Timm - © Foto: picturedesk.com / DPA / Uwe Anspach

Uwe Timm: Im besten Sinne lesbar

19451960198020002020

Mit seinem Gespür für zeitgeschichtlich relevante Themen hat Uwe Timm im Lauf der letzten 50 Jahre ein beeindruckendes Werk geschaffen. Ende März feiert der deutsche Autor seinen 80. Geburtstag.

19451960198020002020

Mit seinem Gespür für zeitgeschichtlich relevante Themen hat Uwe Timm im Lauf der letzten 50 Jahre ein beeindruckendes Werk geschaffen. Ende März feiert der deutsche Autor seinen 80. Geburtstag.

Werbung
Werbung
Werbung

„Von Anfang und Ende. Über die Lesbarkeit der Welt“ hat Uwe Timm seine im Sommer 2009 gehaltenen Frankfurter Poetik-Vorlesungen betitelt. Dies ist auch ein schönes Motto für seinen runden Geburtstag: Uwe Timm wird am 30. März 80 Jahre alt. Die Anfänge seiner Schriftstellerlaufbahn reichen rund 50 Jahre zurück, doch ist das Ende des Schreibens für ihn hoffentlich noch lange nicht erreicht. Noch vor gut zwei Jahren legte er mit „Ikarien“ einen Roman vor, der – am Beispiel der Geschichte der Euthanasie – von der Entwicklung des Menschenbildes in der Zeit der Moderne handelt.

Der junge US-amerikanische Offizier Michael Hansen wird Ende April 1945 beauftragt, dem Wirken des Rassentheoretikers und Eugenikers Alfred Ploetz nachzuspüren. „Hansen fuhr nach Herrsching. Ein nettes kleines Nest, hatte Major Engel gesagt. Aber Sie werden kaum einen überzeugten Nazi finden, und wenn, dann pflegen Sie ihn, denn er ist ein echter Zeuge, wie es zu dem kam, was wir vorfanden. Alle anderen sind Opfer, Opfer der Zeit, Opfer der SS, Opfer Hitlers und so weiter und so weiter. Ein Volk der Opfer. Es gibt die verschiedensten Abstufungen des Opferseins. Für den Neuankömmling ist das interessant, aber nach wenigen Wochen hängt es einem zum Hals heraus.“ Angesichts der Erfolge der neuen rechten Parteien in Europa mit ihren altbekannten, perfiden Strategien der Ausgrenzung von vorgeblich „fremden“ Menschen hat der Roman noch einmal an Aktualität gewonnen.

Politischer Aufklärer am Puls der Zeit

Timm hat stets ein nahezu unglaubliches Gespür für zeitgeschichtlich bedeutende Themen gehabt und als der besonders begabte Schriftsteller, der er nach seiner Promotion mit einer Arbeit über „Das Problem der Absurdität bei Albert Camus“ im Jahr 1971 wurde, hat er immer wieder neue und passende Formen des Erzählens für sie gefunden. Sein erster Roman „Heißer Sommer“ von 1974 gilt als der maßgebliche Roman über die sogenannte Studentenrevolution von 1968. Früh und bis heute wegweisend hat er auf die verdrängte deutsche Kolonialgeschichte aufmerksam gemacht.

Nach dem Roman „Morenga“ von 1978, der auf innovative Weise den Opfern eine Sprache gibt, ohne sie erneut zu kolonisieren, erschien 1981 der Bildband „Deutsche Kolonien“. Timm erzählt nichts weniger als die Geschichte eines Genozids, der in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt war.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung