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Manchmal gewinnt man den Eindruck, zwei Kategorien von Menschen gegenüberzustehen: solchen, die zu arbeiten niemals aufhören wollen, und solchen, die so rasch wie möglich die Frühpension anstreben. Die Erstgenannten erklären, daß sie ohne Arbeit nicht leben können, daß sie sich als Pensionisten auf der Welt überflüssig fühlen und in ihrem erlernten und erfahrungsreich ausgeübten Beruf tätig sein wollen, solange es die Gesundheit erlaubt. Die anderen berechnen fast schon bei der Anstellung - oder bald danach - den Zeitpunkt, wann sie sich voll und ganz ins Privatleben zurückziehen können.

Die einen finden die Gartenbank des Pensionisten fürchterlich, die anderen sehen sie geradezu als Ziel und Inhalt ihres Lebens. Nun läßt sich nach Berufen vielleicht differenzieren: der Chirurg wird eine andere Beziehung zu seiner Tätigkeit haben als der Kanalräumer, der Sektionschef eine andere als der Amtsdiener. Je anspruchsvoller und "höherrangig" der Beruf, so könnte man meinen, umso enger die Beziehung des Tätigen zu seiner Tätigkeit.

Gewiß wird der Jurist, der sich jahrelang mit Studium und Praxis für seine Laufbahn als Anwalt oder Beamter vorbereitet hat, und ein sozusagen "interessantes Leben" führt, mehr an seinem Beruf hängen als ein manueller Arbeiter in der Fabrik oder mit der Schaufel auf der Straße. Allerdings gibt es viele Gegenbeispiele: ich kenne Sektionschefs, die mit dem Kalender in der Hand die Tage bis zu ihrer Pensionierung zählen, und genügend Tischler, Elektriker, geschickte Arbeiter, die solange tätig sind, als es ihre Kräfte erlauben. Nicht nur um die Pension aufzubessern (das natürlich auch), sondern weil sie gern tätig sind und sich für die Gemeinschaft (und sich selbst) als nützlich erweisen wollen. Sie haben Freude an der Arbeit, am Tätigsein, an einem aktiven Leben.

Karl Marx, der das soziale Gewissen der Öffentlichkeit kräftig gerüttelt hat, brachte viel Unheil mit seiner Auffassung der Arbeit als einer Art Strafe, woran übrigens die Paradiesvorstellung nicht unschuldig ist. Was ist eigentlich das Leben ohne Arbeit, die ja auch soziale Leistung erbringt? Die Freude an der Arbeit wurde sträflich übersehen - darum vor allem schleppen sich Effizienz, Leistung und Kreativität so kläglich dahin. Nicht nur in Österreich.

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