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Svalbard-Melodie

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INSEL IM RÜCKEN DER SONNE. Neun Jahre auf Spitzbergen. Von Liv Bal- stad. Claassen-Verlag, Hamburg, 1961. 224 Seiten.

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INSEL IM RÜCKEN DER SONNE. Neun Jahre auf Spitzbergen. Von Liv Bal- stad. Claassen-Verlag, Hamburg, 1961. 224 Seiten.

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Spitzbergen, die norwegische Insel, nur 12 Grad vom Nordpol gelegen! Von Kings- bay, der nördlichsten Ortschaft der Welt starteten einst Amundsen. Byrd. Nobile und viele andere ihre Polflüge. Die großartigen Fjorde, Fjelle und Täler der Insel sind nicht nur ein wunderbares Naturereignis für die Fremden, die im Polarsommer dorthin reisen. Sie bedeuten vor allem ein einmaliges Forschungsgebiet für wissenschaftliche Expeditionen aller Art und aus aller Welt.

„Staunen ergriff immer die Gelehrten, wenn sie Skansen . oder die Pyramide oder Coloradofjalla oder Kolosseum vor sich sahen — die Kathedralen gleich sich über dem grünen Meer erheben, alle geologischen Zeitalter in sich vereinend. Hunderte Millionen von Jahren liegen dort vor dem Betrachter, man kann sie ,anfassen’ und befühlen, sie in den Händen halten. Dort oben sind Devon und Trias und Kambrium nicht theoretische Zeitunterteilungen,, dort sind sie Realitäten. Unter einem Gletscherüberhang findet man eine Versteinerung, man hält fünfzig Millionen Jahre in Händen, ein Ahornblatt, das damals, als die Inseln wimmelndes Leben trugen, zu Boden wirbelte — leuchtend klar ist jede Faser, jede Pore in den Stein eingeprägt, zu einer Zeit, als es den Men schen noch nicht gab. Oder das Fjell öffnet sich Und fördert eine Echse oder eine Panzerkröte zutage oder vielleicht einen Ur fisch, der vor unvordenklichen Zeiten dort umherschwamm. Diese urzeitlichen Tiere sind auf Svalbard so gut erhalten, daß man aufs genaueste die Anatomie von Lebewesen hat studieren können, die zu den ältesten gehören, von denen die Wissenschaft überhaupt Kenntnis hat. Zeit und Geschichte erhalten Perspektiven auf Spitz-_ bergen . ,

Solche Ereignisse berichtet Liv Balstad in ihrem schönen Buch gewissermaßen am Rande. Im Mittelpunkt steht das harte Alltagsleben der wenigen Bewohner von „Svalbard”, wie die Norweger ihre nördlichste Insel nennen. Ein Leben, das Frau Balstad neun Jahre lang als Frau des Gouverneurs geteilt hat. In der ersten Zeit hauste die kleine Familie in einer brüchigen Baracke, durch deren Fugen der eisige Polarwind pfiff und in der jede kleinste Bequemlichkeit fehlte, wie in allen anderen Häusern von Longyear auch. „Das Dasein war auf das Notwendigste zurückgeschraubt. Luxus, unnötige Dinge, all das was den Werktag ein wenig farbiger gestalten kann, fehlte gänzlich. Das einzige, was die Leute im Kopf hatten, war Kohle, Kohle um jeden Preis...”

Die Leute, die in den Kohlengruben von Svalbard arbeiten, ebenso wie die Männer auf den entlegenen Telegraphen- und Fangstationen, verdienen viel Geld, aber sie bezahlen dafür mit schier unvorstellbaren Entbehrungen und großer Einsamkeit, denn die meisten kommen ohne ihre Familien. Sie bezahlen ihren beträchtlichen Verdienst mit den Bedrängnissen des eiskalten, finsteren Polarwinters, in dem die Insel für sechs bis sieben Monate von der übrigen Welt abgeschlossen ist. Nicht alle halten dieses Leben länger als ein Jahr aus. Aber es gibt auch die anderen, die der „Svalbard-Melodie” verfallen, dem eigenwilligen Zauber der Insel, den Frau Balstad so gut einzufangen weiß: Die fiebernde Unruhe der Menschen, wenn es wieder licht wird auf Spitzbergen, wenn das erste Heimatschiff mit Post eintrifft und Briefe die Mauern der Einsamkeit durchbrechen. Im Winter die Fahrten mit dem Hundeschlitten über das weite, unberührte Land, und im Sommer, auf der Gouverneursschaluppe, durch die zaube- haften Gewässer von Svalbard.

„Es war hellichte Nacht, als wir in den Kongsfjord hineinfuhren mit Kurs auf Ny-Alesund. Noch schien die Mitternachtssonne, aber sie hatte jetzt einen etwas wehmütigen, traurigen Schimmer — vielleicht ein Herbstahnen in ihren Strahlen. Auf den Hängen eines gewaltigen Fjellmassivs, tief drinnen im Kongsfjord, dehnten sich zwei riesige Gletscher und stürzten hundert Meter tief in die See hinab, die von dem Schmelzwasser grün und durchsichtig war. In weiter Ferne ragte ,Tre Kroner’ — Svea, Nora und Dana — mit seinen Eiszacken majestätisch über alle Fjelle und Gletscher empor. Die Luft war leuchtend klar, alles schien uns dicht auf den Leib gerückt. Kleine Inseln und Schären sähen aus dem Wasser heraus, die glatte Fläche glitzerte von schimmernden Eisstücken, die von den Gletschern abgebröckelt waren, Tausende von Vögeln schrien aufgeregt, als wir angetuckert kamen ...”

Wir.erfahren von dem/schlichten, aber herzwarmen geselligen Leben der Inselbewohner, von der festen, zuverlässigen Gemeinschaft, ohne die ein so gefährliches Dasein undenkbar ist. Und wir hören von den großartigen Frauen von Svalbard.’Sie sind es, die Wärme und Herzlichkeit und einen Schimmer von Schönheit in diese rauhe Männerwelt bringen.

Liv Balstad erzählt ihre Geschichte ohne jede falsche Romantik, aber .mit viel Humor, dem besten Bundesgenossen gegen die Bedrängnisse des Lebens dort oben. Und sie erzählt so, daß man jene ‘Svalbard-Melodie zu hören glaubt, eine Melodie voll Kraft und Unmittelbarkeit, in der Melancholie und Lebensfreude ineinanderklingen. alten Nordosttiroler Herrschaften Kitzbühel, Rattenberg und Kufstein, die landschaftlich, stammesgemäß und kulturell unmittelbar dem Erzbistum Salzburg zugehören. Verfasser und Verleger des vielbändigen Werkes ist der damalige Pfarrer Dr. rom. phil. et theol. Matthias Mayer. Sein damals entwickelter Plan ging über die bisherigen Maße solcher kirchlicher Topographien weit hinaus. Er wollte jedem in diesem und für diesen Tiroler Anteil des Erzbistums ein Heimatwerk bieten, das alle Bereiche nach den gediegensten Quellen erfaßt und veranschaulicht. Das Werk wuchs von Band zu Band und schien über die Möglichkeiten eines einzelnen’ Forschers, Darstellers und Gestalters hinauszugehen. Beginnend mit der geologisch-morphologischen Darstellung der einzelnen Dekanate und Gerichte führt DDr. Mayer die frühgeschichtlichen Funde und Bodenaltertümer vor, behandelt eingehend die Fragen nach der Entstehung und dem Alter der Pfarren, die Namensgebungen der Ortschaften. Höfe und Fluren, die kirchlichen und politischen Schicksale,-die Wirtschafts- und Arbeitsverhältnisse, die Menschen in den heranreifenden Gemeinschaften aus guten und schlimmen Zeiten mit eingestreuten Lebensbildern führender Persönlichkeiten, mit einer Kenntnis, Sorgfalt und Übersichtlichkeit vor, wie sie bisher kein österreichisches oder süddeutsches Kirchen-, Kunst- und Heimatbuch für so kleine Gebiete aufbringen konnte. Hier sind Religion, Kunst und Heimatleben im besten Sinne wie eine lebende und sich gegenseitig fördernde Einheit. Nun liegen schon zehn Bände über Tirols Anteil am Erzbistum Salzburg vor, mit Ausnahme eines Heimatbandes alle im Selbstverlag des Verfassers, so daß man sich erstaunt fragt, wie das ein einzelner Pfarrer zuwegebringen kann. Gewiß war der Anfang schwer und das Durchstehen oft hart. Aber schließlich wuchsen Teilnahme und Anerkennung immer mehr. Jedes weitere Dekanat griff um so freudiger zu, wenn endlich auch an es die Reihe der Bearbeitung kam. Noch ist der kühne Plan nicht restlos verwirklicht. Sein Autor fühlt, daß seine Erntejahre nach so langen Vorarbeiten und Einbringungen ihn fast schon verbraucht haben. Er aber fand selbst in seinem Ruhestand, den er jetzt in Innsbruck verbringt, einen Mitarbeiter und Nachfolger im jetzigen Subregens des Salzburger Priesterseminars, dem Kunsthistori ker Dr. Johannes N e uh a r d t. Mit ihm zusammen gibt DDr. Mayer, den indessen die Innsbrucker im Hinblick auf dieses erstaunliche Lebenswerk auch das Ehrendoktorat der juridischen Fakultät verliehen hat, den neuesten Band, nochmals im Selbstverlag heraus. Er betrifft die Tiroler Grenzstadt Kufstein und die sogenannte Untere Schranne, jenen Landzipfel, der ins Bayrische hineinragt und die Pfarren Ebbs, Niederndorf, Wälchsee und Erl trägt. Der Nachfolger hat sich eifrig in ■ seine große Aufgabe hineingekniet und dieses quellenmäßig und literarisch bevorzugte Gebiet mit DDr. Mayer übersichtlich und lebendig vorgeführt. Er wird seiner Ausbildung gemäß noch manch neuen Weg einschlagen, um das Gesamtwerk würdig abzuschließen. Insofern dürfte es kein Zufall sein, daß gerade ein Kunsthistoriker zugegriffen hat. Was Salzburg seinem Tiroler Anteil geboten und dieser Salzburg zugeführt hat, greift tief in die Geistes-, Kultur- und Kunstgeschichte Österreichs und Bayerns ein. Manches berührt Dr. Neuhardt schon in diesem Bande, anderes wird sich ihm nun selbst aufdrängen. Gar’vieles kann er noch von DDr. Mayer,übernehmen, wie es nicht bald einem Nachfolger geo-önnt ist. Ich möchte gerade bei diesem Band, der mit dem Tiroler Passionsspieldorf Erl abschließt. nicht ins einzelne eingehen, da ich selbst als junger Erforscher und Praktiker der Volkskultur beste Jahre ■ und schwerste Arbeiten, ärgste Enttäuschungen und manches Hoffen meinem Leben abrang.

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