Wohin und wie weit führt der Dialog

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Deutschlands Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken | starteten ihren Dialogprozess. Der Beginn gelang, das Ergebnis ist offen.

"Dialog“ heißt das Zauberwort in der katholischen Kirche Deutschlands. Mit einer breiten Dialoginitiative antworten Deutsche Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf den Missbrauchsskandal, der im vergangenen Jahr die Kirche erschütterte. Immerhin traten nach ZDF-Angaben 2010 schätzungsweise 180.000 Katholiken aus ihrer Kirche aus, 40 Prozent mehr als 2009.

Vertreter der Bischofskonferenz und des ZdK vereinbarten im vergangenen Dezember unter dem Titel "Der Weg der Kirche in die Zukunft“ den Dialogprozess. Im Februar bekam die Diskussion neue Brisanz: 240 Theologieprofessoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz forderten im Memorandum "Kirche 2011: ein notwendiger Aufbruch“ tiefgreifende Reformen in der Kirche.

Ein Jahr des Aufbruchs

Hinter dem Memorandum steht die Sorge, dass der Dialog im Sande verlaufen könnte. Die Grundthese lautet deshalb: "2011 muss ein Jahr des Aufbruchs in der Kirche werden“. In der Erklärung plädieren die Theologen für einen "offenen Dialog ohne Tabus“ sowie unter anderem für eine stärkere Beteiligung der Gläubigen an der Bestellung von Amtsträgern, die Priesterweihe auch von Verheirateten und damit ein Ende des Pflichtzölibats, eine verbesserte kirchliche Rechtskultur und mehr Respekt vor individuellen Lebensentscheidungen.

Das Theologen-Memorandum löste teilweise heftige Kritik aus. So äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), erstaunlich ablehnend: "Mag jemand im Ernst glauben, dass die Verwirklichung der hier aufgelisteten Reformforderungen zur erwünschten Blüte von Glauben und Kirche führt?“, erklärte Zollitsch in der Welt am Sonntag. Es sei "gewiss nicht hilfreich“, so Zollitsch, dass in rascher Folge Forderungen und Postulate auf den Markt geworfen würden. Noch schärfere Kritik kam von den Hardlinern in der Deutschen Bischofskonferenz. In den fast 36 Jahren seines bischöflichen Dienstes habe ihn selten eine Kundgabe von Theologen so erschrocken und betrübt wie dieses Memorandum, gab der Kölner Kardinal Joachim Meisner zu Protokoll. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller drohte den Hochschullehrern indirekt sogar mit möglichen Sanktionen. Positiv reagierten dagegen Gruppen wie das ZdK und die Kirchenvolksbewegung “Wir sind Kirche“, aus deren Sicht der Aufruf der großen Mehrheit der Katholiken aus dem Herzen spricht.

Ähnlich gegensätzlich wie die Reaktionen auf das Memorandum sind die Erwartungen an den Dialogprozess. Kirchliche Reformgruppen formulierten ihre Position in einem in Oberursel veröffentlichten Brief, während man sich von bischöflicher Seite eher vorsichtig und zurückhaltend, ja manchmal abwiegelnd gibt. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx äußerte sich skeptisch gegenüber weitreichenden Forderungen und warnte vor Rechthaberei und Misstrauen in den Diskussionen über Situation und Zukunft der Kirche in Deutschland. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck - er gehört wie Marx und der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode zu einer Steuerungsgruppe innerhalb der Bischofskonferenz, die den Diskussionsprozess organisieren und vorantreiben soll - beklagte darüber hinaus “Polarisierungstendenzen“ sowie die Instrumentalisierung von Bischofsäußerungen. Ganz anders hört sich da die Einschätzung Bodes an, für den der Dialogprozess Reizthemen nicht ausklammern darf.

Unter dem Motto “Im Heute glauben - wo stehen wir?“ haben die Bischöfe nun am vergangenen Wochenende den Dialog zur Zukunft der Kirche eingeläutet. An der offiziellen Auftaktveranstaltung in Mannheim nahmen rund 300 Vertreter des kirchlichen Lebens teil. Dazu gehörten neben rund 30 Bischöfen unter anderen Ordensleute, Theologieprofessoren sowie Mitglieder des ZdK und Vertreter der diözesanen Gremien.

Hoffnung auf neuen Anfang

Wie Teilnehmer berichteten, tauschten Bischöfe und Laien in 39 Kleingruppen mit wechselnder Besetzung intensiv ihre Ansichten aus, darunter auch zu Zölibat und Seelsorge für Homosexuelle. Das geschah, wie alle Seiten hinterher übereinstimmend urteilten, in einer guten Atmosphäre, auf Augenhöhe und mit Tiefgang, ja Oberhirten wie Laien sprachen von einem “Neuanfang“ der katholischen Kirche in Deutschland und einer “neuen Kommunikations- und Sprachfähigkeit“. Doch von ersten greifbaren Ergebnissen ist noch keine Rede, und die öffentliche Resonanz bleibt bisher mehr als mager. Wie weit und wohin der Dialog führen soll, darüber gehen die Ansichten offenbar nach wie vor weit auseinander.

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