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Chancen für Österreich?

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Überraschend wenig Platz widmete man in der politischen Tagesarbeit und in den österreichischen Massenmedien der Tatsache, daß nunmehr die angestrebte europäische Gipfelkonferenz doch, und zwar schon im November, stattfinden soll. Einstweilen scheint sich hier für Österreich eine der letzten Chancen zu ergeben, im Sog der neuen Europafreude ein EWG-Arrangement zu erhalten.

Schon im Sommer hatte sich die von - Pompidou inaugurierte Regierung in Frankreich nach anfänglichen erwei- j terungsfeinidllichen Erklärungen immer mehr zu einer EWG-freund- j licheren Haltung durchgerungen. Damit wurde nicht nur eine der poli- į tischen Sensationen des Sommers ge- j liefert, sondern bei den beitrlttswer- : benden Ländern Großbritannien, j Norwegen, Dänemark, Schweden, Irland und dem arrangwnentfreudi- gen Österreich auch die Hoffnung geweckt, der „Gaullismus in Frankreich sei überwunden”.

Eine deutsch-französische Konferenz brachte zumindest die lang ersehnte und gewünschte Gipfelkonferenz, die beide politischen Blockaden der Franzosen noch im heurigen November beenden könnte.

Eine Außenministerkonferenz in Brüssel folgte. Tagesordnung dieser Sitzung war es allein, Programm, Datum und Ort dieses Gipfeltreffens vorzubereiten.

In der EWG-Kommdssion in Brüssel ist man allerdings ob eines solchen Morgenrots im Westen Europas keineswegs voll von Optimismus. Denn sowohl Kiesingers Ausspruch nach den deutsch-französischen Konsultationen: „Die europäische Politik ist in ein etwas freieres Fahrwasser gekommen” noch die Äußerung Schu- mans: „In der Substanz unverändert, aber in der Form geschmeidiger”, ließen dies zu.

In London nahm man die Meldung von der EWG-Gipfelkonferenz sogar mit Zufriedenheit auf. „Das ist das beste, was wir in der gegenwärtigen Situation erreichen können”, meinte ein Sprecher der englischen Regierung. Daß man allerdings hofft, schon die Gipfelkonferenz im November würde den Bann von Großbritannien nehmen, verschweigt man auch nicht.

Nunmehr will man in Gesprächen auf Außenministerebene und im November dann auf einer Gipfelkonferenz untersuchen, welche Probleme schon derzeit nit dem Eintritt Großbritanniens und der übrigen Länder gegeben wären.

Zwar erhält man noch keine direkten Hinweise auf Österreich, aber aus wiederholten Äußerungen französischer wie deutscher, holländischer und belgischer Politiker geht klar hervor, daß eine Verhandlungsaufnahme mit den anderen Ländern auch einen Beginn von Gesprächen zwischen Österreich und den Sechs bedeuten würde.

Dafür allerdings muß Österreich ein Hindernis selbst beseitigen: nämlich das italienische Veto. Dieses Veto scheint zwar heute bereits reichlich antiquiert, da seit mehr als eineinhalb Jahren kein Bombenanschlag neuen Grund zur Aufrechterhaltung gegeben hat. Aber die Italiener dürften dieses Druckmittel bei Verhandlungen nicht aus der Hand geben wollen.

Nur geschmeidiger

Daß man sich aber nicht nur in der Hoffnung wiegen darf, der Gipfel könne zum Ziel der EWG-Erweite- rung führen, zeigte die Außenministerkonferenz am Montag in Brüssel ebenso wie die Äußerung der aus Bonn heimgekehrten Franzosen. Der jüngere Pompidou ist nur geschmeidiger als der große alte Mann de Gaulle, und er ist jetzt Vor allem daran interessiert, daß Frankreich wirtschaftlich saniert wird.

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