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Zwei Medienthemen beherrschen diese Tage - und beide sind weit mehr als Medienthemen: die Affäre um den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff und die Farce um die Bestellung von Nikolaus Pelinka zum Büroleiter des ORF-Generaldirektors.

Beide haben aufs Erste nicht viel miteinander zu tun. Der politische Fall Wulff - rund um einen Privatkredit aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident - wurde überhaupt erst auch zu einem Medienthema, als publik wurde, dass der aus der CDU stammende Bundespräsident versucht haben soll, unliebsame Geschichten in den Springer-Blättern Bild und Welt zu verhindern; beide übrigens nicht übergroßer Linkslastigkeit verdächtig.

Die Mediengeschichte Pelinka war immer auch ein Politikum, weil öffentlich-rechtliche Sender im Allgemeinen und der öffentlich-rechtliche ORF im Besonderen seit jeher eine Lieblingsspielwiese der Politik sind.

Entfremdung der Eliten

Was beide Causae eint: Sie sind zwei weitere Symptome für die fortschreitende Entfremdung der sogenannten Eliten von den "Menschen da draußen“, wie sie gerne von den Eliten genannt werden. Dabei sind es natürlich sie, die sich zunehmend draußen, in irgendeinem politmedialen Paralleluniversum befinden und wenig davon mitbekommen, was die "Menschen drinnen“, in ihrem ganz normalen Leben, so umtreibt; die das Gespür dafür verloren haben, was - jenseits der Frage der Legalität - geht und was nicht. Václav Havel hat sich durchaus selbstkritisch mit dieser Versuchung, der jeder, der ein öffentliches Amt bekleidet, ausgesetzt ist, befasst und sinngemäß einmal gemeint, man dürfe nicht verlernen, sich selbst den Kaffee zu kochen …

Genug der Parallelen: Die Geschichte vom "kleinen Niko“ (© Elfriede Jelinek) ist auch in anderer Weise ein Symptom: eines für den Niedergang der einst mächtig aufrauschenden Orgel ORF. Nein, es geht nicht primär darum, ob die üblichen Unverdächtigen von "SOS ORF“ & Co. jetzt laut genug, also zumindest genauso laut, schreien, wie sie es bei Lindner & Mück getan haben. (Kurze Antwort darauf: Ja, die Empörung ist jetzt wohl echt und groß; allerdings kommt sie vielleicht doch ein bisschen spät. Und - unabhängig davon: Natürlich war für die SOS-Protagonisten der "Schwarzfunk“ ideologisch das größere Feindbild als jeder "Rot-“ oder "Regenbogenfunk“.)

Vielmehr geht es darum, ob überhaupt und wenn ja, wie ein öffentlich-rechtlicher Sender in einer Medienlandschaft, in der kein Stein auf dem anderen bleibt, überleben kann. Überleben heißt: einen unverzichtbaren Mehrwert an Orientierung, Idenditätsstiftung, Diskurs et cetera zu bieten.

Leitmedium ORF - ein Postulat

Denn es ist nicht ausgemacht, dass stimmt, was Peter Huemer in der Presse einfach behauptet: dass "immer noch der ORF … vorgibt, welche Themen wichtig sind in diesem Land“ - was, so Huemer, auch Qualitätszeitungen nicht leisten könnten. Und, so darf man wohl ergänzen, auch kein wie immer gearteter Privatsender. Das, also die Funktion des viel zitierten Leitmediums, ist ein Postulat, das viel für sich hat, das kann und soll man sich vom ORF wünschen - aber es ist bestenfalls ansatzweise die Realität, und darum muss ständig und in Zukunft ganz sicher noch viel härter gerungen werden. Wie gesagt: Ob das gelingt, steht in den Sternen.

Die Entwicklungen im kleinen feinen Qualitätsflaggschiff Ö1 geben nicht viel Anlass zu Optimismus. Dort hat etwa rund um Morgenmusik und -journale eine Mischung aus Ahnungslosigkeit, Geschwätzigkeit und Bummelwitzigkeit Einzug gehalten, die bisweilen atemberaubend ist; von der Schlagseite so mancher Journalmoderatoren ganz zu schweigen. Hier gilt das Ö3-Motto "Das Leben ist ein Hit“. Womit wir irgendwie wieder bei Christian Wulff wären …

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