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Trotz aller Frauenförderpläne sind in Österreich noch immer 93 Prozent aller Universitätsprofessoren Männer. Die neu gewählten Gründungskonvente sind ein Spiegel dieser fehlenden Geschlechterparität.

Fast 800 Jahre lang zirkulierte der unermessliche Wissensfluss an der englischen Cambridge-University unter männlicher Patronanz. Doch mit großer Wahrscheinlichkeit steht den altehrwürdigen Mauern schon bald ein mittleres Erdbeben ins Haus: Mit der 54-jährigen Anthropologie-Professorin Alison Richard könnte ab 1. Oktober 2003 die erste Frau an der Spitze der Alma mater stehen. Mittwoch vergangener Woche hatte der Rat der traditionsreichen Wissensstätte die derzeitige Leiterin der US-Eliteuniversität Yale als künftige Rektorin nominiert.

Auf Karrieresprünge in solch luftige Höhen warten Österreichs Wissenschafterinnen bislang vergebens. Während knapp 60 Prozent aller Studienanfänger weiblich sind und mittlerweile mehr Frauen als Männer die Universität als Akademiker verlassen, ist die Luft für Frauen in universitären Führungspositionen noch immer dünn: Stellen Frauen noch 42 Prozent des "sonstigen wissenschaftlichen Personals", so liegt ihr Anteil unter den Assistenten bei knapp 26 Prozent. Mit nur 6,8 Prozent sind sie schließlich in der Professorenschaft vertreten. An der Spitze der hohen Schulen nehmen weibliche Führungskräfte überhaupt Exotenstatus ein: Unter den 40 Dekanen findet sich gerade eine Frau. Und die Universitätsleitung befindet sich hierzulande - anders als demnächst in Cambridge - fest in Männerhand.

Diese ungleiche Geschlechterverteilung fand nun im Rahmen der Universitätsreform ihren ersten, deutlichen Niederschlag: In den neu gewählten Gründungskonventen, also jenen einflussreichen Gremien, die ihrer jeweiligen Alma mater die Satzung geben, die Größe des künftigen Senats und Uni-Rats (fünf, sieben oder neun Mitglieder) bestimmen und bis 31. Jänner zwei, drei oder vier Rats-Mitglieder wählen müssen, ist der Frauenanteil äußerst bescheiden ausgefallen. Die Ursache der Misere scheint klar: Allein die Professorenkurie mit ihrem minimalen Frauenanteil von 6,8 Prozent hatte sieben der zwölf Mitglieder des Konvents zu beschicken. Fazit: An 13 der 21 heimischen Unis wurde keine einzige Frau von der Professorenschaft in den Gründungskonvent gewählt. Zumeist entsandten "erst" die Vertreterinnen und Vertreter des Mittelbaus, die allgemein Bediensteten oder die Studierenden eine Frau aus ihren Reihen in dieses Gremium.

Diese Marginalisierung weiblichen Einflusses sorgt weithin für Empörung. So auch an der Universität Salzburg, in deren Gründungskonvent nur eine einzige Frau als Vertreterin der allgemein Bediensteten Einzug hielt. Bereits am Tag vor der Wahl veröffentlichten drei universitäre Einrichtungen zur Frauenförderung eine gemeinsame Protesterklärung. Auch an der Universität Graz zeigt man sich darüber verärgert, dass nur eine Mittelbauvertreterin in den Gründungskonvent entsendet wurde: "Wenn man den Professoren eine Mehrheit gibt, ist das eben gleichbedeutend mit der Ausgrenzung von Frauen", kritisiert Ada Pellert, Vizerektorin für Lehre, Personalentwicklung und Frauenförderung an der Uni Graz. Warum es für Frauen - trotz aller Fördermaßnahmen - noch immer schwierig sei, die "gläserne Decke" an den Universitäten zu durchstoßen, ist für Pellert schnell erklärt: Schuld sei der nach wie vor "männlich geprägte Wissenschaftsbetrieb". Frauen hätten schwerer Zugang zu informellen Netzwerken, die für eine wissenschaftliche Karriere unabdingbar seien. Mit dem Personalentwicklungs-Programm "Frauen an der Universität - Barrieren, Chancen, Potenziale" und Mentoring-Beziehungen zwischen jungen und etablierten Wissenschafterinnen will man in Graz diese Hürden zumindest ansatzweise überwinden.

Auch die Wiener Sozialwissenschafterin Edit Schlaffer ortet an den heimischen Hochschulen noch immer "männerbündische Strukturen", die mit modernen Managementstrategien wenig gemein hätten: "Hier gehen unglaublich viele ,soft skills' von Frauen verloren. Das ist die reinste volkswirtschaftliche Verschleuderung", ärgert sich Schlaffer.

Auch gesetzliche Vorgaben oder der 1995 installierte Frauenförderungsplan können an der verschwindend kleinen Professorinnenzahl nur wenig ändern - wenn die finanziellen Konsequenzen fehlen, weiß Gabriele Moser, Vizerektorin für Personalangelegenheiten und Frauenförderung der Universität Wien. "Wenn Institute oder Universitäten keine Frauen fördern, sollten sie budgetäre Nachteile erhalten", forderte Moser im Rahmen der Präsentation des neuen Lexikons "Wissenschafterinnen in und aus Österreich" (siehe unten). Dass die Gründungskonvente männlich dominiert sind, interpretiert sie im Übrigen als "schlechtes Vorsignal".

Eine Einschätzung, die Sektionschef Sigurd Höllinger vom Wissenschaftsministerium nicht teilen kann. Er gehe davon aus, dass die Gründungskonvente bei ihrer Bestellung der Hälfte aller Unirats-Mitglieder die Frauen fördern würden, erklärte er im Rahmen der Buchpräsentation: "Man muss appellieren, dass sie nicht an männerbündischen Kategorien festhalten." Ob die Konvente diesem Appell Folge leisten und damit - wie in Cambridge - der ersten heimischen Rektorin den Weg bereiten, wird sich zeigen. Ebenso, ob sich das Ministerium selbst als besonders frauenfreundlich profilieren will: Immerhin wird die andere Hälfte des Unirates von den Verantwortlichen am Minoritenplatz bestellt.

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