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„Unser“ Hafen Triest

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Geehrte Redaktion! In einer interessanten Stellungnahme hat die „Furche“ in der letzten Folge das Problem Triest angeschnitten. Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß „Triest infolge seiner geographischen Lage der gegebene Hafen Oesterreichs“ sei.

Viel zu ivenig einer breiteren Oeffentlichkeit bekannt sind die mehrfachen Bemühungen österreichischer Kreise, aus dieser Erkenntnis die — man darf das wohl feststellen — überfälligen Konsequenzen aus obigem Schlußsatz zu ziehen. Nachdem im Jahre 1946 im November vor berufenem Forum durch die Oesterreichische Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft eine Enquete über die Frage einer österreichischen Hochseeschiffahrt durchgeführt worden war, konnte der damalige Vorsitzende dieser Gesellschaft, Professor Dr. Dörfel, das Ergebnis in' folgende vier Punkte zusammenfassen:

1. Die Seeschiffahrt ist für Oesterreich wichtig und unentbehrlich.

2. Die Verbindung Oesterreichs mit dem Meere wird am besten über einen der Adriahäfen, Triest oder Venedig, zu erfolgen haben.

3. Für die Verbindung Oesterreichs mit der Seeschiffahrt bietet eine eigene nationale Unternehmung die größten Vorteile.

4. Hierbei ist der Privatinitiative gegenüber der Staatsunternehmung der Vorzug zu geben. Ob eine Beteiligung des Staates oder eine Subventionierung von sehen des Staates in Betracht zu ziehen sei, soll vorläufig unentschieden bleiben, hn Anfang wäre aus Devisenersparnisgründen die Dauercharterung fremder Fahrzeuge vorzuziehen; später soll an den Ankauf eigener Fahrzeuge gedacht werden.

Damit schloß jener Kreis seine Arbeit ab.

Die Folgezeit brachte eine Reihe leider untauglicher Versuche von privaten Seiten, Oesterreichs Tradition, der Förderung des Handels im östlichen Mittelmeer und in der Levante, zu dienen. Die Kettenreaktionen schlechter Startversuche, die Pechsträhnen etlicher Pioniere auf diesem Gebiete der Handelsschiffahrt, vor allem aber das erschreckende Desinteressement weitester Kreise in Oesterreich — Oesterreich hat sich als Binnenland, seit 1918 ohne Küsten, weitgehend vom Gedanken an die Durchführbarkeit einer eigenen Hochseeschiffahrt entfernt —, die

Phalanx der Schiffahrtsgegner, dte ebenfalls in voller Stärke aufmarschierten, all das führte zu einer Passivität und Skepsis, die Oesterreich um viele Chancen brachte und der Initiative auf diesem Gebiete schwersten Abbruch tat.

Es gibt für jede Planung wohl ein Für und Wider. Bei voller Würdigung der Richtigkeit dieser Erkenntnis überwiegen die Vorteile, welche Oesterreich aus der Entwicklung friedlicher Handelsbeziehungen durch eine eigene Handelsflotte zu ziehen imstande wäre. Es zeugt für die Zähigkeit und Ausdauer der Proportenten, wenn sie trotz Anfeindung, trotz Mißerfolgen, trotz Spott und Hohn den Glauben an Oesterreichs maritime Aufgaben nicht aufgegeben haben. Eines Tages wird doch die rotweißrote Flagge auf dem östlichen Mittelmeer zum Nutzen unseres Landes in Erscheinung treten! Fernab von einseitigen, gewiß durch die Entwicklung überholten traditionellen Motiven darf aber doch nic'ht der Rechenstift allein die folgenschweren Entscheidungen bestimmen, denn ohne Optimismus, ohne Idealismus und Mut wird keine Initiative gelingen können! Es wäre darum nur wünschenswert, daß Oesterreich beizeiten seine maritime Chance im gesamten östlichen Mittelmeer, die ihm durch „sein.en“ Hafen Triest geboten wird, ausnützt und ergreift.

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