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Das Ringen um Vietnam

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DAS NEUE GESICHT DES KRIEGES. Von M alcolm W. Browne, mit einem Vorwort von Henry Cabot Lodge. Verlag Huber, Frauen feld, 1966. 368 Seiten, 17 Abbildungen, Leinen, DM 22.80.

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DAS NEUE GESICHT DES KRIEGES. Von M alcolm W. Browne, mit einem Vorwort von Henry Cabot Lodge. Verlag Huber, Frauen feld, 1966. 368 Seiten, 17 Abbildungen, Leinen, DM 22.80.

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Der Autor kam als Korrespondent der Associated Press, einer Nachrichtenagentur die zu den bedeutendsten der Welt gehört, 1961 nach Südvietnam. Browne sagt im Vorwort: „Mit diesem Buch hoffe ich den Amerikanern bis zu einem gewissen Grad verständlich zu machen, wie dieser Krieg gekämpft wird.“ Die Schilderungen schließen mit dem Jahr 1964 ab (die amerikanische Ausgabe erschien 1965). Sie behandeln daher bloß den Kampfabschnitt, in dem die Amerikaner nur Dollars und Berater nach Südivietnam sandten. Wenn sich nun ein bedeutender Verlag in der Schweiz entschließt, eine deutsche Ausgabe herauszubringen, zeigt dies zunächst, daß der Krieg um Vietnam nicht nur eine Konfrontation der USA mit dem Machtanspruch des Kommunismus auch über Südvietnam ist, sondern ein Testfall von weltweiten Auswirkungen. Aber der Entschluß des Verlages könnte einen tieferen Sinn haben, obwohl Browne im wesentlichen nur eine Aneinanderreihung von Tatsachenberichten gibt. Die Bedeutung des Buches scheint uns darüber weit hinaiuszugehen, denn seine Berichte geben dem Leser im deutschen Sprachrauim indirekt die Möglichkeit, sich ein selbständiges Bald und Urteil über die Politik der USA im Falle Vietnam zu machen. Darauf scheint es vor allem anzukommen. Die Art des Kampfes in Südvietnam ist nicht das Wesentliche und wohl nur die Amerikaner erleben dort das neue Gesicht des Krieges, denn schon 1941 bis 1945 wurde von der Volksbefreiungsarmee Titos das gleiche Kampfverfahren mit allen Nebenerscheinungen entwickelt und angewandt, wie nun seit 20 Jahren in Südvietnam. Auch damals versagten die Kräfte eines technisch weit überlegenen Gegners und seine Versuche, mit konventioneller Taktik einen Erfolg zu erreichen.

Zusätzlich zu den Ausführungen des Autors läßt das Vorwort des damaligen Botschafters der USA, Henry Cabot Lodge, der es heute, nach dem Versagen General Taylors, wieder ist, das amerikanische Denken erkennen, wenn er sagt: „Die Krise in Vietnam könnte schneller beendet werden, wenn das Volk eine andere Einstellung hätte.“ Das sind sonderbare Auffassungen des maßgebenden Diplomaten der USA in Saigon. Wie denkt nun dieses Volk, oder besser gesagt, die Spitzenpersönlichkeiten seiner Führungsschicht? Browne gibt ehrlich und sachlich klar ein Beispiel, indem er das Urteil eines hochgebildeten, weltgewandten Vietnamesen zitiert: „Ihr Amerikaner habt blindlings Geld nach Vietnam gepumpt und durch euer Vorgehen die Vietkowgs mit den besten Waffen ausgerüstet, die zu haben sind. Ihr seid hierher- ge kommen, um uns zu belehren, wie wir einen Krieg führen sollen den wir Ohne euch vielleicht nie hätten führen müssen. Ihr habt uns keine neuen Ideen gebracht, nur neue Geräte, zusammen mit dem sattsam bekannten militärischen Gedankengut der Franzosen Wir wissen wähl, daß ihr nicht aus Liebe zu Vietnam hier seid (obwohl ihr es behauptet), sondern zur Verteidigung von Amerikas internationalen Interessen. — Und nun kommt dazu, daß der Vietkong euch schlägt — und nicht uns. Deshalb verachten wir euch.“

Diese Worte enthalten das wesentliche Problem des Ringens um die Macht in Vietnam. Nicht das neue Gesicht des Krieges ist entscheidend,

sondern das strategische Denken im Zeitalter der atomaren Abschrekn kung. Hier haben die Amerikaner keinen Beweis ihrer Überlegenheit erbracht. Die grausamen Folgen treffen heute die Soldaten der USA und das vietnamesische Volk unmittelbar und vielleicht auch die freie Welt einmal mittelbar. Malcolm Browne drückt ‘dies so aus: „Die Vereinigten Staaten führen einen Krieg in Südvietnam, der immer mehr Blut und Geld kostet. Es besteht die Möglichkeit, daß er aus dem einen oder anderen Grund verloren werden könnte.“ Wer sich eine Meinung über Vietnam bilden will, wird das Buch von Malcolm W. Browne mit Vorteil lesen.

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