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Arbeitsgemeinschaft für Kunst und Wissenschaft

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Es erscheint paradox, daß gerade der Künstler und Wissenschafter, der doch wie kaum ein anderer Mensch zu Individualismus und Eigenbrötlerei neigt und auch neigen soll, jetzt immer mehr nach Zusammenschluß drängt. Aber der Zug zur Massierung wird selbst dort, wo kein politisches System zu ihm nötig, als ein hartes Gebot der Stunde empfunden. Auch der Freischaffende konnte ja auf die Dauer nicht übersehen, welche Leistungen Gewerkschaften und andere Berufsorganisationen für die lohnmäßige und soziale Sicherung der ihnen Zugehörenden vollbracht haben.

Der österreichische Gelehrte hat seit einem Jahrhundert sein Genügen darin gefunden, einen Fachverband als Stätte für eigene Forschung und für Gedankenaustausch mit seinesgleichen zu besitzen. Er hat diese Gesellschaften zu kleinen Gelehrtenrepubliken ausgebaut, und ihre Verwaltungsarbeit ehrenamtlich übernommen, als die Lage der Kriegs- und Nachkriegsjahre es erforderte. Schwere Bedenken waren schon zu überwinden, ehe diese 90 wissenschaftlichen Verbände sich zur Interessengemeinschaft des Notringes zusammenschlössen, der in vereinheitlichter Organisation Kostensenkung bei Leistungssteigerung erstrebt.

Je schwerer der fallende Stein wiegt, desto weitere Wellenringe zieht er im Wasser, und je härter die Kulturkrise ihren Druck ausübt, desto mehr weiten sich die Kreise jener, die in solche Vereinigungen einbezogen werden wollen. Uber die Bereiche des Notringes hinaus umgreift der später geschaffene Z e n-t r a 1 r a t für die österreichische Wissenschaft alle Organisationen, die mittelbar und unmittelbar für die Förderung der Wissenschaft tätig sind, und wiederum über diesen Zentralrat hinaus sucht nunmehr eine Arbeitsgemeinschaft für die österreichische Kunst und Wissenschaft eine lückenlos geschlossene Front zur Wahrung der Interessen aller Kulturträger des Landes aufzustellen.

Den Aufruf zum ersten Treffen am 25. Juni zeichneten Hof rat Dr. R. Dolberg als Vizepräsident des Österreichinstituts, Professor Dr. H. Hassinger als erster Vorsitzender des Notringes der wissenschaftlichen Verbände, Kammerschauspieler Professor W. Schmidt als Präsident der Sektion Bühnenangehörige in der Gewerkschaft der Angestellten der freien Berufe und Professor K. S t e m o 1 a k als Präsident der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs.

Ein vorläufiger Ausschuß der Fach-

gruppen Wissenschafter, Schriftsteller, Komponisten und ausübende Musiker, bildende Künstler, Bühnen- und Filmangehörige, Verleger und Kulturfreunde will bis zur konstituierenden Versamm-' lung ein Arbeitsprogramm über die dringlichsten Aufgaben der Kulturgemeinschaft vorbereiten. Es dürfte sich darin vorwiegend um die Fragen handeln, wie den Kulturschaffenden der gebührende Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten und eine Vertretung bei allen das Kulturleben berührenden Maßnahmen zu sichern ist, wie sich eine budgetmäßige Verankerung ihrer unbestrittenen Ansprüche erreichen läßt und wie in voller Schwere der Verantwortung einsichtig zu machen ist, daß der Ruf Österreichs mit der Leistung und den Arbeitsmöglichkeiten der Kulturschaffenden untrennbar verbunden ist.

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