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Der Wald und der Mensch

19451960198020002020

Wald und Mensch — Waldgeschichte des Alpenvorlandes Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Von Felix von Hornstein. Verlag Otto Meier, Ravensburg 1951. Preis Leinen geb. DM 38.—

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Wald und Mensch — Waldgeschichte des Alpenvorlandes Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Von Felix von Hornstein. Verlag Otto Meier, Ravensburg 1951. Preis Leinen geb. DM 38.—

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„Der Wald 1st die Mutter der Fruchtbarkeit, daher ist die Waldgeschichte die Geschichte der Fruchtbarkeit der Länder.' Mit diesem Satze bekräftigt der Verfasser des schönen vorliegenden Werkes aus dem geschichtlichen Erleben des Alpenvorlandes eine Wahrheit, die vergessen zu haben die Menschen oft teuer bezahlt haben und trotzdem immer noch zu vergessen bereit sind. Er erinnert daran, daß schon Platon über die Sünden spricht, die von den Menschen wider die Natur begangen wurden; sie haben das waldreiche Attika in eine verkarstete Landschaft verwandelt, die „gleichsam nur mehr das Knochengerüst eines durch Krankheit angegriffenen Leibes darstellt. Was der Mensch mit dem Wald im Alpenvorland begann und welchem Zustand die Gegenwart für Bestand, Hut und Pflege des Waldes vorfindet, das schildert der Verfasser aus dem Wissen des erfahrenen Natur- wissenchafters, der das Landschaftsgebiet aus minuziöser Kenntnis .bearbeitet. Er hat uns wahrlich viel zu sagen, denn in ihm vereinigt sich der liebreiche Freund und Erforscher der Natur mit dem Historiker, er sucht eine waldgeschichtliche Forschung in dem zeitlichen Ablauf der Waldentwicklung aufzuzeigen, Erkenntnisse herauzustellen, die „ebenso für die Vegetationskunde, für die Waldgeographie, als auch für die Forstwirtschaft brauchbar“ sind. Als Beispiel für seine Sachbehandlung sei seine Charakteristik des „Kober- nauser Waldes angeführt, des gewaltigen oberösterreichischen Forstes, der mit dem Hausruck zu. den größten Waldgebieten zwischen Donau, Inn und Traun gehört. Noch Anfang des 12. Jahrhunderts reichte der Hausruck, wie geschichtliche Ortsbestimmungen erkennen lassen, bis in die Nähe von Grieskirchen, Der Name Kobernauser Wald wird erst im 18. Jahrhundert, wie Hornstein feststellt, gebräuchlich, an seinen Urnamen „Silva Hohenhart oder „Nemuš Hodienhart , dessen Wurzel schon im 9. Jahrhundert zutage tritt und die im 12. Jahrhundert gebräuchliche Namensform darstellt, erinnert noch der Ort Hohenhart am nordwestlichen Abhang, der einst mitten „im hohen Hart gelegen gewesen sein mag, bis große Rodungen ihn von seinem Waldmantel loszulösen begannen. Bis ins spätere Mittelalter hinein breiteten sich hier noch Urwaldbestände. Der Autor vermerkt, daß noch Ende des 19. Jahrhunderts im Kobernauser Wald zweihundert- bis zweihundertfünfzigjährige Buchenbestände und riesige eingesprengte Tannen zu finden waren.

Frühzeitige Vorschriften zum Schutz des Waldes zeigen an, wie bald die Notwendigkeit einer planvollen Erhaltung des Waldbestandes als Gemeinschaftsinteresse erkannt wurde. Schon im Jahre 1467 geht Kaiser Friedrich III. mit Anordnungen für einen methodischen Waldschutz im Wienerwald vor, der im 11. Jahrhundert von Kaiser Heinrich II. in dem Raum zwischen Schwechat und Liesing an den Babenberger Heinrich I. als Reichslehen gegeben und durch Schenkungen Kaiser Konrads durch Ausdehnung südlich bis an die Piesting und nördlich bis an die Donau vergrößert worden war. Der Wienerwald blieb Jahrhunderte lang ohne stärkere Innenbesiedlung. Unter dem Schutze des Landesherrn wurde er, wie Felix von Hornstein feststellt, „von großer und anhaltender Verwüstung wenigstens in seinem verkehrsentlegenen Kerne verschont", so daß sich die ursprünglichen Baumarten, wenn auch in einem veränderten Verhältnis zueinander, erhalten konnten. Mit dem Jahre 1553 erhielt auch für den Wienerwald die „Ferdinandea , die durch Kaiser Ferdinand I. erlassene Bergordnung, Geltung, die nicht nur das Berg-, sondern auch in sehr glücklicher Art das Forstwesen regulierte. Dadurch, daß sie die „Hoch- und Schwarzwälder als landesfürstliches Kammergut erklärte und den Wienerwald in einem „Neuen Waldbuch , sozusagen grundbücherlich beschrieb und einheitlichen Regeln unterwarf, wurde dem Wienerwald nahe der Großstadt mit ihrem gewaltigen Holzbedürfnis ein Schutz gewährt, dem wir bis heute den Bestand dieses kostbaren Gesundbrunnens für Wien verdanken. Es mag dies eine Mahnung für uns Menschen von heute bedeuten, diesen herrlichen Besitz, der uns durch die Klugheit und Sparsamkeit und die strenge Wirschaft durch ein halbes Jahrtausend bewahrt geblieben ist, mit größter Sorgsamkeit und Bedacht- nahme weiter zu pflegen. Die im 16. Jahr-

hundert durch die „Ferdinandea" erfolgte Verstaatlichung war keine willkürliche Sequestration, gab nicht nur Kloster- und Herrschaftsgut frei, sondern auch die Bürger- und Bauernwälder, die in nachweisbarem Privateigentum standen. Der „Ferdinandea", der 1541 eine eigene Waldordnung für Tirol vorangegangen war, ist es auch zuzuschreiben, daß die innerösterreichischen Länder allgemein eine bis ins 19. Jahrhundert in Geltung gebliebene einheitliche Ordnung des Berg- und Fortswesens besaßen, der die Maßnahmen regsamer bayrischer und erzbischöflich-salz- burgischer Verwaltungen nicht gleichkamen.

Wenig bekannt ist daß Niederösterreich noch bis in das 19. Jahrhundert hinein einen echten Urwald in der Talfalte südlich von St Ägyd am Walde unter dem H o c h s a 11 e 1 hatte, den halbtausendjährige Baumriesen bevölkerten. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erschloß sich langsam dieses Zauberreich, von dem vor hundert Jahren immer noch zweitausend Joch jungfräulichen Urbestandes vorhanden waren.

Die Lektüre des vorliegendes Werkes, das den Fachmann begeistern kann, aber auch für den Laien viel Hochinteressantes aussagt, ist noch genußvoller gemacht durch eine reiche Bebilderung zu der Meisterwerke der Malerei und des Griffels herangezogen wurden. Ein dichterisches Gemüt verleiht diesem Buche, dem Preis des Waldes und seiner Kostbarkeit für den Menschen, eine sympathische Wärme.

Forstdirektor i. P. Dipl.-Ing.

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