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Etemitziegel für den Stephansdom?

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Der Unterausschuß zur Beratung der Novelle zum Denkmalschutzgesetz hat am Donnerstag der Vorwoche seine Arbeiten abgeschlossen. Die Einwände der Kirche gegen die vorliegenden Formulierungen wurden von den Vertretern der Regierung mit einem Lächeln abgetan. Sie scheinen wenig Eindruck gemacht zu haben. Warum sollten sie auch, wo doch in anderer Materie nicht einmal die Unterschrift von 900.000 Wahlberechtigten einmal eingenommene Positionen lockern konnten …

Die Sprecher der Kirche haben seit dem Beginn der Beratungen um ein neues Denkmalschutzgesetz betont, daß sie den beabsichtigten Veränderungen positiv gegenüberstehen. Für die Kirche war der Denkmalschutz immer selbstverständlich, sind doch die meisten Baudenkmäler, auf denen Österreichs kultureller Ruf und nicht zuletzt seine Attraktivität als Fremdenverkehrsland basieren, kirchlicher Herkunft. Die Kirche hat für den Denkmalschutz ungeheure Leistungen erbracht, auch unter großen Opfern. Sie ist bereit, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit diese Opfer auch weiterhin zu erbringen - im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit eben, nicht auf Kosten essentieller seelsorglicher Aufgaben.

Mindestens sechzig Prozent aller Baudenkmäler in Österreich stehen im kirchlichen Eigentum. Zu ihnen gehören die bedeutendsten Wahrzeichen Österreichs, vom Stephansdom bis zu den Stiften Melk, Klosterneuburg, St. Florian, Kremsmünster und Lilienfeld.

Allein in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Beratungen um das neue Gesetz (1971 bis 1975) hat die Kirche zur denkmalmäßigen Erhaltung ihrer Bauten - über die zur reinen Substanzerhaltung anfial- ‘ lenden Kosten hinaus, - aufgebracht:

• seitens der Diözesen 971 Millionen,

• seitens der Orden 312 Millionen,

• seitens der Pfarren etwa 600 Millionen Schüling.

Die Zahlungen der Diözese verschlangen fast ein Fünftel ihrer Kirchenbeitragseinnahmen, die zur Deckung ihrer seelsorglichen Aufgaben bestimmt wären. Die Aufwendungen der Orden mußten nicht nur aus Einnahmen aus eigenem Vermögen abgedeckt werden, sondern auch durch Verkauf von Liegenschaften, also aus der Vermögenssubstanz. Für die Zuschüsse der Pfarren mußten die Gläubigen meist zusätzlich zu den normalen Kollekten tief in die Tasche greifen.

Fast zwei Milliarden Schilling also, die die Kirche in nur fünf Jahren aus eigenem für den Denkmalschutz aufgebracht hat oder durchschnittlich 377 Millionen jährlich. Ihnen steht einerseits ein - seit drei Jahren unverändert gebliebener - Subventionssatz des Bundes für den Denkmalschutz von 39 Millionen gegenüber, mit dem alle einschlägigen Aufgaben subventioniert werden sollen, also nur zu einem Teil jene, der Kirche. Ihnen steht aber anderseits auch die Tatsache gegenüber, daß der Finanzminister allein aus der Mehrwertsteuer für die durchgeführten Arbeiten pro Jahr nicht weniger als 66 Millionen aus kirchlichen Leistungen abzapft.

In den nächsten fünf Jahren werden nochmals fast drei Milliarden Schilling zur Erhaltung der Baudenkmäler aufgewandt werden müssen, davon etwas mehr als die Hälfte aus Kirchenbeitragsmitteln. Die kirchlichen Rechtsträger können dies nicht aus eigenem. Ohne eine vermehrte Förderung durch die öffentliche Hand scheint daher der Bestand kirchlicher Denkmäler gefährdet. Hiezu kommt, daß die rund 6400 Eigentümer von’ Kirchen, Stiften und sonstigen Gebäuden, die nach dem Gesetz für die

Erhaltung haftbar gemacht werden können, meist ohne Vermögen sind.

Die Kirche hat auch ihre Vorstellung einer zielführenden Neuregelung vorgelegt. Sie sehen vor allem die Erweiterung jenes Paragraphen 5 vor, der sagt, daß zu den Kosten für die Erhaltung von Denkmälern Subventionen gewährt werden können. Hier müßte vorgesehen werden, daß auf jeden Fall jene Kosten zu ersetzen sind, die aus den Vorschriften des Bundesdenkmalamtes über jene einer normalen Instandhaltung nach den Vorschriften des Baurechtes hinaus erwachsen. Im Klartext: Was kostet die Eindeckung des Stephansdoms mit Eternitziegeln? Und wieviel mit glasierten Farbzie- geln, wie sie bei der Neueindek- kung nach dem Wiederaufbau verwendet wurden? Der Unterschied wäre zu ersetzen. Dies sieht auch das Salzburger Altstadterhal tungsgesetz vor. Zur Finanzierung sollte jährlich eine Münzausgabe erfolgen, deren Münzgewinn zweckgebunden einzusetzen wäre. Die zu schützenden Objekte könnten als Motive dienen.

Weiters sollen Denkmaleigentümer von der Grundsteuer für Baudenkmäler befreit werden. Soweit sie nicht vorsteuerabzugsfähig sind, sollten ihnen die in den Rechnungen für die Erhaltung aufscheinender Umsatzsteuerbeträge re- fundiert werden.

Ein Passus des neuen Gesetzes sieht vor, daß denkmalgeschützte Objekte nur mit Bewilligung verändert werden dürfen. Diese Bewilligung müßte aber erteilt werden, wenn die Veränderung für die Ausübung des Gottesdienstes notwen-

Die Bischofskonferenz stellt fest:

Die Kirchq hat viele Opfer für den Denkmalschutz gebracht und kann den Aufgaben des Denkmalschutzes nur nach

Maßgabe der vorhandenen Mittel nachkommen. Jährlich werden durchschnittlich etwa

370 Millionen Schilling für die kirchliche Bauerhaltung aus kirchlichen Mitteln gegeben. In der Weiterführung der vielen Resolutionen, die in den letzten Jahren von der Kirche gemacht worden sind, um realisierbare Möglichkeiten für den Denkmalschutz zu finden, erwartet die österreichische Bischofskonferenz, daß das Parlament als Bundesgesetzgeber eine gesetzliche Formulierung beschließt, daß überall dort, wo öffentliches Interesse für den Denkmalschutz besteht, der Staat verpflichtet ist, den entsprechenden Beitrag zu leisten, der die durch den Denkmalschutz erwachsenden Mehrkosten abdeckt.

Wenn jedoch die Erhaltungspflicht dem Eigentümer jedes denkmalgeschützten Objektes allein auferlegt wird, kommt" diese Erhaltungspflicht einer totalen Zweckentfremdung kirchlicher Mittel gleich. Dies wäre aber ein Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Kirche und würde die der Kirche garantierten Rechte verletzen.

dig wird, weil sonst die ursprünglichste Zweckwidmung von Kirchen nicht gewahrt bliebe. Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanum verlangt in vielen Fällen eine Umgestaltung des Kirchenraumes.

Die Kirche begrüßt grundsätzlich den „aktiven Denkmalschutz“, der im neuen Gesetz als neuer Begriff eingeführt wird. Angesichts ihres großen Denkmalbestandes und ihrer beschränkten Finanzkraft ist die Kirche aber nicht in der Lage, diesen Bestand ohne vermehrte Hilfe durch den Staat auch zu erhalten.

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