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Katastrophale Budgetkürzung

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Jedes Land”, meint Bundesdenk-malamtspräsident Gerhard Sai-ler, „hat die Denkmalpflege, die sich der Staat leisten will.” Europas westliche Industriestaaten geben jährlich sechs bis zehn Prozent ihres Budgets für den Denkmalschutz aus, Österreich ist er zwei Prozent wert. Dabei ist es gerade die Kulturlandschaft, die Österreich für den Tourismus attraktiv macht.

Bedeuten die Sparmaßnahmen im Verband mit dem geringen Anreiz zum Sponsoring und der starren Bürokratie - das Denkmalamt muß Spenden dem Finanzministerium abliefern, die erst nach Bearbeitung durch ein Dutzend Beamte zurückerstattet werden - das Ende des „Denkmals”? Präsident Sailer weiß, daß alles, das heute nicht saniert wird, morgen entweder kaputt ist oder zumindest um vieles mehr kostet. Und der Landeskonservator von Niederösterreich Werner Kitlitschka, in dessen Obhut sich die meisten denkmalgeschützten Objekte befinden, fürchtet, die Rampe der Wiener Universität werde nicht das einzige einsturzgefährdete Bauwerk bleiben. Kann man sich doch fallweise nicht einmal Stützpfeiler leisten.

Die Budgetkürzung von bislang 204 Millionen Schilling auf heuer 109 Millionen Schilling bedeutet für das im Unterschied zu den Museen nach wie vor ohne Teilrechtsfähigkeit agierende Denkmalamt, daß 2.000 von langer Hand ins Visier genommene Arbeiten entweder mit entsprechenden Kostensteigerungen von 1995 in das Jahr 1996 verlagert werden müssen oder überhaupt nicht ausgeführt werden können.

In Wien, wo die Bauten des Historismus seit ihrer Errichtung vor etwa 150 Jahren nur nach Kriegsschäden repariert, aber nie restauriert worden sind, ist die Situation sehr kritisch. Ungewiß bleibt es deshalb auch, wann mit der auf rund 250 Millionen Schilling geschätzten Instandsetzung der Altlerchenfelder Kirche, der bedeutendste Sakralbau des romantischen Historismus in Österreich, begönnen werden kann. Gleiches gilt für das Maria-Theresien-Denkmal und die Denkmäler des Prinzen Eugen, Erzherzogs Karl und des Fürsten Schwarzenberg. Verzögert werden außerdem unter anderem die Schadensbehebungen an den Sarkophagen der Kapuzinergruft und an den Skulpturen im Belvederegarten.

In Niederösterreich mußten 150 eingeplante Denkmalschutzmaßnahmen abgesagt werden. Darunter befindet sich die Schloßkapelle von Dross und die Burg Senftenberg sowie die Notsicherungen an den Ruinen Falkenstein und Kreuzenstein.

In Oberösterreich standen 164 Restaurierungen auf dem Programm, 73 wurden abgeblasen, die restlichen werden sehr reduziert wahrgenommen werden. Auf der Strecke bleibt der spätgotische Arkadenhof in der Kirchengasse von Steyr.

In der Steiermark sind vor allem die Renaissanceschlösser Greifenberg und Spielfeld sowie die römischen Ausgrabungen der Villa Löffelbach von den Streichungen betroffen. In Tirol muß man sich auf die Hälfte der 165 Denk-malvorhaben beschränken. In Kärnten werden die Arbeiten an den meisten der auf das Mittelalter zurückgehenden Filialkirchen eingestellt.

Die Bodendenkmalpflege hat für unerwartete Fundbergungen nichteinen Groschen übrig und kann neben den ganz Österreich betreuenden acht angestellten Archäologen keinen Freiberufler mehr beschäftigen.

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