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Leidensweg einer Kirche

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Die Zeugnisse schwedischer Konvertiten über ihren Weg zur katholischen Kirche, die der bekannte Dichter Sven Stolpe, selbst Konvertit, hier vorlegt, lenkt die Augen auf ein trauriges Kapitel der heutigen freien Welt: Auf die Lage der Katholiken in Schweden. Während die Oeffentlichkeit sich immčr wieder mit der prekären Lage der Protestanten in Spanien beschäftigt (die Artikel in der Schweizer Zeitschrift „Orientierung”, das Buch des Jesuiten Hartmann „Toleranz und christlicher Glaube”, die vielen Stimmen amerikanischer Jesuiten beweisen, daß auch die katholische Oeffentlichkeit an dieser Frage nicht vorbeisieht) schweigt die Welt — sowohl die liberale wie die sozialistische wie die protestantische, aber auch die katholische — über die Lage der Katholiken in Schweden. Höchstens wird vermerkt, daß es den schwedischen Katholiken seit 1952 endlich besser gehe. Und doch müßte die freie Welt ein Interesse haben, daß den schwedischen Katholiken sobald wie möglich die volle Gleichberechtigung gewährt wird.

Der Katholizismus Schwedens mußte in der Vergangenheit schwere Leiden durchmachen, auch noch in den letzten 150 Jahren, die doch bekanntlich Jahre der „Aufklärung” waren. Bis 1848 stand auf den Austritt aus der schwedischen Staatskirche die Todesstrafe. Bij zum Jahre 1860 durfte kein Schwede bei Strafe der Konfiskation und Landesverweisung zum Katholizismus übertreten. (Am Rande sei bemerkt, daß in diesem Jahre 1860 die österreichischen Protestanten die völlige Gleichberechtigung erhielten.) Ab 1870 besserte sich dann allerdings langsam die Lage der Katholiken. Aber bis 1952 (!) konnte kein Katholik in Schweden Volksschullehrer oder gar Minister werden. Der Besitz von Gebäuden und Grundstücken war der katholischen Kirche verboten. Die Katholiken mußten Kirchensteuer für die protestantische Staatskirche bezahlen. Kein katholischer Pfarrer konnte für die Oeffentlichkeit gültige Tauf-! Trau- oder Totenscheine ausstellen. Der Katholik, der einen gültigen Taufschein besitzen wollte, mußte sich denselben vom protestantischen Pastor ausstellen lassen. Wer von der Staatskirche zu irgendeiner anderen Religion übertreten wollte, mußte eine Reihe von bürokratischen Schikanen durchmachen. Die Errichtung von Klöstern war überhaupt verboten.

1951 erhielt Schweden — 170 Jahre nach Kaiser Joseph II. — sein „Toleranzpatent”. Einerseits waren es die vielen protestantischen Sekten, anderseits die sozialistische Regierung, welche der Toleranz zum Durchbruch verhallen. Endlich ist der Uebertritt aus der schwedischen Staatskirche zu irgendeiner anderen Konfession leicht gemacht. Wenige Staatsstellen müssen nur noch mit Protestanten besetzt werden. Klöster’dürfen bereits errichtet werden, allerdings ist hierzu jeweils eine königliche Erlaubnis notwendig. Klausur dürfen allerdings diese Klöster noch nicht besitzen. Geblieben ist ferner die Kirchensteuer an die Staatskirche, da die Pastoren gleichzeitig als Standesbeamte fungieren.

Der Katholizismus machte infolgedessen in Schweden nur langsame Fortschritte. Die Zahl der Katholiken beträgt heute erst rund 20.000, und diese „hohe Ziffer” würde nur durch das Hereinströmen katholischer Flüchtlinge im und nach dem zweiten Weltkrieg erreicht. Die Zahl der eigentlichen Konversionen ist — zum Unterschied von England — noch sehr gering.

Die Konvertiten, die in dem vorliegenden Buch ihren Weg zur katholischen Kirche beschreiben, sind fast durchweg Angehörige der intellektuellen Berufe. Die Ursache fast aller hier geschilderten Konversionen war eine seelische Unruhe, die die Betreffenden trieb, neue Wege zu suchen. Der unmittelbare Anlaß der dann diese Konvertiten zur katholischen Kirche führte, war jedesmal ein anderer. Der eine kam über die Lesung der Bibel zur Kirche, der andere wurde von der katholischen Liturgie angezogen, der dritte wurde durch die hervorragende Stellung, die die katholische Kirche in der Welt genießt, auf sie aufmerksam. Der vierte wurde mit der katholischen Lehre durch das Zusammentreffen mit französischen Katholiken bekannt usw. Allen Berichten ist die Liebe zu Schweden und das große Verständnis für die schwedischen protestantischen Brüder eigen.

Mit Ergriffenheit nur wird der Katholik dieses Buch aus der Hand legen, das von dem langsamen Wachsen seiner Kirche in diesem Land, das ihr so lange verschlossen blieb, Zeugnis gibt. Und er wird hoffen, daß die katholische Kirche in Zukunft auch in diesem Land die volle Freiheit erhalten wird.

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