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Supermacht Großchina

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Erst recht nach dem Besuch des US-Präsidenten Nixon in Peking und Moskau ist der Papierkrieg zwischen den beiden roten Riesenmächten wieder in aller Schärfe aufgeflammt. Man kann jetzt nicht mehr den Gegner der „Konspiration mit dem Imperialismus“ beschuldigen, weil sowohl Moskau wie Peking Richard Nixon nicht etwa unfreundlich begegnet sind. Deshalb beschuldigt man einander nicht zuletzt der Sabotage an der Unterstützung der Nordvietnamesen — wie der jüngste Angriff der sowjetischen Nachrichtenagentur „Nowosti“ auf Rotchina beweist

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Erst recht nach dem Besuch des US-Präsidenten Nixon in Peking und Moskau ist der Papierkrieg zwischen den beiden roten Riesenmächten wieder in aller Schärfe aufgeflammt. Man kann jetzt nicht mehr den Gegner der „Konspiration mit dem Imperialismus“ beschuldigen, weil sowohl Moskau wie Peking Richard Nixon nicht etwa unfreundlich begegnet sind. Deshalb beschuldigt man einander nicht zuletzt der Sabotage an der Unterstützung der Nordvietnamesen — wie der jüngste Angriff der sowjetischen Nachrichtenagentur „Nowosti“ auf Rotchina beweist

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„Die amerikanische Aggression in Vietnam ruft den Zorn und die Empörung aller Völker hervor. Die Einheitsfront aller, die um der Gerechtigkeit willen das heldenhafte vietnamesische Volk unterstützen, erstarkt zusehends. Der USA-Imperialismus ist dabei, den Krieg in Vietnam, diesem schwergeprüften Land, auf dessen Boden, wie .Washington Post' neulich errechnet hat, jede Minute 1,5 t Bomben abgeworfen werden, auszudehnen, weshalb denn die Aktionseinheit aller fortschrittlichen friedliebenden Kräfte zu einer dringlichen Notwendigkeit wird.

In mehreren chinesischen Druckschriften sind seit einiger Zeit neue Formulierungen anzutreffen, die einen zum Nachdenken darüber veranlassen, was eigentlich dahinter stecken mag. In dem Artikel eines ,Jenmin jih-pao'-Kommentators vom 6. April liest man neben einer Menge von Glückwünschen anläßlich der neuen Siege der nationalen Befreiunskräfte in Südvietnam den folgenden bedeutsamen Satz: ,Das chinesische Volk wird das vietnamesische Volk bis zu Ende unterstützen, wenn das vietnamesische Volk seinen Kampf bis zu Ende führt.'

Wie ist eine solche Bedingung, die dem heldenhaften Volk Vietnams gestellt wird, zu werten, einem Volk, das auf den Schlachtfeldern gegen die ausländischen Intervenierten um den Preis des Lebens vieler Tausender seiner Söhne und Töchter bewiesen hat, daß es willens ist, alles für den Schutz der Freiheit und der Unabhängigkeit seiner Heimat zu tun? Womöglich ist man in Peking der Meinung, daß der Kampf des vietnamesischen Volkes nicht nach den Regeln verläuft, wie sie die ,Mao-Tse-tung-Ideen' vorschreiben?

Die maoistische Propaganda scheut auch keine Mühe, um zu beweisen, daß ,Maos Ideen' ein .Leitstern' im Kampf der Völker der kolonialen und abhängigen Länder um ihre nationale Befreiung seien. Wie diese ,Ideen' in der politischen Praxis verwirklicht werden, wurde von Peking während der Geschehnisse auf der indischen Halbinsel veranschaulicht. Der Ministerpräsident der Volksrepublik Bangla Desh. Mujibur Rahman, sagte auf einer Großkundgebung in Dakka: Die chinesischen Führer versorgten Yahya Khan und Tikka Khan mit modernsten Waffen, mit denen die pakistanischen Truppen das Volk von Bangladesh, das um seine Befreiung kämpfte, ausrotteten. Auf 60 Prozent der Waffen, die pakistanische Truppen auf dem Schlachtfeld liegen ließen, stand die Fabrikmarke ,Made in China', auf den restlichen 40 Prozent ,Made in USA'.

Wie die Tatsachen es immer wieder bestätigen, besteht das wahre Wesen der maoistischen .Prinzipien' in ihrer völligen Prinzipienlosigkeit, in dem Mißverhältnis zwischen den Parolen und den konkreten Taten. Die Mao-isten spekulieren auf das Streben der Völker nach Freiheit und Fortschritt, auf die Ideale, die den Menschen teuer 'sind, und die sie zur Erreichung ihres eigenen, immer gleichen Ziels ausschlachten möchten, das da lautet: Großchina, das als Supermacht erst in Asien, Afrika und Lateinamerika, dann aber auch in der ganzen Welt eine führende Rolle spielen soll.

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