Glänzende Geschäfte, Mahler & Amerika

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Mit den "Resonanzen“ und dem "Internationalen Musikfest“ richtet das Wiener Konzerthaus heuer gleich zwei wichtige Schwerpunkte aus. Ein Gespräch mit Intendant Bernhard Kerres.

Weltweit klagen Veranstalter über das zurückgehende Interesse an klassischer Musik. Nicht so in Wien. Warum das so ist? Eine genaue Antwort weiß auch der Intendant des Wiener Konzerthauses, Bernhard Kerres, nicht. Mit über 28.000 hat er mehr Abonnements verkauft als je zuvor, und am Ende der Saison wird er auch einen neuen Rekord im Einzelkartenverkauf vorweisen können. Kerres versucht die besondere Wiener Situation mit der Tradition der Stadt zu erklären: "Dieses Hingehen und Besuchen von Konzerten oder der Opern ist einfach ein Teil des Lebens, des Alltags, das ist es in anderen Ländern nicht mehr. Ich bin auch nicht sicher, ob das in Österreich so bleiben wird“, zeigt er sich skeptisch angesichts so mancher Entwicklung im Musikland Österreich.

Erinnerung an Leonard Bernstein

Etwa wenn, wie vor wenigen Monaten, der Präsident der Wiener Festwochen, der vormalige Unterrichtsminister Rudolf Scholten, laut darüber nachdenkt, künftig die Festwochen ohne Konzerte, die abwechselnd von Konzerthaus und Musikverein veranstaltet werden, durchzuführen. "Wir werden immer Musikhauptstadt der Welt genannt. Ich glaube, wir müssen viel tun, um diesem Ruf gerecht zu werden. Dazu zählt, dass es in den Wiener Festwochen ein ausgeprägtes Konzertprogramm gibt. Wien tut gut daran, den Namen Musikmetropole täglich neu zu verdienen“, gibt Kerres zu bedenken.

Mit Stéphane Lissner, dem Musikchef der Wiener Festwochen, habe er "eine wunderbare Zusammenarbeit. Diese ist sehr ergänzend und findet in einem regelmäßigen Austausch statt, da stimmen wir unsere Programme ab.“ Auch für dieses Jahr, in dem die Konzerthausgesellschaft das "Internationale Musikfest“ organisiert. Dass man dafür "Mahler und Amerika“ als Motto gewählt hat, lag für Kerres auf der Hand: "Es hat eines Leonard Bernsteins bedurft, um Mahler in Wien bekannt zu machen und die Mahler-Renaissance einzuleiten. Bernstein ist im Konzerthaus zum ersten Mal in Wien aufgetreten, war hier regelmäßiger Gast und Ehrenmitglied der Konzerthausgesellschaft. Neben Mahler wegen des Mahler-Jahres wollten wir unbedingt Amerika mit hineinnehmen und mit der Streuung verschiedener Orchester - unter anderem des San Francisco Symphony Orchestra unter Amerikas führendem Dirigenten Michael Tilson Thomas, der auch komponiert - die unterschiedlichen Mahler-Interpretationen zeigen.“ Eröffnet wird das 35. Internationale Musikfest am 14. Mai von den Wiener Philharmonikern unter Daniel Harding mit Mahlers vierter Symphonie. Den Schlusspunkt setzen am 21. Juni die Wiener Symphoniker unter ihrem Chefdirigenten Fabio Luisi mit Mahlers Dritter.

"Triumph der Zeit und der Ernüchterung“

Bereits am 15. Jänner lädt das Konzerthaus zu seinem ersten Festival, den "Resonanzen“. Kerres: "Es gibt ein großes Interesse in dieser Stadt für Alte Musik und zwischenzeitlich ein wesentlich breiteres Angebot als vor 19 Jahren, als die ‚Resonanzen‘ gegründet wurden. Damals war es das einzige Festival Alter Musik in Wien, heute spielt man in der Staatsoper Händels ‚Alcina‘ mit sehr großem Erfolg. Ich freue mich, dass die ‚Resonanzen‘ zu dieser Entwicklung einen Beitrag geleistet haben, und sie leisten ihn auch weiterhin.“

Diesmal steht das bis 23. Jänner dauernde Festival unter dem Titel "Glänzende Geschäfte“. Gezeigt wird die "Rolle der Musik im Zusammenhang mit den jeweiligen Geldgebern. Bis Haydn waren die Komponisten höfische Angestellte. Musik wäre ohne Aristokratie kaum möglich gewesen. Auch die Kirche, die ebenfalls aristokratisch geprägt war, spielt eine Rolle, damit setzen wir uns auseinander“, skizziert der Konzerthausintendant die Programmlinie. Begonnen wird mit Händels Oratorium "Il trionfo del tempo e del disinganno“ mit dem Concerto Copenhagen unter Lars Ulrik Mortensen, beschlossen mit dem Dramma per musica "La fede ne’ tradimenti“ von Attilio Ariosti mit Europa Galante unter Fabio Biondi.

Zum ersten Mal findet sich unter den Mitwirkenden der "Resonanzen“ auch ein Ensemble aus Kuba, Conjunto de Música Antigua Ars Longa, mit Musik der spanischen Kolonialherren. Nächstes Jahr, wenn die "Resonanzen“ ihr 20-Jahr-Jubiläum feiern, wird man sich in den Programmen mit der Geschichte dieses Festivals auseinandersetzen und, so viel steht fest, dafür viele der Gäste aus den vergangenen zwei Jahrzehnten einladen. Offen ist nur mehr das Motto.

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