Gartenbaukino - © Foto: APA / Roland Schlage

Kinos öffnen: Da gibt's noch viel Sehnsucht!

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Am 19. Mai sollen – wenn es denn wahr ist – österreichweit auch die Kinos wieder aufsperren dürfen. Nach mehr als einem halben Jahr Projektionspause kein leichtes Unterfangen.

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Am 19. Mai sollen – wenn es denn wahr ist – österreichweit auch die Kinos wieder aufsperren dürfen. Nach mehr als einem halben Jahr Projektionspause kein leichtes Unterfangen.

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Wenn am 19. Mai die angekündigten Lockerungsschritte erfolgen, endet für die österreichische Kinolandschaft eine Zwangspause, die mehr als ein halbes Jahr dauerte. Froh darüber, dass es wieder los geht, aber mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, laufen die Vorbereitungen für das Aufsperren. Was konkret bedeutet: Man darf öffnen, man will öffnen, aber lange nicht alle werden in zwei Wochen öffnen. Es ist nicht der erste Neustart einer Branche, die die Pandemie noch länger spüren wird: Am 16. März 2020 gingen die Kinos das erste Mal in den Lockdown , um von der kurzfristigen Nachricht, mit 29. Mai wieder aufsperren zu dürfen, überrumpelt zu werden. Am 3. November dann das nächste Veranstaltungsverbot; die mageren Monate davor, ein Kinosommer wie kein anderer, konnten nicht verhindern, dass die Besucherzahlen im Vergleich zu 2019 um 70 Prozent einbrachen.

Bedingungen fürs Aufsperren

Aufgesperrt werden soll jetzt unter den Regeln, die für die gesamte Kultur gelten: Registrierungspflicht, negativer Test bzw. Immunitätsnachweis, eine FFP2-Maske ist zu tragen. Zwischen Zuschauergruppen muss mindestens ein Sitzplatz frei bleiben und der Saal darf maximal zu 50 Prozent belegt sein. Sperrstunde ist um 22 Uhr, Gastronomie ist erlaubt. Schärfere Bestimmungen galten in der Modellregion Vorarlberg, die ab März zum Versuchsballon auch in Sachen Kino wurde. Als „unmachbare“ Vorgaben bezeichnet Michael Wieser, Kinobetreiber in Bludenz und Dornbirn, das Konsumationsverbot und dass die letzte Vorstellung um 20 Uhr enden musste. Auch das Wetter habe nicht mitgespielt. Durchgezogen habe man es trotzdem, doch sei es alles andere als ein Geschäft gewesen. Eine Erfahrung, die er dem restlichen Österreich mitgeben will, ist, dass sich Tests und Registrierungen eingespielt haben. Damit spricht er eine der Hauptsorgen der Branche an: die Bereitwilligkeit der Zuschauer(innen), die gegebenen Hürden zu überwinden. Positiv bewertet Michael Stejskal von der IG Programmkino, dass kein Unterschied zwischen einem Besuch beim Frisör, im Restaurant oder eben im Kino gemacht werden soll. Im Jänner stellte die Vereinigung einen Forderungskatalog an die Politik. Vorrangig war jene nach einem Rettungsschirm für alle Kinobetriebe.

Was seitdem geschah wertet Stejskal als Etappensieg: Die Stadt Wien stellte zusätzliche Mittel bereit, der Bund erhöhte sein Fördervolumen und bezog Häuser mit ein, die bislang keine Unterstützung bekamen. Existenzsichernd waren auch die hohen Umsatzersätze für November und Dezember, traditionell starke Kinomonate.

Bislang musste in Österreich kein Kino wegen Corona aufgeben. In einem anderen Punkt herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit: der Haftungsfrage bei den Kontrollen. Diese müssen auch bei gut besuchten Vorstellungen durchführbar bleiben, etwa im Juni bei der Diagonale in Graz. Zudem müssten die Tests leicht verfügbar sein, gibt Barbara Brunner, Geschäftsführerin des Festivalkinos KIZ Royal, mit Blick auf die Wiener Initiative „Alles gurgelt“ zu bedenken. Der Lockdown wurde im KIZ Royal wie in vielen anderen Kinos zu Reparaturen und Reinigungen genutzt. Größere Investitionen wie die angelaufene Sanierung des Wiener Gartenbaukinos gab es aber kaum: Was an Reserven da war, fraß meist schon der erste Lockdown.

Wie ihre Kolleg(inn)en ist Brunner derzeit mit einem anderen, fundamentalen Problem befasst: ein Kinoprogramm zusammenzustellen. Nicht nur bei großen Produktionen hängt die Versorgung mit Filmen von internationalen Entwicklungen ab: ob etwa die deutschen Kinos aufmachen dürfen oder von den Auswertungsstrategien großer amerikanischer Studios. Berühmtestes Beispiel ist der Bond-Streifen „Keine Zeit zu sterben“, der am 8. April starten sollte – 2020. Nun soll es der 30. September dieses Jahres sein. Je grö­ßer der Film, desto mehr wird abgewartet.

Schwieriger Neustart

Das Kinoprogramm Ende Mai besteht daher aus Wiederaufnahmen aus dem Herbst und vor allem kleineren Produktionen – unbefriedigend für die Multiplexe, die erst aufsperren werden, wenn es für sie wieder genug Ware gibt. Im Bereich Programmkino hingegen herrscht teils sogar Rückstau. Veröffentlichungen via Streaming blieben hier die Ausnahme. Auch bei den heimischen Arthaus-Verleihern waltet Vorsicht, obwohl sie mit den Öffnungen Filme herausbringen werden. Etwa fünfmal musste Evi Romens „Hochwald“ vorher verschoben werden, schätzt Sabine Hofmann, Geschäftsführerin von Polyfilm. Ihr Kollege von Stadtkino und Gartenbaukino, Norman Shetler, hat vor sechs Monaten aufgehört, das Verleihprogramm umzustellen.

Ein Problem stellt sich beiden: die Unsicherheit, ob Wien, der wichtigste Markt, am 19. Mai die Kinos öffnen lässt. Davon sind auch Art und Termin der Auswertung in den Bundesländern abhängig. All diesen Erwägungen und Zahlen steht das Bedürfnis gegenüber, Kultur zu machen, und das des Publikums, ins Kino zu gehen – Shetler: „Da gibt’s schon viel Sehnsucht.“ Gerade an dem Ort, der wegen Corona eine kleine Renaissance erlebte, wird sie anfangs jedoch nicht gestillt werden können: Die Autokinos werden von der nächtlichen Sperrstunde ausgebremst.

Positiv bewertet Michael Stejskal von der IG Programmkino, dass kein Unterschied zwischen einem Besuch beim Frisör, im Restaurant oder im Kino gemacht werden soll.

Eine Erfahrung, die er dem restlichen Österreich mitgeben will, ist, dass sich Tests und Registrierungen eingespielt haben. Damit spricht er eine der Hauptsorgen der Branche an: die Bereitwilligkeit der Zuschauer*innen, die gegebenen Hürden zu überwinden. Positiv bewertet Michael Stejskal von der IG Programmkino, dass kein Unterschied zwischen einem Besuch beim Frisör, im Restaurant oder eben im Kino gemacht werden soll. Im Jänner stellte die Vereinigung einen Forderungskatalog an die Politik. Vorrangig war jene nach einem Rettungsschirm für alle Kinobetriebe. Was seitdem geschah wertet Stejskal als Etappensieg: Die Stadt Wien stellte zusätzliche Mittel bereit, der Bund erhöhte sein Fördervolumen und bezog Häuser mit ein, die bislang keine Unterstützung bekamen. Existenzsichernd waren auch die hohen Umsatzersätze für November und Dezember, traditionell starke Kinomonate.

Bislang musste in Österreich kein Kino wegen Corona aufgeben. In einem anderen Punkt herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit: der Haftungsfrage bei den Kontrollen. Diese müssen auch bei gut besuchten Vorstellungen durchführbar bleiben, etwa im Juni bei der Diagonale in Graz. Zudem müssten die Tests leicht verfügbar sein, gibt Barbara Brunner, Geschäftsführerin des Festivalkinos KIZ Royal, mit Blick auf die Wiener Initiative „Alles gurgelt“ zu bedenken. Der Lockdown wurde im KIZ Royal wie in vielen anderen Kinos zu Reparaturen und Reinigungen genutzt. Größere Investitionen wie die angelaufene Sanierung des Wiener Gartenbaukinos gab es aber kaum: Was an Reserven da war, fraß meist schon der erste Lockdown. Wie ihre Kolleg(inn)en ist Brunner derzeit mit einem anderen, fundamentalen Problem befasst: ein Kinoprogramm zusammenzustellen. Nicht nur bei großen Produktionen hängt die Versorgung mit Filmen von internationalen Entwicklungen ab: ob etwa die deutschen Kinos aufmachen dürfen oder von den Auswertungsstrategien großer amerikanischer Studios. Berühmtestes Beispiel ist der Bond-Streifen „Keine Zeit zu sterben“, der am 8. April starten sollte – 2020. Nun soll es der 30. September dieses Jahres sein. Je größer der Film, desto mehr wird abgewartet.

Schwieriger Neustart

Das Kinoprogramm Ende Mai besteht daher aus Wiederaufnahmen aus dem Herbst und vor allem kleineren Produktionen – unbefriedigend für die Multiplexe, die erst aufsperren werden, wenn es für sie wieder genug Ware gibt. Im Bereich Programmkino hingegen herrscht teils sogar Rückstau. Veröffentlichungen via Streaming blieben hier die Ausnahme. Auch bei den heimischen Arthaus-Verleihern waltet Vorsicht, obwohl sie mit den Öffnungen Filme herausbringen werden. Etwa fünfmal musste Evi Romens „Hochwald“ vorher verschoben werden, schätzt Sabine Hofmann, Geschäftsführerin von Polyfilm. Ihr Kollege von Stadtkino und Gartenbaukino, Norman Shetler, hat vor sechs Monaten aufgehört, das Verleihprogramm umzustellen. Ein Problem stellt sich beiden: die Unsicherheit, ob Wien, der wichtigste Markt, am 19. Mai die Kinos öffnen lässt. Davon sind auch Art und Termin der Auswertung in den Bundesländern abhängig. All diesen Erwägungen und Zahlen steht das Bedürfnis gegenüber, Kultur zu machen, und das des Publikums, ins Kino zu gehen – Shetler: „Da gibt’s schon viel Sehnsucht.“ Gerade an dem Ort, der wegen Corona eine kleine Renaissance erlebte, wird sie anfangs jedoch nicht gestillt werden können: Die Autokinos werden von der nächtlichen Sperrstunde ausgebremst.

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