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Der Tiroler Anteil des Erzbistums Salzburg

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Das Nordtiroler Unterland, mit Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel als bekanntesten Städten, gehört seit seiner Christianisierung zum Erzbistum Salzburg, wenn wir vom Suffraganbistum Chiemsee und den Zwischenlösungen der Napoleonzeit absehen. Da das alte Bistum Brixen vor rund 100 Jahren eine eingehende Diözesanbeschreibung durch die Historiker Tinkhauser und Rapp erreicht hatte und der deutsche Anteil Südtirols der Diözese Trient ein halbes Jahrhundert später durch Atz und Schatz entsprechend abgerundet wurde, war es dringlich geworden, ihnen den Tiroler Anteil des Erzbistums Salzburg gebührend an die Seite zu stellen. Dieser Aufgabe unterzog sich DDr. Matthias Mayer, Pfarrer in Going, als einer Lebensarbeit. Sie greift über das in Tirol bisher Geleistete noch hinaus und verbindet mit der Diözesanbeschreibung die Kunst- und Heimatgeschichte des Nordtiroler Unterlandes. Das ist ein Ziel, das an sich um so begrüßenswerter ist, weil diese Gebiete, abseits der wissenschaftlichen und kirchlichen Anstalten und der Bildungsstätten del Landes, sich bisher nicht derselben Gunst von Fachleuten erfreuen konnten wie etwa Innsbruck, Hall, Brixen-Säben oder Bozen, vor allem nicht die ländlichen Gemeinden.

Bisher liegen fünf Bände dieser Diözesanbeschreibung und zwei gesonderte heimatgeschichtliche Bände neben einzelnen einschlägigen Sonderschriften des gelehrten Nordosttiroler Pfarrherrn vor. Sie befassen sich mit ländlichen Gebieten. Der jüngste Band (270 Seiten, 32 Abbildungen, Preis 180 S, Selbstverlag in Going, Tirol) beschäftigt sich mit der Kirchen- und Kunstgeschichte der Ortschaften Kirchdorf, Waidring, Kössen und Schwendt, dem ans Bayrische grenzenden Nordrand des Kufsteiner Bezirkes im östlichsten Tirol. Diese Orte gehörten über 600 Jahre, bis 1803, zum Kloster St. Zeno bei Reichenhall. Insbecnndere rückt Kirchdorf als eine alte Ausbaupfarre, Waidring mit seiner frühen Eigenkirche und dem Vitus-Patrozinium, Kössen mit seiner Laurentiuskirche als romanifch-chrlstliche Frühsiedlung, und Schwendt mit dem Verhältnis zu St. Leonhard und St. Aegidius in die Problematik der Kultforschung überhaupt vor. DDr. Mayer geht auf diese Fragen sorgfältig ein und vertritt nachdrücklicher denn je den Standpunkt, daß in wenigstens lose pfarrliche Ordnung im Alpenbereich älter ist als bisher meist angenommen wird. Er letzt lieh im besonderen mit dem Regensburger Professor Dr. Ernst Knebel, einem gebürtigen Oesterreicher, eingehend auseinander. Ihre Ausführungen mögen dazu beitragen, dem großen Werke wie überhaupt den Fragen nach Einrichtung und Darstellung einer gerade in Oesterreich erfreulich fortschreitenden, zeitgerechten Diözesanbeschreibung näherzukommen und die Forschung über das Lokalgeschichtliche hinauszuführen.

In zunehmendem Maße bezieht DDr. M. Mayer das Volksleben, Bräuche, Vorstellungen, kulturelle Lei- Itungen der Gemeinden als Historiker ein, wie er Oberhaupt bestrebt ist, das aufgebrachte Archivmaterial zur Gänze auszuwerten. Im Verlaufe der letzten Jahrzehnte schritt die Teilnahme und das Verständnis für solche Bemühungen so weit vor, daß r die Herausgabe seiner Bände immer wieder im Selbstverlag wagen.kann. Auch nach dieser Richtung Ist leine Diözesan- und Heimatbeschreibung ein •eltener Fall wissenschaftlicher Betätigung, die allmählich erfreuliche Anerkennungen und Unter- Itützungen gefunden hat. Es ist zu wünschen, daß der unentwegte Pfarrherr noch etliche der fünf aus- Itehenden Hauptbände selbst zum Abschluß bringen kann. Anläßlich seines 70. Geburtstages nahmen die „Schlem-Schriften” eine eisene Festschrift für ihn, als Ehrenmitglied der Innsbrucker Universität, mit Beiträgen zur Heimatkunde des nordöstlichen Tirol auf.

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