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SOUVANNA PHOUMA PRINZ UNTER DEN GEIERN

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„Wenn einer sich unter die Geier mischt, wird er zum Geier, wenn einer sich unter Krähen mischt, wird er zur Krähe.“ Der Prinz Souvanna Phouma (man spricht dieses englisch geschriebene Wort „Puma“ aus, es hat mit dem romantischen Panthernamen Puma nichts zu tun, ebensowenig wie sein kaum tigerbltitiger Träger) — ein angehender Sechziger —, hat dieses laotische Sprichwort schon zitiert, als er noch kein Premierminister war, sondern zusammen mit seinen Brüdern und Halbbrüdern am Hof des Königs Sisavang Vong lebte.

Er gehörte dem Haus der laotischen Dynastie an, die ihr Zentralkönigtum über die große Mehrheit der nichtlaotischen Stämme eigentlich den Franzosen verdankt. Als diese die allein bestimmenden Kolonialherren in ganz Indochina waren, schufen sie die arrondierten Königreiche als überschaubare Verwaltungseinheiten zunächst auf der Landkarte. Kenner des Landes behaupten, daß es auch heute noch Bürger des Königreichs gibt, die nicht einmal wissen, daß sie samt ihren Stammesfürsten eigentlich Untertanen des laotischen Führungsstammes sind.

Nach Frankreich war dann ganz folgerichtig auch der Hof und die Oberschicht von Luang-Prabang orientiert, ln Frankreich wurde Prinz Souvanna Phouma erzogen, dort absolvierte er seine technischen Studien. Und mit der Tochter eines französischen Kolonialbeamten, die nur Halblaotin ist, hat ihn 1933 eine mit vier Kindern gesegnete Heirat verbunden. Aus demselben Frankreich aber bezog er wie so viele seiner asiatischen Brüder die Idee des modernen Nationalstaates. Als sein Vater, der König, gleich nach 1945 die nach dem Zusammenbruch der Japaner wieder als Herren einziehenden Franzosen mit einer Ergebenheitserklärung alten Stils begrüßte, trat er zusammen mit seinem Bruder Petsareth und seinem Halbbruder Souvannouvong in Opposition. Die frondierenden Prinzen stellten den König sogar unter Hausarrest und bereiteten die Proklamation eines unabhängigen Laos vor, lange bevor der Kommunismus in Ostasien noch als Mitspieler aüfgetreten war.

Aber die Zeit war noch zu früh: die Franzosen schlugen den Aufstand in verhältnismäßig kurzer Zeit nieder. Anders als die straffer organisierten Vietnamesen, die sich ihre nationale Unabhängigkeit in einem regelrechten Krieg erkämpften, neigen die sanften Buddhisten von Laos eher zum passiven Abwarten. Auch Souvanna Phouma hatte das Warten gelernt. Zusammen mit seinen Brüdern zog er sich in das benachbarte Thailand zurück. Man bildete eine Exilregierung, innerhalb derer er den Posten eines Arbeitsministers einnahm. Als die Franzosen 1949 als erste Kompromißlösung dem Königreich Laos eine weitgehende Unabhängigkeit im Rahmen der kurzlebigen Union Franaise, die an die Stelle des Empire trat, anboten, schieden sich die Wege der Prinzen. Souphan- nouvotig kehrte nur zurück, um die Guerillabewegung Pathet Lao zu organisieren, die sich von Jahr zu Jahr mehr dem Nationalkommunismus näherte. Souvanna Phouma dachte an sein Sprichwort von den Geiern und ging den anderen Weg: den des Abwartens und Lavierens. Mehrmals machte ihn sein königlicher Vater zum Minister, zeitweise sogar zum Premier. Als der pittoreske König starb — seine mumifizierte Leiche wurde nach einjähriger Aufbahrung erst dieser Tage unter feierlichem Zeremoniell verbrannt —, hatte eine Epoche ihr unwiderrufliches Ende gefunden. Der neue König, Savang Vatthana, hat noch kaum ein eigenes Gesicht gezeigt. Er scheint mit Souvanna Phoümas Absicht, den latenten Bürgerkrieg durch ein Koalitionskompromiß mit den Pathet Lao zu beenden, zu sympathisieren. Aber er hat zugleich auch die amerikanisch orientierte Regierung Boun-Oum, die ihr Heil auf einen straffen Rechtskurs setzt, gewähren lassen. Heute ist die Lage unübersichtlicher denn je. Das von Dean Rusk gebrauchte Wort: „Laos solle ein zweites Österreich werden", hat mit der Realität nicht mehr viel zu tun. Souvanna Phouma ist heute, wahrscheinlich wider seinen Willen, in die kommunistische Front gedrängt worden. Eine Koalition mit Schlüsselpositionen für die Kommunisten, auch wenn sie von einem Halbprinzen geführt werden, führt nicht ins österreichische, sondern eher ins tschechoslowakische Fahrwasser.

Und mit Edvard Benesch, von dem auch niemand genau sagen kann, wann er freiwillig und wann er unfreiwillig das Geschäft des Kommunismus besorgte, hat man den französisch gebildeten laotischen Prinzen mit den verbindlichen Umgangsformen ja auch bereits des öfteren verglichen …

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