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Sinnvolle Lösung

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„Gondeln für Schönbrunn?" fragte die FURCHE (50/ 1989) angesichts der Pläne, Schloß und Tiergarten an Privatunternehmer zu ver­pachten. Der Wirtschaftsmi­nister antwortet.

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„Gondeln für Schönbrunn?" fragte die FURCHE (50/ 1989) angesichts der Pläne, Schloß und Tiergarten an Privatunternehmer zu ver­pachten. Der Wirtschaftsmi­nister antwortet.

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Es fällt mir bei der Lektüre etlicher Artikel über die an­gebliche „Privatisierung" von Schönbrunn manchmal schwer, ernst zu bleiben. Selten wurde der­art blühender Unsinn geschrieben. So manche Geschichte scheint nach dem Grundsatz zustande gekom­men zu sein: Lieber nicht recher­chieren, sonst stirbt meine Story.

Vom „Disneyland" bis zu Gon­deln im Park (wo eigentlich?) war da die Rede. Heißluftballons in Form von Mozartkugeln (worin besteht da der kommerzielle Nut­zen?), kostümierte Reservekaiser, ja der Zeitgeist persönlich - (beinahe) alles wurde aufgeboten. Sogar das europäische Abendland ist wieder einmal gegen den „american way of life" aus dem Fundus geholt wor­den. Eine eigenartige Koalition von elitären Parkkennern (die am lieb­sten Volk und Touristen aussper­ren möchten) und wachsamen lin­ken Etatisten (die bei jedem priva­ten Pachtvertrag schon die res publica gefährdet sehen) ist hier am Werk. Worum aber geht es wirk­lich?

Schönbrunn ist ein kulturpoliti­sches Juwel. Aber eines, mit dem eben dieser Staat in den vergange­nen Jahrzehnten recht achtlos umgegangen ist. Es mag ja sehr schön sein, den Reiz der langsam verfallenden Parkbauten, des Schlosses, des Tiergartens zu foto­grafieren, aber in Wirklichkeit ist eigentlich ein Skandal, was dort täglich zu beobachten ist:

Die Verkehrslösung beim Eingang ist lebensgefährlich. Die Busse blei­ben nebeneinander stehen und speien Hunderte Besucher aus, Fußgänger laufen bei Rot über die Westeinfahrt, die dort eine wahr­haft bedrohliche Rennstrecke ist. Die Garderoben sind unzureichend. Wartemöglichkeiten gibt es kaum. Oft laufen Hunderte Besucher bei Schlechtwetter mit tropfenden Mänteln und Regenschirmen durchs Schloß. Die Fenster sind (obwohl es längst bessere technische Möglich­keiten gibt) ganztägig abgedunkelt.

Führungen kommen stoßweise, weil es an Absprachen mit den Wiener Touristikbetrieben - Ho­tels, Reisebüros - und Führern mangelt. Die Gäste haben nach der Führung kaum eine Chance, in einem ordentlichen Geschäft Bü­cher, Poster, Fotos oder Souvenirs zu erwerben. Die gastronomische Versorgung ist unzureichend und abgelegen. Die Tierhaltung im Zoo steht seit langem im Kreuzfeuer der Tierschützer.

Die Kompetenzen sind auf vier verschiedene Ministerien verteilt; für Schloß, Tiergarten, Wagenburg, Theater, Bad, Palmenhaus und Wohnungen gibt es jeweils getrenn­te Verrechnungskreise, kein ge­meinsames Marketing, die Einnah­men stehen nicht Schönbrunn zur Verfügung, sondern verschwinden irgendwo im Budget-Nirwana. Der geschätzte Investitionsbedarf liegt bei zirka 300 bis 600 Millionen Schilling.

Am Anfang und zugleich End­punkt einer kulturpolitischen Konzeption (die gar nicht von mir stammt, mir aber sehr gut gefällt) steht die Idee eines „Museumpark West": Schloß Schönbrunn, Auer-Welsbach-Park, Technisches Mu­seum. Eine tiefgelegte Verkehrslö­sung der Westeinfahrt, ein Zubrin­ger von der U-Bahn und eine ein­heitliche wirtschaftliche Führung sind dafür allerdings die Voraus­setzungen.

Im Sommer wurde nach einer Grundsatzdiskussion mit den be­troffenen Dienststellen, Schloß­hauptmannschaft und Tiergarten von Minister Erhard Busek und mir eine Etappenlösung vorgeschlagen. Bis Ende August meldeten sich nach einer öffentlichen Interessentensu­che siebenundzwanzig Bewerber, diedie gestellte Aufgabe, die Schau­räume des Schlosses, den Tiergar­ten, die Orangerie und die Wagenbürg zu führen, erfüllen wollen. Dabei sind Auflagen vorgegeben worden - das Gelände müsse frei und öffentlich wie bisher zugäng­lich bleiben, der Park selbst werde in die Pacht nicht einbezogen (wo also Gondeln?), die Auflagen des Denkmalschutzes müßten selbst­verständlich voll respektiert wer­den und weder in der Orangerie noch im Schloß käme ein Hotelpro­jekt in Frage. Ich selbst habe dann noch entschieden, daß nur österrei­chische Betreiber in die engere Wahl herangezogen werden.

Somit werden die restlichen Bewerber Mitte Jänner in einem Hearing von Minister Busek und mir befragt werden und dann fällt die Entscheidung. Selbstverständ­lich ist dabei der Denkmalschutz beigezogen und persönlich habe ich noch Hof rat Walter Koschatzky als Sprecher eines Vereins der Freun­de Schönbrunns zu dem Hearing eingeladen.

Zusammenfassend also nochmals meine Grundsätze: • Schönbrunn ist Attraktion ge­nug. Wer billige Spektakel sehen will, möge andere Angebote besu­chen. Wir müssen aber viel Geld aufbringen, um diesem Anspruch Schönbrunns zu genügen. 500 Mil­lionen Schilling ist keine kleine Summe.

• Der Tiergarten ist der älteste Ba­rock-Zoo der Welt (mit allen Pro­blemen der Tradition). Ein Sofort­programm für bauliche und tier­pflegerische Maßnahmen soll bis Ende Jänner, ein Gesamtkonzept unter Einbeziehung des Biologen Antal Festetics (weniger Tiere, Lösung der Raubtier-, Affen- und Elefantengehege) bis Sommer vor­liegen und dem Betreiber zur Durchführung überbunden werden.

• Die Wagenburg kann als wesent­liches Zusatzangebot für Besucher in der Qualität der Präsentation noch deutlich gesteigert werden. Die Orangerie soll im Sommer für kulturelle Angebote genutzt wer­den. Ob eine umweltfreundliche Beförderung am Rand des Parks vom Schloß zur Gloriette für ältere oder behinderte Personen ermög­licht wird, ist noch nicht entschie­den. Ich wundere mich nur über so manche Kritik darüber, denn bis­her hat sich auch noch niemand über die Pkw-Zuf ahrtsmöglichkeit für die Wohnungsbenutzer aufge­regt.

• Wirtschaftlich geht es nicht dar­um, die Zahl der Besucher zu erhö­hen, sondern die Wertschöpfung des einzelnen Besuchs (derzeit 3 5 Schil­ling pro Kopf der rund zwei Millio­nen Gäste) zu heben.

• Zuletzt: Ich finde es gar nicht so schlecht, daß über eine so wichtige Frage auch ein handfester öffentli­cher Diskurs entsteht. Mir wird ohnehin viel zuviel über Nummern­tafeln, Minikraftwerke oder Gur­kenkrümmungen per Verordnung diskutiert. Das Gespräch sollte nur fair und sachlich bleiben und weit­gehend auf Unterstellungen ver­zichten.

Übrigens: Wer hat bisher daran Anstoß genommen, daß seit Jahren eine private Betriebsgesellschaft die ehemalige Winterwohnung des Kaisers (Hofburg) gepachtet hat und zu aller Zufriedenheit erfolg­reich führt?

Das Abendland hat nicht ge­wankt. Daher bin ich auch sehr zuversichtlich, für Schönbrunn eine sinnvolle Lösung zu finden.

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