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Geld mangelt

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Im Dickicht der Städte herrschen eigene Gesetze. Das gilt vor allem für die Denkmalpflege, die sich gerade im großstädtischen Raum mit immer brennenderen Problemen konfrontiert sieht. Aktuelle Fragen der Denkmalpflege in der Großstadt waren auch das Thema der Konservatorentagung 1984, die vom 7. bis 11. Mai in der Bundeshauptstadt stattfand.

Die Bodenspekulationen, die zu vermehrten Abbruchforderungen führen, das geringe Traditionsbewußtsein sowie der Veränderungsdruck, der vor allem in der Geschäftswelt stark ausgeprägt ist, nannte der Landeskonservator für Wien, Hofrat Peter Pöt-scher, als einige spezifische Probleme.

Dazu kommen noch die Schadstoffemissionen, die Erschütterungen durch den Verkehr sowie die schlechte Sandsteinqualität vieler Bauten. Nicht zuletzt ist es Geldmangel, der den Denkmalschützern Einschränkungen auferlegt. Optimismus verbreitete dagegen der Präsident des Bun-desdenkmalamtes, Gerhard Sai-ler: „Eine zehnprozentige Subventionierung der Gesamtkosten ist meist ein solcher Anreiz, daß die restlichen 90 Prozent aus anderen Quellen flüssiggemacht werden können."

Eines der größten und wohl auch kostenaufwendigsten Projekte in Wien ist die Wiederinstandsetzung der von Otto Wagner erbauten Vorortelinie mit dem Ziel der Einbindung in das U-Bahn-Netz. Sind technische Probleme auf der 9,5 Kilometer langen Strecke — wie etwa die beschränkte Tragfähigkeit der Brückenkonstruktionen — weitgehend gelöst, so beginnt zurzeit die Instandsetzung der völlig verfallenen Stationen. Bisher wurden für dieses Großprojekt, das noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, 809 Millionen Schilling (80 Prozent vom Bund, 20 Prozent von der Stadt Wien) aufgewendet.

Die Gesamtrestaurierung der Stanislaus Kostka-Kapelle in der Wiener Innenstadt aus Anlaß des Papstbesuches (Kosten: 900.000 Schilling), die Instandsetzung der Außenfassade des Kapuzinerklosters und der Kirche sowie als „Dauerbrenner" Schloß Schönbrunn waren zuletzt Schwerpunkte für die Denkmalpflege in Wien. Im Schloß Schönbrunn [ werden zurzeit das Dach neu gedeckt sowie das Porzellan- und: das Millionenzimmer restauriert, die Neuverglasung des Palmenhauses steht bevor.

Neu in den Blickpunkt des Interesses gerückt sind die Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit, prominentestes Beispiel ist der Karl Marx-Hof — bereits eine Touristenattraktion. Die in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren errichteten Wohnhäuser — für die damalige Zeit Pionierleistungen und erstaunlich solide gebaut — stellen nun Wiens Denkmalschützer vor große Probleme. Zu kleine Wohnungen mit schlechtem Ausstattungsstandard, alten Fenstern und nichtvorhandenen Aufzügen erfordern komplette Sanierungsprogramme.

Der Zusammenhang von Wirtschaft und Denkmalpflege war ein anderer Diskussionspunkt der Konservatorentagung. Die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Bauwirtschaft und in hochqualifizierten gewerblichen Berufen ist ein viel zuwenig beachteter Aspekt bei der Erhaltung von Kulturgütern — was nicht zuletzt dem Fremdenverkehr zugute kommt. Aber auch der Finanzminister kann sich freuen. Die jährlichen 90 Millionen Schilling Bundessubventionen für Restauriervorhaben ergeben bei einer durchschnittlichen Subventionshöhe von 10 Prozent der Gesamtkosten ein Wirtschaftsvolumen von fast einer Milliarde Schilling, für jeden Subventionsschilling fließen zwei Schilling an Steuer zurück.

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