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Welche Diözese will die „Diener Jesu und Mariens”?

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Die umstrittene Kongregation „Servi Jesu et Mariae” (SJM) ist auf der Suche nach einer neuen Unterkunft.

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Die umstrittene Kongregation „Servi Jesu et Mariae” (SJM) ist auf der Suche nach einer neuen Unterkunft.

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Nach Augsburg will nun auch die deutsche Diözese Bamberg nichts mit den „Dienern Jesu und Mariens”, zu tun haben. Der Bamberger Erzbischof Karl Braun verbot in seiner Diözese deren kanonische Niederlassung. Die Begründung für die drastische Maßnahme läßt aufhorchen, weil mehrere SJM-Priester in der Diözese St. Pölten tätig sind. So teilte Erzbischof Braun in einem kurzen Brief an den Gründer und Generaloberen der Kongregation, Pater Andreas Hönisch, mit, er sei nach gründlicher Überlegung mit der Diözesanleitung zu der Auffassung gelangt, Niederlassung und Tätigkeit der SJM „ließen sich nicht in ausgewogener Weise in die Gesamtpastoral einordnen”. Der Erzbischof verwies auf Erfahrungen in der Diözese Augsburg, in der eine Integration der Gemeinschaft in die allgemeine Seelsorge gescheitert war. Vor ähnlichen Schwierigkeiten und Enttäuschungen wolle er die SJM und auch die Erzdiözese bewahren.

Braun betonte in dem Schreiben, er könne SJM-Mitgliedern aufgrund der im deutschen Grundgesetz gewährleisteten Niederlassungsfreiheit nicht verwehren, auf dem Gebiet der Erzdiözese zu wohnen. Die kirchenrechtlich notwendige Erlaubnis, sich als Ordensgemeinschaft niederzulassen, werde er aber nicht geben.

Die „Diener Jesu und Mariens” besitzen vom Vatikan das Sonderrecht, die Messe im vorkonziliaren Ritus feiern zu dürfen. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht nach eigenen Angaben darin, die „Katholische Pfadfinderschaft Europas” (KPE) seelsorglich zu betreuen. Bereits vergangenen Sommer forderte der Augsburger Bischof Viktor Josef Dammertz die Kongregation zum Verlassen seiner Diözese auf. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe wurde den SJM ein altes Schloß in der Erzdiözese Bamberg angeboten.

So trat man an den zuständigen Oberhirten mit der Bitte heran, einer An-siedlung zuzustimmen. Ohne eine schriftliche Antwort abzuwarten, schrieb Pater Hönisch an seine Förderer einen Bettelbrief. Der Kaufpreis wurde in wenigen Wochen aufgebracht. Kein Wunder, daß der Generalobere die bischöfliche Entscheidung kritisierte, allerdings ohne Erfolg-

Das Verbot könnte sich auf die Diözese St. Pölten auswirken, da Bischof Kurt Krenn der umstrittenen Gemeinschaft positiv gegenübersteht. Er Übertrag ihnen unter anderem die Führung des Bischöflichen Knaben-

Seminars in Zwettl. Die Buben werden nicht nur aus Niederösterreich, sondern auch aus Deutschland rekrutiert. Vergangenen Sommer wurde in der rechtsgerichteten Zeitung „Junge Freiheit” für das Waldviertler Internat geworben. Vor dem Blatt warnte 1994 der Verfassungsschutz des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Der dortige Innenminister Herbert Schnoor nannte die Publikation ein Beispiel für die Gefährlichkeit der „Neuen Rechten”. In vielen Artikeln werde national motivierte Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus propagiert.

Für eine Protestwelle sorgte auch der SJM-Priester Peter FLichenhüller während seiner einjährigen Kaplanszeit in Ybbs, wo die Gottesdienstteilnehmer seinen deftigen Predigtstil kennenlernten. Seine Kritiker - Ei-chenhüller nannte im Gottesdienst sogar Namen - hätten „genug eigenen Dreck am Stecken”. Man kenne „den Schweinestall, in dem gewisse Leute leben”. Statt ihn „anzukratzen”, sollten jene, deren „Hirn und Verstand” durch Sünde, Dummheit und „Un-mäßigkeit im Lügen” schon ganz „vernebelt” seien, „ihr eigenes Leben überprüfen, bevor sie hier mit einem solchen Schmarrn kommen”. Der dortige Pfarrer Alois Angelmayer setzte sich für eine rasche Entlassung des Kaplans ein. Nicht weit von Ybbs, in Blindenmarkt haben die SJM ein großes Gebäude erworben. Entsteht dort ein neuer Sitz der Gemeinschaft, fragen sich viele besorgt. Eine in dem Ort tätige Religionslehrerin las während einer Elternversammlung Beichtfragen von SJM-Priestern während der Osterbeichte 1995 vor, die bei den Fitem erhebliche Unruhe auslösten. Obwohl nicht wenige Blin-denmarkter ein Niederlassungsverbot fordern, wie es in Augsburg und Bamberg besteht, übernahm ab 1. Juni der SJM-Pater Johannes Ziegler als Substitut vorübergehend die pfarrlichen Angelegenheiten.

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