Symbolik als Rettung - © Illustrationen:  Rainer Messerklinger

Häusliche Gewalt: Hilfe via Emoji-Code

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Welche Rolle spielt das Wohl von Frauen in der Corona-Pandemie? In vielen Ländern führten die Isolationsmaßnahmen zu einem Anstieg häuslicher Übergriffe. Mit kreativen Methoden will die Organisation Care dem Einhalt gebieten. Eine Helferin berichtet.

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Welche Rolle spielt das Wohl von Frauen in der Corona-Pandemie? In vielen Ländern führten die Isolationsmaßnahmen zu einem Anstieg häuslicher Übergriffe. Mit kreativen Methoden will die Organisation Care dem Einhalt gebieten. Eine Helferin berichtet.

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Das Coronavirus beeinflusst auch zunehmend die Alltagsrealität und die Arbeit der Hilfs­organisation Care, die weltweit in 100 Ländern im Einsatz ist. Und es zeigt sich, dass sich die umfassenden Folgen des Virus weltweit ähneln. Eine der besorgniserregendsten Auswirkungen ist der nachweisliche Anstieg an Gewalt und häuslichen Übergriffen infolge von Lockdowns und Ausgangssperren. ­Davon sind vor allem Frauen und Mädchen betroffen. Seit Beginn der Pandemie hat ­Care in 67 Ländern Interviews mit über 4500 Frauen geführt und sie darin zu ihrer Situation während der Pandemie befragt – weltweit die größte Erhebung dieser Art. Schon am Beginn der Coronakrise zeichnete sich ab, dass Frauen und Mädchen ganz besonders unter den Folgen leiden. Die räumliche Enge, unter der Menschen weltweit während der Ausgangssperren litten, sorgte in vielen Haushalten für eine Zunahme an Übergriffen. Das stellt Care und seine Partnerorganisationen im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt vor große Herausforderungen.

Dafür wurden zum Teil kreative Lösungen gefunden. Zum Beispiel in Ecuador.­ In einer Kleinstadt im Amazonasbecken betreibt die Federación de Mujeres de ­Sucumbíos, eine Partnerorganisation von Care, ein Frauenhaus und bietet Hilfe für Opfer von Gewalt. Der Zugang zu diesen Diensten hat sich für hilfsbedürftige Frauen während der Covid-19-Pandemie erschwert. „Unsere größte Sorge gilt den Frauen, die unsere Hilfe dringend benötigen, aber wegen des Lockdowns mit ihren Peinigern im selben Haus festsitzen“, berichtete uns Amparo Peñaherrera von der Federación de Mujeres de Sucumbíos. „Ihre Wohnungen bestehen oft nur aus einem Raum, und die Frauen haben oft keinen Zugang zu einem eigenen Telefon. Wir sehen deshalb einen alarmierenden Rückgang an Frauen, die sich telefonisch an uns wenden.“

Emojis: Kein weinendes Gesicht verwenden

In den ersten Monaten des Lockdowns erhielt der Telefondienst der Frauenorganisation nur vier bis sieben Anrufe pro Monat, so viele Anrufe wie zuvor täglich. „Von den Frauen, die uns angerufen haben oder zu denen wir schon vor dem Lockdown Kontakt hatten, wissen wir, dass sie oft die Telefone ihrer Angreifer nutzen müssen, um Hilfe zu holen. Das ist nicht ungefährlich, und es ist für uns schwierig, Frauen unter diesen Umständen zu unterstützen.“

Doch die Partnerorganisation von Care fand einen Weg. Es wurde ein System kodierter Emojis entwickelt, mit dessen Hilfe die Frauen unbemerkt über Whatsapp kommunizieren können. „Wir stimmen mit ihnen eine Reihe von Emoticons ab, wobei jede Frau eine eigene kodierte Bedeutung wählt“, erklärt Peñaherrera. „Wir benutzen die Emoticons nicht intuitiv – wir würden also zum Beispiel kein weinendes Gesicht verwenden, weil gewalttätige Partner dann vermuten könnten, dass die Frauen jemandem von ihrer Situation erzählt haben. Stattdessen verwenden wir zum Beispiel ein Tier oder ein Objekt.“ Eine Maus könnte bedeuten: „Ich muss mich verstecken“, eine Katze: „Ich brauche Hilfe zur Flucht“ oder eine Sonne: „Bitte schicken Sie jemanden zu mir nach Hause“. „Auf diese Weise können wir Frauen, die Angst haben, einen Anruf zu tätigen, eine digitale Rettungsleine anbieten.“

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