zierde, Luxus oder elitäre Hochkultur sein will, dass Kunst nicht, wie Otto Mauer einmal sagte, zur "Verhübschung" des Lebens da ist. Wir wissen, dass auch die Daseinstrauer Gegenstand des Künstlerischen zu sein hat. Doch zugleich müssen wir darauf hinweisen, es wieder bewusst machen, dass der Mensch, der sein eigener Gott sein will, zu seinem eigenen Ungeheuer wird. [...] In der kulturellen Wirklichkeit von heute werden wir ... Anwalt des Menschen und Anwalt der Freiheit sein, einer Freiheit, die sich nicht trennen lässt von der Verantwortung.
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